Ungebremste ESG-Transformation im Asset und Wealth Management

In den 1960er Jahren nahm das Investieren mit sozialer Verantwortung mit dem Ausschluss bestimmter Sektoren und Branchen Gestalt an. Dennoch kam diese Entwicklung nur schleppend voran. Selbst Mitte der 2000er Jahre waren Investitionen mit sozialem Charakter eher die Ausnahme in der globalen Vermögensverwaltungsbranche (AWM).

Heute könnte die Situation nicht anders sein. Die globale AWM-Branche ist von den Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten (ESG) begeistert. Mit steigender Nachfrage nicht nur in Europa, sondern auch in den USA haben sich Investmentfonds mit ESG-Fokus von einem Nischensegment zum Mainstream entwickelt. Um mit sozial- und umweltbewussten Anlegern Schritt zu halten, stellen viele Vermögensverwalter zunehmend Kapital für ESG-Fonds zur Verfügung und gestalten bestehende Fonds um. Die heutige ESG-Bewegung ist weitaus umfassender als die Anfänge der 1960er Jahre und fordert Investoren und Unternehmen auf, die ESG-Prinzipien in allen Bereichen ihrer Tätigkeit zu beachten.

Dieser scharfe Paradigmenwechsel ist nicht überraschend. Ende 2020 schätzte der wegweisende PwC-Bericht „The Growth Opportunity of the Century: Are you ready for the ESG Change?“, dass das verwaltete Vermögen mit ESG-Fokus in Europa bis zum Jahr 2025 bis auf 7,6 Bio. EUR heranwachsen könnte. Der Bericht untermauerte, dass sich die Akteure im Bereich der Vermögensverwaltung proaktiv an der ESG-Bewegung beteiligen und mit den dafür erforderlichen regulatorischen Instrumenten und administrativen Fähigkeiten ausstatten sollten. Im jüngsten Bericht „Asset and Wealth Management Revolution 2022: Exponential Expectations for ESG“ legt PwC dar, dass der ESG-Trend in der AWM-Branche keine Anzeichen einer Verlangsamung aufweist. Mit den neuesten AWM-Daten und einer internationalen Umfrage unter 250 Vermögensverwaltern und 250 institutionellen Anlegern zur Grundlage macht der Bericht deutlich, dass die ESG-Dynamik in der globalen AWM-Branche wachsende Zukunftsaussichten hat. Zusätzlich wird ein Augenmerk auf das Ignorieren des Trends mit möglichen negativen Folgen für die Akteure hervorgehoben.

Prognostiziertes Wachstum von ESG-AuM

Da neue ESG-Fonds aufgelegt und bestehende Fonds nachgerüstet werden, um den ESG-Vorschriften zu entsprechen, werden die ESG-orientierten AuM viel schneller wachsen als die herkömmlichen Investitionsfonds.

Quelle: PwC Global AWM Research Centre

Durch steigende Präferenzen nach ESG-Investitionen und der Bereitstellung von erheblichen Mitteln zur Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen durch die US Regierung, werden in Nordamerika die ESG-AuM unter dem Basisszenario[1] von PwC von USD 4,5 Bio. im Jahr 2021 auf USD 10,5 Bio. im Jahr 2026 ansteigen. Der bahnbrechende Inflation Reduction Act, der im August 2022 in Kraft trat, sieht für das nächste Jahrzehnt rund 370 Mrd. USD für grüne Infrastruktur und saubere Energie vor – ein Segen für die ESG-Dynamik in der AWM-Branche.

Doch das Wachstum ist nicht auf die Vereinigten Staaten beschränkt. Für den asiatisch-pazifischen Raum wird eine Verdreifachung der ESG-AuM von 1 Mrd. USD im Jahr 2021 auf 3,3 Bio. USD vorhergesagt. Die Region Naher Osten und Nordafrika wird ebenfalls von bescheidenen 100 Mrd. USD im Jahr 2021 auf 300 Mrd. USD im Jahr 2026 anwachsen. Auch in Lateinamerika wächst das Interesse der Anleger an ESG-Produkten. Derzeit belaufen sich die ESG-AuM auf 25 Mrd. USD – bis 2026 wird ein Anstieg in der Region auf 100 Mrd. USD antizipiert.

Das stärkste Wachstum der ESG-AuM wird jedoch in Europa erwartet. In der europäischen Wirtschaftszone soll die Zahl von 12 Bio. USD im Jahr 2021 auf 19,6 Bio. USD im Jahr 2026 steigen. Dieses Wachstum wird nicht nur durch die wachsenden Anforderungen der Anleger nach ESG angekurbelt, sondern auch durch die Tatsache, dass Europa derzeit über den fortschrittlichsten ESG-Rechtsrahmen verfügt.

Wachsende ESG-Anforderungen der Anleger und Renditen

Unter den internationalen institutionellen Anlegern, die für den Bericht befragt wurden, gibt es ein klares Verlangen nach einer Umschichtung von Investitionen zu ESG-Produkten. In den Vereinigten Staaten gaben satte 81 % der befragten Anleger an, dass sie in den nächsten zwei Jahren ihre Allokationen in ESG-Produkte erhöhen wollen. In Europa war die Zahl sogar noch höher: 83,6 % der institutionellen Anleger äußerten diese Bemerkung.

Diese Verschiebung erklärt sich nicht nur durch das wachsende Bewusstsein und den Wunsch der Anleger, zweckorientiert zu investieren, sondern auch dadurch, dass die Anleger zunehmend der Meinung sind, dass ESG-Produkte höhere Renditen einbringen. In der Tat gaben 60 % der befragten Anleger an, dass ESG-Investitionen bereits zu höheren Renditen im Vergleich zu ihren nicht-ESG-bezogenen Pendants geführt haben. Da es sich bei ESG-Investitionen jedoch noch um einen relativ neuen Trend handelt, ist es derzeit schwierig – wenn nicht gar unmöglich – zu beurteilen, ob tatsächlich eine Korrelation zwischen ESG-Investitionen und höheren Renditen besteht.

Anhaltende Herausforderungen…Vielversprechender Horizont

Einen ESG-Wandel in der AWM-Branche einzuleiten und Kapitalströme in ESG-Fonds und -Anlagen zu lenken, ist viel leichter gesagt als getan. Selbst die sozialbewusstesten und enthusiastischsten Vermögensverwalter stehen vor erheblichen Herausforderungen bei der Sammlung von genauen und zuverlässigen ESG-Daten für ihre Portfolios und ESG-Bona-Fides.

Darüber hinaus erweisen sich globale regulatorische Unsicherheiten, der wachsende Widerstand gegen ESG-Investitionen in den Vereinigten Staaten und die zunehmende Sorge über die falsche Kennzeichnung von Fonds für die AWM-Stakeholder als kostspielige Herausforderung.

Dennoch haben Vermögensverwalter die einmalige Gelegenheit, die wachsende Nachfrage nach ESG-Investitionen zu nutzen. In einer Zeit von zunehmender globaler Unsicherheit und systemrelevanten Schocks, wird die Umstellung auf ESG-Investitionen ein positives Umfeld von Zielen und Chancen schaffen und gleichzeitig nachhaltiges Wachstum hervorbringen.

[1] Alle angegebenen Zahlen entsprechen dem Basisszenario, wie sie im PwC-Bericht „Asset and Wealth Management Revolution 2022: Exponential Expectations for ESG“ erschienen sind.

 

 

24. November 2022

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