Nachhaltige Finanzen in Luxemburg: Ein Überblick

Alle Jahre wieder gilt: Der Neujahrsvorsatz der Menschheit für 2024 sollte darin bestehen, dem Klimawandel entschieden Einhalt zu gebieten und eine grüne Zukunft zu formen, zumal 2023 als das bisher wärmste Jahr aller Zeiten gilt und zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit die Schwelle von 2°C durchschnittlicher globaler Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau überschritten wurde. Wie im Pariser Abkommen von 2015 hervorgehoben, nimmt der Finanzsektor eine zentrale Funktion bei der Umsetzung der Dekarbonisierung der Weltwirtschaft ein. Der Finanzplatz Luxemburg mit seiner Vorreiterrolle als Drehscheibe für nachhaltiges Finanzwesen spielt dabei eine Schlüsselrolle.

Zu diesem Zweck hat die Luxembourg Sustainable Finance Initiative (LSFI) in Zusammenarbeit mit PwC Luxemburg kürzlich die zweite Ausgabe ihrer Studie „Sustainable Finance in Luxembourg“ veröffentlicht, die einen detaillierten Überblick über das Engagement des Finanzplatzes Luxemburg im Bereich der Umwelt-, Sozial- und Governance-Investments (ESG-Investments) bietet.

Neben der Analyse der von UCITS-Fonds in Luxemburg angewendeten Strategien, um ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, untersucht die Studie auch die Art und Weise, wie Finanzinstitute im Großherzogtum die europäischen Bestimmungen im Bereich Sustainable Finance einhalten, mit besonderem Augenmerk auf die Anforderungen der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) hinsichtlich der Berichterstattung über die wesentlichen negativen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren (Principle Adverse Impacts – PAI).

Aufschlüsselung der Strategien

ESG-UCITS-Fonds wurden auf der Grundlage ihrer Nachhaltigkeitsstrategien in drei verschiedene Gruppen unterteilt und analysiert:

  • Exklusions-Fonds, die keine Investitionen in eine oder mehrere kontroverse Branchen tätigen, wie z.B. fossile Brennstoffe oder Tabak;
  • Involvement-Fonds, die zusätzlich zum Ausschluss bestimmter Nicht-ESG-Sektoren eine oder mehrere Teilstrategien verfolgen, um negative Nachhaltigkeitsauswirkungen ihrer Anlagen so gering wie möglich zu halten;
  • Screening-Fonds, die ESG-Faktoren in ihrem allgemeinen Screening-Prozess berücksichtigen, jedoch nicht explizit als Ausschluss- oder Einschlusskriterien klassifiziert werden können.

Basierend auf dieser Klassifizierung weisen die Screening-Fonds die geringste Aktivität in Bezug auf Nachhaltigkeit auf, während die Involvement-Fonds am stärksten in ESG-Themen engagiert sind.

Im zweiten Quartal 2023 entfielen von den insgesamt 4.096,6 Mrd. EUR an Assets under Management (AuM) der in Luxemburg domizilierten UCITS-Fonds 2.758,3 Mrd. EUR (oder 67,3%) auf ESG-Fonds. Von diesen ESG-Fonds handelte es sich bei 17,5% um Screening -Fonds, bei 59,1% um Exklusions-Fonds und bei 23,4% um Involvement-Fonds. Diese Zusammensetzung ähnelt dabei stark jener des Vorjahres.

ESG-Fonds erwiesen sich als widerstandsfähiger als Nicht-ESG-Fonds

Die AuM der Fonds in Luxemburg gingen im Jahr 2022 aufgrund der kombinierten Effekte von Inflation, Zinssteigerungen und makroökonomischen Schocks infolge geopolitischer Turbulenzen allgemein zurück. Dennoch erholten sich die AuM der UCITS-Fonds – sowohl mit als auch ohne ESG-Fokus – zwischen dem dritten Quartal 2022 und dem Ende des zweiten Quartals 2023, kehrten jedoch im Wesentlichen nicht auf das Niveau von Ende 2021 zurück.

In diesem Zusammenhang stellte die Studie fest, dass ESG-UCITS-Fonds im untersuchten Zeitraum tendenziell besser abschnitten als ihre Nicht-ESG-Pendants. Zwischen dem 4. Quartal 2021 und dem 2. Quartal 2023 sanken die AuM der Nicht-ESG-Fonds im Durchschnitt um 14,7 %, während die der ESG-Fonds um 12,3 % zurückgingen. Dieser Unterschied fällt noch deutlicher aus, wenn die ESG-Fonds nach ihrer nachhaltigen Anlagestrategie aufgeschlüsselt werden. Die AuM der ESG-Explosions-Fonds gingen im gleichen Zeitraum um 14,6 % zurück, vergleichbar mit dem Durchschnitt der ESG-Fonds. Der Rückgang bei Screening-Fonds betrug hingegen 9,6 % und jener der Involvement-Fonds 8,1 %. Insgesamt zeigten Retail-Investoren mehr Vertrauen in ESG-Fonds als institutionelle Anleger und der geringere Rückgang des AuM-Volumens von ESG-Fonds im Vergleich zu Nicht-ESG-Fonds lässt sich zu einem großen Teil auf diese erstere Gruppe zurückführen.

Abbildung 1. ESG-Cluster-Vergleich - Aufteilung der Anlageklassen

Hinweis: Die hier dargestellten Zahlen können nicht mit den Zahlen aus der Ausgabe 2022 dieser Studie verglichen werden, da die Datenbank von Refinitiv Lipper aktualisiert wurde. Die oben dargestellten Zahlen für 2022 stammen aus der aktualisierten Datenbank. ESG-Involvement-Fonds können auch Ausschlusskriterien verwenden, und alle ESG-Fonds verwenden ESG-Screening.

Quelle: Analyse des PwC Global AWM & ESG Market Research Centre auf Basis von Refinitiv Lipper

Gemischte Ergebnisse hinsichtlich PAIs

Darüber hinaus bietet die Studie eine der ersten eingehenden Analysen darüber, wie die Bestimmungen der SFDR über die wichtigsten nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen (Principal Adverse Impacts – PAI) umgesetzt werden.

Ab Juni 2023 müssen Finanzunternehmen in der EU jährliche PAI-Berichte vorlegen, in denen sie die verschiedenen, potenziell negativen Auswirkungen ihrer Anlagestrategien auf ESG-Faktoren darlegen und darüber hinaus Maßnahmen zur Minderung dieser Auswirkungen erläutern. Alternativ zu einem solchen Bericht gilt jedoch auch die Veröffentlichung einer Begründung, aus der hervorgeht, warum ein Unternehmen nicht beabsichtigt, die negativen Auswirkungen seiner Investitionsentscheidungen offen zu legen, als SFDR-konform.

Um einen Überblick über die allgemeinen Trends und aktuellen Praktiken des luxemburgischen Finanzsektors in Bezug auf die Offenlegung der PAIs zu erhalten, untersuchte unsere Studie 485 dort ansässige Finanzunternehmen (Versicherungsunternehmen, Banken, Super ManCos, AIFMs sowie UCITS ManCos (Management Company = Verwaltungsgesellschaft)). Davon erfüllten 278 (57%) die regulatorischen Anforderungen, worunter 109 (22%) PAI-Berichte publizierten. Die Tatsache, dass bislang nur ein kleiner Teil der Finanzunternehmen die obligatorischen PAI-Reporte veröffentlicht, zählt zu den wichtigsten Erkenntnissen der Studie. Wir erwarten dennoch, dass sich diese Berichterstattungsquote bis zum Ende des zweiten Quartals 2024 erhöhen wird, wenn die zweite Runde der PAI-Berichterstattung fällig wird.

Auch die qualitative Betrachtung der PAI-Dokumente zeigte deutliche Unterschiede zwischen den Finanzinstituten. Während einige sehr detaillierte Berichte über die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten mit fundierten Methoden und konkreten, realistischen Zielen vorlegten, beschränkten sich andere auf vage und inkonsistente Darstellungen und Formulierungen. Darüber hinaus konnten nicht alle PAI-Berichte problemlos auf den Websites der Unternehmen und ihrer Niederlassungen abgerufen werden, obwohl die Anforderungen der SFDR-Verordnung verlangen, dass die jeweiligen PAI-Dokumente an einer vordefinierten Stelle auf den Unternehmenswebsites leicht abrufbar sein müssen.

Abbildung 2. Überblick über die Klassifizierung der PAI-Meldungen nach Art des Finanzmarktteilnehmers

Hinweis: *Die Daten enthalten keine Rückversicherungsunternehmen. **Die Kategorie „Sonstige“ umfasst Unternehmen, die noch im ESMA-Register enthalten sind, aber als insolvent, fusioniert oder übernommen identifiziert wurden. ***Einige Angaben sind passwortgeschützt und unzugänglich.

Quelle: PwC Global AWM & ESG Market Research Centre

Schlussfolgerung

Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass sich die nachhaltige Finanzwirtschaft zwar stabil entwickelt, jedoch noch deutlich ausgeweitet werden muss, um die notwendige globale Schlagkraft zu entfalten. Als globales Zentrum für Asset Management und nachhaltiges Finanzwesen eignet sich Luxemburg ideal für eine derartige Analyse, da es sowohl die Stärken von ESG-Investments als auch die noch zu erzielenden Fortschritte illustriert.

Der aktuelle Compliance-Stand in Bezug auf Nachhaltigkeitsanforderungen, insbesondere im Bereich der Offenlegung von Informationen, die institutionelle Investoren zur Beurteilung der Auswirkungen ihrer Investitionen benötigen, bleibt nach wie vor begrenzt und wird bisher lediglich von einer Minderheit der Finanzinstitute im erforderlichen Umfang umgesetzt. Gleichzeitig erwiesen sich ESG-UCITS-Fonds als resistent gegenüber den wirtschaftlichen Gegenwinden und übertrafen in einigen Fällen sogar den Gesamtmarkt. So schnitten etwa die Engagement-Fonds zwischen dem zweiten Quartal 2022 und dem zweiten Quartal 2023 deutlich besser ab als der Durchschnitt der gesamten UCITS-Fonds.

Unsere Studie bestätigt, dass nachhaltige Geschäftspraktiken das enorme Potenzial des Guten in sich bergen, das in der Finanzwelt schlummert. Nun gilt es nur noch, dieses freizusetzen und zu nutzen.

 

14. Februar 2024

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