Nach Statistiken der Europäischen Zentralbank ist Luxemburg eines der bevorzugten Länder für die Domizilierung von Verbriefungsorganismen innerhalb der Eurozone, hinter seinem Hauptkonkurrenten Irland. Das luxemburgische Verbriefungsgesetz vom 22. März 2004 (das „Verbriefungsgesetz“) hat in den letzten zwei Jahrzehnten einen soliden, flexiblen und sehr effizienten rechtlichen, regulatorischen und steuerlichen Rahmen für Verbriefungstransaktionen geschaffen.
Ein wichtiges zu erwähnendes Abgrenzungsmerkmal der Luxemburger Verbriefung im Vergleich zu europäischen Verbriefungen im Sinne der EU-Regulierung 2017/2402, ist die breitere Definition einer Verbriefung. Die Luxemburger Definition lässt die Verbriefungen von allen Risikoarten (nicht nur Kreditrisiken) zu, ebenso wie die Ausgabe von untranchierten Wertpapieren. Zu den bekannten Merkmalen des Verbriefungsgesetzes gehören die Regeln zum Schutz der Anleger durch Nachrangigkeits-, Rückgriffs- und Pfändungsschutzklauseln. Die Option, separierte Teilvermögen gründen zu können, die breite Palette zulässiger Vermögenswerte, die Mehrwertsteuerbefreiung für Managementdienstleistungen und die einfache Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde, gehörten seit 2004 zu den größten Wettbewerbsvorteilen Luxemburgs.
In einer hoch attraktiven, aber auch schnelllebigen Luxemburger Verbriefungslandschaft haben sich die Anforderungen des Marktes jedoch weiterentwickelt. Um die Lücke zu Irland zu schließen, war es für Luxemburg an der Zeit, weitere flexible Strukturierungsoptionen zuzulassen und bestehende Unklarheiten zu beseitigen. Das Parlament hat daher im Februar 2022 für eine Modernisierung des Luxemburger Verbriefungsgesetz gestimmt. Das vorrangige Ziel des modernisierten Verbriefungsgesetzes ist es, sich durch erhöhte Flexibilität an die veränderten Anforderungen anzupassen und den bestehenden Rechtsrahmen weiter zu präzisieren. Am 25. Februar 2022 wurden diese Anpassungen in das Verbriefungsgesetz aufgenommen und sind seit dem 8. März 2022 in Kraft. Die Verbriefungsspezialisten von EY Luxemburg, Papa Saliou Diop, Associate Partner und Securitization Leader sowie Oliver Cloess, Associate Partner, haben sechs wesentliche Änderungen identifiziert, die mit dieser Modernisierung einhergehen:
Finanzierung durch Finanzinstrumente
Eine Notwendigkeit bestand darin, weitere Finanzierungsmöglichkeiten für Verbriefungsvehikel zu eröffnen bzw. Unklarheiten in diesem Zusammenhang zu reduzieren. Die Einbeziehung beziehungsweise der Umfang anderer Finanzierungsmittel wurde in der Praxis oftmals kontrovers diskutiert. Die bestehende Beschränkung von Verbriefungsorganismen, nur Wertpapiere zu ihrer Finanzierung auszugeben, wird daher aufgehoben. Künftig können nun auch andere Formen der Finanzierung verwendet werden, zum Beispiel eine Finanzierung durch Bankkredite. Auch die Diskussionen, ob Schuldscheine als zulässiges Wertpapier gelten oder nicht, sollten somit hinfällig werden.
Aktives Management
Die Aktivitäten von Verbriefungsorganismen waren in der Vergangenheit auf die passive Verwaltung ihrer Vermögenswerte beschränkt, während ein aktives Management, z.B. der Handel oder der aktive Austausch von Vermögenswerten im Sicherheitenpool, nicht einfach zu realisieren war. Dies warf in der Praxis häufig rechtliche Fragen für Verbriefungsstrukturen auf, die ein aktives Management des Sicherheitenpools erfordern, wie z.B. „Collateralized Loan Obligations“ (CLOs) oder „Collateralized Debt Obligations“ (CDOs). Um die Lücke zu Irland zu schließen, ein aktives Management des Sicherheitenpools zu ermöglichen und somit deutliche Marktanteile gewinnen zu können, war es für Luxemburg wichtig, das aktive Risikomanagement bei diesen Strukturen zuzulassen. Auch nach der Modernisierung des luxemburgischen Verbriefungsgesetzes bleibt aktives Management grundsätzlich ausgeschlossen, aber ein Kreditportfolio kann in CDOs bzw. CLOs nun per Gesetzesdefinition aktiv gemanagt werden, solange keine Emission von Finanzinstrumenten an die Öffentlichkeit erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass dies den Markt für aktiv gemanagte Verbriefungsportfolien in Luxemburg öffnet.
Regulierungskriterien
Die überwiegende Mehrheit der luxemburgischen Verbriefungsvehikel ist derzeit nicht reguliert. Einige wenige Verbriefungsorganismen werden jedoch unter bestimmten Umständen von der „Commission de Surveillance du Secteur Financier“ (CSSF) reguliert. Das modernisierte Gesetz definiert die Kriterien für die Zulassungsvoraussetzungen, die sich im Wesentlichen an den bestehenden CSSF-Leitlinien für die kontinuierliche Emission an das Publikum orientieren. Die Definition des Begriffs „regelmäßig“ umfasst weiterhin mehr als drei Emissionen pro Kalenderjahr. Darüber hinaus bezieht sich der Begriff „öffentlich“ auf drei kumulative Kriterien:
- die Emission von Finanzinstrumenten richtet sich an nicht-professionelle Kunden,
- die Emission von Finanzinstrumenten übersteigt nicht den Betrag von 100.000 EUR und
- die Finanzinstrumente werden nicht als Privatplatzierung vertrieben.
Verfügbare Rechtsformen
Die verfügbaren Rechtsformen für Verbriefungsgesellschaften waren auf die Aktiengesellschaft (S.A.), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (S.à r.l.), eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (S.C.A.) oder eine als Aktiengesellschaft organisierte Genossenschaft (S.C.O.S.A.) beschränkt. Das modernisierte Verbriefungsgesetz führt zusätzliche Rechtsformen zur Gründung von Verbriefungsgesellschaften ein, d.h. zusätzlich können ab sofort eine offene Handelsgesellschaft (sociétés en nom collectif), eine Kommanditgesellschaft (S.C.S.), eine Spezialkommanditgesellschaft (SCSp) und eine vereinfachte Aktiengesellschaft (sociétés par actions simplifiées) genutzt werden. Dies bringt zusätzliche Flexibilität bei der Strukturierung, da unter anderem luxemburgische Personengesellschaften nun erstmalig Teilvermögen einsetzen können.
Garantien/Bürgschaften zugunsten Dritter
Vor dem modernisierten Verbriefungsgesetz konnte ein Verbriefungsorganismus Sicherheiten/Garantien für seine verbrieften Vermögenswerte nur seinen Anlegern gewähren. Daher konnten Dritte, z.B. Banken und andere beteiligte Parteien, nicht von solchen Garantien profitieren, was die Strukturierung der Transaktion unnötig komplex oder sogar unmöglich machte. Das modernisierte Verbriefungsgesetz ermöglicht die Bereitstellung von Sicherheiten/Garantien für Dritte bei gleichzeitiger Beibehaltung eines hohen Schutzes für die Anleger, was die Flexibilität bei der Strukturierung erhöht.
„Governance“ bei eigenkapitalfinanzierten Teilvermögen
Verbriefungsorganismen können entweder Fremdkapital- oder Eigenkapitaltitel ausgeben. Im Falle von eigenkapitalfinanzierten Verbriefungsorganismen enthielt das Verbriefungsgesetz in seiner bisherigen Form keine Vorgaben zu den „Governance“-Regeln für solche Teilvermögen. Das modernisierte Gesetz stellt nun klar, dass der Jahresabschluss solcher eigenkapitalfinanzierter Teilvermögen nur von den Aktionären des jeweiligen Teilvermögens zu genehmigen ist und dass die Entscheidung über die Zuweisung der gesetzlichen Rücklage ebenfalls auf der Ebene des jeweiligen Teilvermögens getroffen werden muss. Damit wird die Unsicherheit bei eigenkapitalfinanzierten Verbriefungsorganismen mit mehreren Teilvermögen beseitigt.
Fazit
Insgesamt wurde das sehr erfolgreiche und flexible Verbriefungsgesetz in einigen Bereichen modernisiert, die als wichtig und relevant für Arrangeure angesehen werden können. Diese Modernisierung bietet somit mehr Flexibilität bei der Strukturierung als jemals zuvor, wobei die Zuverlässigkeit und der Anlegerschutz, die dieses Verbriefungsgesetz bereits in der Vergangenheit ausgezeichnet haben, beibehalten werden.
23. März 2022
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Verbriefungen
Verbriefung ist die Ausgabe eines handelbaren Wertpapiers durch eine Spezial-Zweck-Gesellschaft. Die Zins- und Tilgungsleistungen dieses Wertpapiers werden allein durch im Voraus definierte Vermögenswerte erwirtschaftet.
Oliver Cloess
Oliver Cloess, Associate Partner bei EY Luxemburg und spezialisiert auf Verbriefungen ist als Wirtschaftsprüfer und Reviseur d’Entreprises seit mehr als 20 Jahren in der Prüfung von Banken und Verbriefungsgesellschaften tätig, berät beim Aufbau von Verbriefungsplattformen, ist Verwaltungsrat der Luxemburger Capital Market Association und unterstützt weitere Verbriefungsarbeitsgruppen.
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Oliver Cloess
Papa Saliou Diop
Papa Saliou Diop ist Associate Partner bei EY Luxemburg und Teil der Abteilung Banking and Capital Markets. Er leitet die Securitization and Structure Finance Practice bei EY Luxemburg mit einer Erfahrung von mehr als 20 Jahren in der Prüfung internationaler Banken und anderer Finanzinstitute. Papa Saliou ist Mitglied des IRE Securitization Technical Committee und der Marketing Working Group der Luxemburger Capital Market Association.