Betroffen ist u. a. die Strukturierungsform von Immobilien-Transaktionen in Form von Immobilien-Gesellschaften (Share-Deals). Die Einschaltung solcher Vehikel zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer ist bis dato explizit legal, doch in der Praxis eher den „Immobilienprofis“ wie z. B. Investmentfonds vorbehalten. Schließlich lohnt es sich nur bei millionenschweren Immobilien-Transaktionen, den Aufwand und die Kosten für solch eine Strukturierung zu tragen. Für den privaten Käufer ist sie daher schlicht zu komplex und teuer.
Genau das aber scheint den Strukturierungen nun im politischen Diskurs zum Nachteil zu gereichen: Aufgesetzt als Gerechtigkeitsdebatte, tragen einzelne Länderfinanzminister vor, dass eine konsequente Besteuerung aller Grundstücksübertragungen letztlich auch dem „kleinen Häuslebauer“ zu Gute kommen würde. Neben dieser allgemeinen grunderwerbsteuerlichen Thematik ist ferner auf eine Entwicklung spezifisch bei den offenen Immobilien-Spezialfonds in Form sogenannter Einbringungsfonds hinzuweisen. Hier wird bald der Bundesfinanzhof (BFH) zu entscheiden haben. Es geht darum, ob tatsächlich keine Grunderwerbsteuer anfällt, wenn Anleger ihren direkten Immobilien-Bestand in einem Miteigentum-Fonds einbringen.
„Share-Deals würden bei Absenken der Erwerbsgrenzen z. B. auf 75% deutlich an Attraktivität verlieren. Daher richten Fondsmanager und Berater ihr Auge auf die weiteren Entwicklungen der Finanzministerkonferenz.“
Tobias Moroni1. Share-Deals: Absenken der Erwerbsgrenze auf 75% von Gesellschaften?
Der Asset-Deal ist im Grundtatbestand von § 1 Abs. 1 GrEStG geregelt. Er macht den sachenrechtlichen Eigentumswechsel an der Immobilie zur Voraussetzung für die Steuerpflicht. Die steuerliche Behandlung des Share-Deals – sprich der Erwerb über von Personen- oder Kapitalgesellschaften gehaltenen Immobilien – ist hingegen in § 1 Abs. 2a u. 3 GrEStG festgelegt. Die derzeit gültige Rechtslage zur grunderwerbsteuerlichen Behandlung von Share-Deals ist in ihrer grundsätzlichen Form – ungeachtet späterer Anpassungen – auf das Jahressteuergesetz 1997 (BR-Dr. 950/96, S. 11) zurückzuführen.
Danach ist bis dato explizit legal geregelt, dass keine Grunderwerbsteuer anfällt, wenn innerhalb der ersten fünf Jahre weniger als 95% der Anteile an der Gesellschaft auf den Käufer übergehen. Denn durch die Verpackung der Immobilie in eine Gesellschaft findet formell kein Grundstückserwerb statt. Vielmehr wird – recht künstlich zugegebenermaßen – der Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, die eben „auch“ Immobilien hält, in den Vordergrund gestellt. Daher ist sehr häufig die „94,9%-Beteiligung“ an Immobilien-Gesellschaften anzutreffen, manchmal zusätzlich versehen mit einer nach fünf Jahren auszuübenden Kaufoption für die übrigen 5,1% der Anteile. Freilich kostet das Verpacken einer Immobilie Geld und erfordert Verwaltungsaufwand, was sich erst einmal im Verhältnis zur gesparten Grunderwerbsteuer rechnen lassen will. Dabei sind die Kosten natürlich wesentlich schneller amortisiert, seitdem der Grunderwerbsteuersatz zwischenzeitlich in vielen Bundesländern auf zwischen 5 und 6,5% erhöht worden ist. Das Beispiel eines Immobilienerwerbs über 30 Mio. Euro in Nordrhein-Westfalen zeigt: Nachdem in diesem Bundesland seit dem 1.1.2015 ein Steuersatz von 6,5% gilt, würde sich eine Steuerersparnis von 1.950.000 Euro ergeben. Auch abzüglich der Kosten für die Rechts- und Steuerberatung sowie die Administration der Immobilien-Gesellschaft dürfte ein signifikanter finanzieller Vorteil im Buche stehen.
Es gibt zwar keine genauen Erhebungen, wie verbreitet diese Strukturen sind und wie hoch dadurch der Steuerausfall tatsächlich ist. Geschätzt wird aber beispielsweise in einem Artikel der Immobilien-Zeitung (IZ 49/2016, S.3), dass Share-Deals bei Volumina zwischen 30 Mio. und 50 Mio. Euro 25%, bei solchen zwischen 50 Mio. und 100 Mio. Euro 50% und bei Projekten ab 100 Mio. Euro rund 65% ausmachen würden. Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer vermutet einen bundesweiten Steuerausfall in Höhe von 1 Mrd. Euro. Daher macht er sich als am 1. Dezember 2016 gewählter Vorsitzender der Finanzministerkonferenz für eine Reform der Grunderwerbsteuer stark. In die Karten lässt er sich dabei nicht schauen. Frühzeitig bekannte Ansätze zur Verhinderung der Grunderwerbsteuer-Optimierung sollen nicht Rechtsanwälte und Steuerberater zur Aufnahme ihrer Gestaltungsberatung veranlassen. Eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags (Az.: WD 4 – 3000 – 108/16, PE 6 – 3000 – 122/16) zeigt jedenfalls schon einmal die mögliche Richtung auf. Dort wird die Rechts- und Verfassungsmäßigkeit einer Absenkung der 95%-Grenze auf 75% und 50% untersucht. Als Ergebnis hält die Ausarbeitung die 75%-Grenze für rechts- und verfassungskonform. Bei einer entsprechenden Überarbeitung des GrEStG dürfte der Share-Deal dann sicherlich erheblich an Attraktivität verlieren.
2. Deutsch-Investmentrechtliches Spezifikum: Der Einbringungsfonds in Form des sog. Miteigentumsfonds
Es handelt sich hierbei um Fonds nach § 284 KAGB, bei denen Individualanleger ihren Immobilien-Direktbestand in ein Sondervermögen gegen Ausgabe von Anteilsscheinen einbringen. Die Idee dahinter ist, dass der Anleger wirtschaftlich weiterhin die Hand auf seinen Immobilien hält, sich aber der rechtlichen Verwaltung durch Einschaltung der KVG entledigen kann. Dieses Konstrukt wurde insbesondere nach dem Inkrafttreten des InvÄndG am 28.12.2007 interessant. Seitdem ist es mit Zustimmung des Anlegers gestattet, von der Anlagerestriktion der Publikums-Fonds von § 245 KAGB abzuweichen. Deswegen ist möglich, was sonst den Wertpapierfonds vorbehalten war, dass Anleger der KVG nur die Verwaltung, sprich die Verfügungsbefugnis, nicht aber ihre Eigentümerstellung übertragen (§ 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 KAGB, sog. Miteigentumfonds). Die Arbeitshypothese einer weit verbreiteten Rechtsberatungspraxis war, dass deswegen auch keine Grunderwerbsteuer anfalle, da schließlich der Anleger formal Eigentümer der Immobilien bleibt.
Dies sah die Finanzverwaltung vereinzelt plötzlich anders. Sie argumentierte damit, dass die KVG vom Anleger mit dem Verwaltungsrecht über die Immobilie zugleich auch deren wirtschaftliche Verwertungsbefugnis im Sinne von § 1 Abs. 2 GrEStG erhalten habe (Sog. Substanzbeteiligung). Dies meinte sie u. a. daran festmachen zu können, dass in den Anlagebedingungen des Sondervermögens erfolgsabhängige Vergütungen für An- und Verkäufe in prozentualer Höhe zu den Verkehrswerten zu Gunsten der KVG geregelt waren (1,25% Ankauf/1% Verkauf). Mit Urteil vom 12.04.2016 hat das Finanzgericht Köln die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zurückgewiesen. Damit stellt das FG Köln in Kontinuität zur höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 29.9.2004 – II R 14/02) auf eine strenge zivilrechtliche Betrachtungsweise ab. Danach ist eben auch nach der Einbringung bei Miteigentumfonds das Eigentum weiterhin dem Anleger zuzuordnen. Ferner standen aus seiner Sicht diverse gesetzliche Einschränkungen der Verfügungsbefugnis der KVG, z. B. solche zu Gunsten der Verwahrstelle, der Annahme einer Substanzbeteiligung entgegen.
Wenngleich dieses Urteil mit den besseren Argumenten die Annahme von Grunderwerbsteuer ablehnt, ist darauf hinzuweisen, dass es nicht rechtskräftig ist. Bis der BFH hierüber entschieden hat, schwebt nach wie vor das Damokles-Schwert über dieser Fondskonstruktion.
02. Januar 2017
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- Politischer Wille bündelt sich, die Grunderwerbsteuer-Optimierung durch sog. Share-Deals einzuschränken; ob, wie und wann das passieren soll, ist noch offen.
- Sicherlich nicht zufällig hat eine Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages die Rechts- und Verfassungskonformität der Überarbeitung von § 1 Abs. 2a u. 3 GrEStG untersucht; es geht um die Absenkung der Erwerbsgrenze bei Share-Deals von derzeit 95% auf 75%.
- Betroffen hiervon wären u. a. deutsche, europäische und ausländische Immobilien-Fonds, da die Strukturierungsform des Share-Deals bei millionenschweren Transaktionen weit verbreitet und der deutsche Immobilienmarkt international stark nachgefragt ist.
- Ferner spezifisch bei deutschen, offenen Immobilien-Spezialfonds in Form des sog. „Einbringungsfonds“: Die steuerliche Behandlung im Sinne des Nichtanfalls von Grunderwerbsteuer steht unter Druck, weil die Finanzverwaltung diese Rechtsfrage zum Bundesfinanzgerichtshof gebracht hat (vgl. Revision mit dem Az.: BFH II B 37/16).
Share-Deals
Unter Share-Deals versteht man indirekte Immobilien-Transaktionen. Der Käufer erwirbt die Immobilie nicht direkt, sondern eingepackt in einer Gesellschaft: Der Erwerb bezieht sich daher nicht direkt auf die Immobilie, sondern auf Anteile an einer Gesellschaft, die Eigentümerin der Immobilie ist. Nach derzeitiger Rechtslage fällt keine Grunderwerbsteuer an, wenn innerhalb der ersten fünf Jahre weniger als 95% der Anteile an der Gesellschaft auf den Käufer übergehen. Das ist auch der Grund für die häufig anzutreffende „94,9%-Beteiligung“ an Immobilien-Gesellschaften. Politisch ist derzeit umstritten, ob die Besserstellung des Share-Deals gegenüber dem Asset-Deal ungerecht und daher einzuschränken ist.
Schließlich ist die Strukturierung mittels Immobilien-Gesellschaften aufwendig und kostspielig, so dass der „normale Häuslebauer“ kaum in ihren Genuss kommt. Einbringungsfonds sind offene Immobilien-Spezialfonds. Hier gibt – typischerweise – nur ein Individualanleger seinen direkten Immobilien-Bestand in die Verwaltung einer KVG und bleibt gleichwohl selbst Eigentümer desselben. Hiervon wurde verbreitet Gebrauch gemacht, allerdings unter der Annahme, dass keine Grunderwerbsteuer ausgelöst würde, weil der Anleger schließlich formalrechtlich Eigentümer des Immobilien-Bestands bleibt. Diese Rechtsauffassung wird für nicht wenige überraschend von der Finanzverwaltung hinterfragt und bis zum BFH hochgespielt.
Tobias Moroni
Tobias Moroni ist Mitglied des Executive Board des Bankhauses und Sprecher des Executive Board Asset Servicing. Zuvor war er Leiter Real Assets Deutschland ebenfalls bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers AG sowie davor Leiter Depotbank-Legal bei der Depotbank von Sal. Oppenheim jr. & Cie. AG & Co. KGaA. Tobias Moroni ist Rechtsanwalt und referiert und veröffentlicht regelmäßig über aufsichtsrechtliche Entwicklungen.