Durch seine strategisch günstige Lage im Herzen Europas spielte Luxemburg eine entscheidende Rolle bei der Förderung von Sustainable Finance, indem es zahlreiche regulatorische Initiativen und Rahmenbedingungen zur Unterstützung diverser nachhaltigkeitsbezogener Aktivitäten verabschiedete. Bereits im Jahr 2006 entstand die internationale, öffentlich-private Non-Profit-Organisation Luxembourg Finance Labelling Agency (LuxFLAG), deren Aufgabe in der Vergabe von Nachhaltigkeitssiegeln für Anlageprodukte besteht. Im darauffolgenden Jahr emittierte die Europäische Investitionsbank den ersten Climate Awareness Bond an der Luxemburger Börse und kaum ein Jahrzehnt später folgte die Gründung der Luxembourg Green Exchange – der ersten globalen Plattform für grüne Anleihen.
Um diese Entwicklungen zu evaluieren, erarbeitete die im Jahre 2020 gegründete, öffentlich-private Initiative Luxembourg Sustainable Finance Initiative (LSFI) in Zusammenarbeit mit PwC die Studie „Sustainable Finance in Luxembourg: A quantitative and qualitative overview„, die erste Analyse dieser Art im Großherzogtum.
Angesichts der bevorstehenden Parlamentswahlen im Oktober, gepaart mit dem wachsenden Bewusstsein der politischen Entscheidungsträger und Kandidaten hinsichtlich der zentralen Bedeutung des nachhaltigen Finanzwesens für die sozioökonomische Entwicklung und den Wohlstand des Landes, stellt sich die Frage nach der Gesamtsituation des nachhaltigen Finanzwesens im Großherzogtum.
Die ESG-Fonds-Landschaft in Luxemburg
Als größter Investmentfondsstandort in Europa und vor dem Hintergrund einer ausgewiesenen Erfolgsbilanz im Bereich nachhaltiger Investments erstaunt es kaum, dass in Luxemburg domizilierte und nach ökologischen, sozialen und Governance-Grundsätzen (ESG) ausgerichtete Fonds eine Führungsposition belegen.
Per Ende 2021 beliefen sich die verwalteten Assets under Management (AuM) der ESG UCITS im Großherzogtum auf 2,588.2 Mrd. EUR (von insgesamt 4,732 Mrd. EUR AuM der UCITS in Luxemburg), was einem Anteil von über 53 % der gesamten AuM der ESG UCITS in Europa entspricht. Auch wenn die Gesamtsumme im zweiten Quartal 2022 auf 2,215.8 Mrd. Euro zurückging – was angesichts des zu diesem Zeitpunkt in Europa herrschenden, makroökonomischen und geopolitischen Gegenwinds nicht weiter überraschend erscheint – dürfte sie laut Prognosen bis zum Jahr 2026 im Basisszenario auf 3,374.6 Mrd. Euro erneut ansteigen. In Bezug auf den Managementstil entfielen im zweiten Quartal 2022 beachtliche 93% der AuM von ESG-Fonds auf aktives Management. Von allen Anlageklassen bildeten Aktien mit einem Anteil von 47% am gesamten ESG-Vermögen zum Ende des zweiten Quartals 2022 die wichtigste Anlageklasse für ESG-Fonds. Dieser Trend kann zum Teil auf die strukturelle Überschneidung zwischen den aktiven Managementstilen von ESG-Fonds und Aktienfonds zurückgeführt werden, die tendenziell attraktive Synergien für institutionelle Anleger schafft, da viele von ihnen ein wachsendes Interesse an ESG-Assets und deren Potenzial für langfristig nachhaltige Renditen zeigen. Darüber hinaus fühlen sich Kleinanleger, die 61 % der Anleger in Luxemburger ESG-Fonds ausmachen, von der inhärenten Attraktivität von Investitionen in Unternehmen angezogen, die sich der ökologischen und sozialen Verantwortung verpflichtet fühlen.
ESG-Strategien in Luxemburg
ESG-Fonds in Luxemburg verfolgen in der Regel drei einander im Wesentlichen nicht ausschließende Strategien:
- „ESG-Engagement“ im Sinne der Verfolgung einer ESG-orientierten Strategie, beispielsweise einer thematischen Strategie oder einer strategischen Ausrichtung, die zur Erreichung eines der Nachhaltigkeitsziele (SDGs) beiträgt
- „ESG-Ausschluss“, wonach Investitionen in bestimmte Sektoren, etwa fossile Brennstoffe oder Tabak, ausgeschlossen werden
- „ESG-Screening“, das die Anwendung von ESG-Faktoren im gesamten Screening-Prozess beinhaltet und für Fonds gilt, die die Kriterien der ersten beiden Strategien nicht erfüllen
Der ESG-Ausschluss ist mit 1,213.3 Mrd. EUR – oder 54,8% des gesamten ESG-Fondswertes – die in Luxemburg am häufigsten verwendete Strategie, gefolgt von der ESG-Screening-Strategie mit 31 % des ESG-Fondsvermögens. Bei den ESG-Screening-Fonds hatten Aktien- und Rentenfonds mit 39 % bzw. 34 % die höchste Gewichtung. Im Gegensatz dazu war ESG-Involvement die am wenigsten angewandte Strategie, die nur 14,4 % des ESG-Fondsvermögens (oder 319.6 Mrd. EUR) ausmachte. Diese Zahlen deuten auf eine relativ geringe Bedeutung von aktivem Engagement und Partizipation in den Beteiligungen hin.
Die ESG-Ausschlussstrategie bildet häufig den Ausgangspunkt für Vermögensverwalter, ein nachhaltigeres Profil zu erreichen. Sie stieß jedoch auf Kritik, da sie Unternehmen nicht zwangsläufig in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung bewegt.
Eine vielversprechende Zukunft für die Nachhaltigkeit?
Die Studie offenbarte eine signifikante Überschneidung der Artikel 8- und Artikel 9-Fonds innerhalb der SFDR-Klassifizierungen in Luxemburg. Unter Berücksichtigung der durchschnittlichen CO2-Gewichtung wiesen Artikel 9-Fonds jedoch eine bessere relative CO2-Bilanz auf als Artikel 6- und 8-Fonds, mit 208 tCO2-Äq/Million investierter USD (im Vergleich zu durchschnittlich 315 tCO2-Äq für Artikel 8-Fonds und 508 tCO2-Äq für Artikel 6-Fonds).
Obgleich die Daten der Studie inzwischen zu einem gewissen Grad an Aktualität einbüßten, deuten die zunehmende Regulierung im ESG-Bereich in ganz Europa sowie die steigende Nachfrage seitens der Anleger auf ein anhaltendes Wachstum der ESG-Fonds in Luxemburg in den kommenden Jahren hin.
Dieser Zuwachs stellt jedoch keine Selbstverständlichkeit dar, insbesondere wenn seitens institutioneller und privater Anleger das Vertrauen in die Nachhaltigkeit der Vermögensverwalter schwindet. Die Einhaltung grundlegender Governance-Anforderungen und eine transparente Produktoffenlegung bilden dementsprechend hier zentrale Schlüsselfaktoren. Zur Stärkung ihrer ESG-Ziele sollten Asset Manager ihre derzeitigen Mitarbeiter entsprechend schulen und weitere Experten anwerben. Die Bewältigung der Datenherausforderung spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung von Compliance-Anforderungen und der Wertschöpfung.
Gleichzeitig sollten sich Asset Manager auf die Identifizierung und Nutzung neuer ESG-Chancen konzentrieren, sowohl im Vertrieb als auch bei den Investitionen. Auch wenn der Weg in Richtung Nachhaltigkeit mit einer ESG-Ausschlussstrategie beginnt, spricht nichts gegen eine Ausweitung auf Impact-Investing-Strategien, um positive ökologische und soziale Ergebnisse zu erzielen. Trotz möglicher kurzfristiger Schwerpunktverschiebungen tragen die drängende Aufgabe der Bekämpfung des Klimawandels, das wachsende Bewusstsein aller Akteure im Bereich des Asset Managements sowie die zunehmende politische Dynamik zu einer anhaltenden Dynamik in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung bei, in der Luxemburg eine Schlüsselrolle spielen wird.
6. September 2023
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Dariush Yazdani
Dariush Yazdani leitet das AM Market Research Centre innerhalb von PwC Luxembourg. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Finanzdienstleistungsbranche und hat verschiedene Forschungs- und Thought-Leadership-Studien geleitet und war zudem in der strategischen Beratung von Kunden tätig.