Wasserstoff-Update: Anwendung in der Luft und zu Wasser

Wasserstoffaktien gehören seit einiger Zeit zu den „Hot-Stocks“ und sind ganz oben auf den Top-Listen der meistgeklickten Aktien zu finden.

Das Thema scheint also endgültig am Kapitalmarkt angekommen und viele Investoren wollen beim Goldrausch der Gegenwart mit an Bord sein. Auch die anhaltenden Veränderungen in der Industrie sind atemberaubend, selbst unter den Firmen, deren altes Geschäftsmodell mit am meisten unter dem Voranschreiten der neuen Technologie leiden dürfte: Den großen Ölkonzernen.

Die Risikokapitaltochter von Total hat sich mit mehr als 15 Millionen US-Dollar am Startup Hyzon Motors beteiligt, einem der führenden Anbieter von Wasserstoff- und brennstoffzellenbetriebenen Nutzfahrzeugherstellern. Die US-Amerikaner produzieren Großanlagen, Busse und Reisebusse, die mit Wasserstoff (chemisches Symbol: H) betrieben werden. Total setzt auf den Einsatz der Wasserstofftechnologie in LKWs. Ähnliche Töne hört man aktuell vom britischen Konkurrenten BP: In einer Konferenz teilte der Chef des Ölkonzerns mit, dass er die Zukunft bei den PKWs im batteriebetriebenen Bereich sieht. In Nutzfahrzeugen, der Luftfahrt und dem Schwerlastverkehr hingegen sieht er den Einsatz der Wasserstofftechnologie als
„sehr, sehr geeignet“ an. BP plant in diesem Zusammenhang, die Investitionen für Erneuerbare Energien zu verzehnfachen.

Wasser am Himmel?

Doch wie steht es in der Flugzeugbaubranche um diese Idee? Besser, als man vor dem Hintergrund der aktuellen Krise, welche die ganze Lieferkette bedroht, wohl vermuten würde! Der europäische Flugzeugbauer Airbus will bis 2035 ein Passagierflugzeug mit CO2-neutralem Wasserstoffantrieb auf den Markt bringen. Frankreich plant langfristig sieben
Milliarden Euro in die Technik zu investieren und Deutschland will mit seiner eigenen Wasserstoffstrategie „Wasserstoff-Land Nummer eins“ werden. Da passt die Strategie von Airbus, das aktuell an drei Konzepten arbeitet, voll ins Bild.

Abb. 1: Der Turbofan
Quellen: https://www.airbus.com/innovation/zeroemission/hydrogen/zeroe.html; https://www.dw.com/de/dasflugzeug-mit-wasserstoffantrieb/a-55040747

Der Turbofan, eines der drei Entwicklungsprojekte, ist mit einer Reichweite von ca. 3.700 km und einem Fassungsvermögen von 120-200 Passagieren für den Flugverkehr auf innereuropäischen Routen ausgelegt. Mit ca. 800 km/h erreicht es die gleiche Geschwindigkeit wie das aktuelle Basismodell, der A320neo. Das zweite Modell, der Turboprop, ist ein für bis zu 100 Passagiere geeignetes, mit Wasserstoff betriebenes Kurzstreckenflugzeug, das es auf gut 600 km/h bringt.

Abb. 2: Der Turboprop
Quellen: https://www.airbus.com/innovation/zeroemission/hydrogen/zeroe.html; https://www.dw.com/de/dasflugzeug-mit-wasserstoffantrieb/a-55040747

Der dritte im Bunde, ein mit Wasserstoff betriebener Nurflügler (200 Passagiere mit ähnlicher Reichweite wie der Turbofan), dürfte das wohl spektakulärste Aussehen der neuen Modelle besitzen. Aerodynamisch soll er zudem das vorteilhafteste Modell sein. Außerdem bietet der breite Innenraum des Flugzeuges bessere Möglichkeiten zur Lagerung und Verteilung des Wasserstoffs.

Abb. 3: Der Blended-Wing-Body
Quellen: https://www.airbus.com/newsroom/pressreleases/en/2020/09/airbus-reveals-new-zeroemission-conceptaircraft.html; https://www.dw.com/de/das-flugzeug-mitwasserstoffantrieb/a-55040747

Bemerkenswert ist, dass bereits 1988 Ingenieure in der damaligen Sowjetunion ein Wasserstoffflugzeug an den Start brachten. Seitdem liefen bzw. laufen verschiedene Projekte zur Durchführung dieses Projekts. Dennoch scheint die Technologie in den
Jahren dazwischen wieder nebensächlich geworden zu sein. Dabei bringt Wasserstoff auch in der Luftfahrt erstaunliche Vorteile mit sich: Die Energiedichte beträgt das Dreifache von Kerosin, wiegt dabei aber nur ca. ein Drittel so viel. Dafür ist das benötigte Volumen zur Lagerung viermal so hoch wie bei heutzutage verwendetem Treibstoff. Für den Antrieb im Flugzeug muss das Element bei hohem Druck und -235°C komprimiert werden, was doppelwandige, zylindrische oder runde Tanks erfordert – eine technische Herausforderung für Flugzeughersteller. Darüber hinaus erfordert der Durchbruch der
Technologie eine entsprechende Infrastruktur an den Flughäfen, um das Betanken der Flugzeuge zu ermöglichen.

Es bleibt an dieser Stelle jedoch anzumerken, dass auch Wasserstoffflugzeuge nur dann emissionsfrei fliegen, wenn der Wasserstoff nachhaltig mit grünem Strom erzeugt wird. Stammt der Strom beispielsweise aus Kohlekraftwerken, werden die Emissionen lediglich von der Luft auf den Boden verlagert. Auch wären die neuen Flugzeuge nicht vollständig emissionsfrei, da bei der hohen Verbrennungstemperatur umweltschädliche Stickoxide entstehen und freigesetzt werden. Jedoch ist die Technologie bei Weitem umweltschonender als es heutige Antriebe sind.

Wasser im Wasser?

Was ist mit der zweiten großen Mobilitätsbranche, die sich seit geraumer Zeit mit dem Ruf der hohen Umweltverschmutzung konfrontiert sieht? Drei Prozent der weltweiten Emissionen lassen sich auf den Schiffsverkehr zurückführen. Höchste Zeit also, auch in diesem Bereich umzudenken. Verglichen mit den anderen Mobilitätsbranchen scheint es in der Schifffahrt etwas gemächlicher mit neuer Innovation vor sich zu gehen, doch immerhin tut sich hier auch ein bisschen was. Ganz weit vorne dabei ist die Norwegische Reederei Havila. Diese plant, ein bestehendes Kreuzfahrtschiff umzurüsten, 2023 sollen bereits die ersten Touristen emissionsfrei damit reisen können. Auch Europas größter Hafen in Rotterdam ist auf die Möglichkeiten
von Wasserstoff aufmerksam geworden und hat sich dem Hydrogen Councilv, einer Initiative aus mehr als 90 Unternehmen, angeschlossen. In Deutschland fährt, Stand heute, lediglich die U-Boot Flotte auf Tauchstation mit Wasserstoff, die
Handelsflotte soll jedoch nachrüsten. Das wurde nach Verkünden der nationalen Wasserstoffstrategie deutlich. Dazu wurde in Geesthacht in Schleswig-Holstein die weltweit erste Forschungseinrichtung errichtet, die gesamtheitliche Lösungen zur Dekarbonisierung in der Schifffahrt entwickelt. Zudem hat auch die AIDA-Reederei große Wasserstoffpläne. Auf dem mit Flüssiggas betriebenen Kreuzfahrtschiff AIDAnova will man ab 2021 die Nutzung von Brennstoffzellen testen.

Zusammengefasst lässt sich auch in diesem Bereich ein Umdenken erkennen. Allerdings könnte man, wie eingangs beschrieben, den Eindruck bekommen, dass es in der Schifffahrt aktuell noch etwas dauern könnte, bis die Wasserstoffinnovation endgültig Fuß fasst. Unserem auf Recherchen basierenden Erkenntnisstand nach ist die Luftfahrtindustrie mit der Entwicklung aktuell einen Schritt weiter. Zwar ist auch hier der geplante Zeithorizont bis zur Einführung noch relativ groß, allerdings lassen sich bereits gezieltere Vorhaben erkennen als in der Schifffahrt. AIDAnova plant laut unseren Quellen, ab 2021 die Nutzung lediglich zu testen. Daher sehen wir derzeit noch keinen Anlass, von einem „teilweisen Inkrafttreten“ zu sprechen.

Generell ist, vor allem durch die Entwicklungen bei Airbus, unserer Meinung nach eine momentan fortschrittlichere Tendenz beim Thema Wasserstoff im Flugzeugbereich zu beobachten. Klar ist aber auch, dass wir uns bei dieser Einschätzung nur auf verfügbare Internetquellen stützen können. Auf Binnen- und Passagierschiffen lasse sich der Schiffsantrieb schneller einführen als bei großen Containerschiffen. Die Technologie sei aktuell einfach zu teuer, verglichen mit herkömmlichem Schweröl.

Wasserstoff als Investment

Auch als Investment bietet Wasserstoff neue Möglichkeiten. Neben den klassischen Gasherstellern (Linde, Air Liquide) sind Wasserstoff-Aktien wie NEL, Powercell oder Ceres derzeit heiß diskutierte und viel gehandelte Titel. Neben teilweise beträchtlichen Volatilitäten versprechen sich Befürworter der Technologie hohe Kursgewinne und hoffen, beim nächsten großen Trend von Anfang an dabei gewesen zu sein. Auch neu aufgelegte Wasserstoffindizes an den Börsen zeigen die anhaltende Dynamik in der Entwicklung des Sektors.

Die hohe Volatilität der einzelnen Wasserstoffaktien erfordert die Bereitschaft des Investors, stärkere Kursschwankungen auszusitzen. Eine Alternative zu den risikoreicheren Direktinvestments bietet ein Investment in Fonds, die Wasserstoffaktien im Portfolio haben. Im Fondsmanagement des Selection Rendite Plus setzen wir fokussiert auf nachhaltige und zukunftsträchtige Investments und haben daher bereits seit Ende 2018 Aktien aus dem Bereich Wasserstoff im Portfolio. Die starke Performance dieser Titel hat zu der Top-Wertentwicklung des Fonds und bereits zu zahlreichen Auszeichnungen
beigetragen, u.a. der Verleihung des FNG Siegels 2020. Wir sind auch weiterhin von der Zukunftsfähigkeit der Wasserstoff-Technologie überzeugt und werden daher künftig unverändert Aktien aus diesem Bereich in unserem Selektionsprozess berücksichtigen.

Abb. 4: Wertentwicklung des Selection Rendite Plus seit seiner Auflage im Jahr 2003 (Stand: Oktober 2020)

 

30. Oktober 2020

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Autor

Jörg Scholl

Jörg Scholl ist seit mehr als 27 Jahren Experte im Bereich Fonds- und Asset Management, mit Schwerpunkt Aktien und Derivaten. Nach seinem Studium an der EBS Universität für Wirtschaft & Recht und einer mehrjährigen Tätigkeit bei EY Wirtschaftsprüfung folgten 4 Jahre im Aktienfondsmanagement der DWS und 6 Jahre als Fondsmanager intern. Aktien bei der Activest (später Pioneer). Ab dem Jahr 2000 war Jörg Scholl Leiter Portfoliomanagement bei Hauck & Aufhäuser Privatbankiers und ab 2005 Gründungsgeschäftsführer und Fondsmanager der Hauck & Aufhäuser Asset Management GmbH in München. In der Spitze verantwortete er bis zu 3,5 Mrd. EUR Asset under Management und 7 Mrd. EUR Asset under Administration. Als spezialisierter Individualanbieter arbeitete H&A Asset Management bis Ende 2014 mit 14 KAVGen und 12 Depotbanken zusammen. Seit 2015 ist Jörg Scholl Geschäftsführer der Selection Asset Management GmbH.

Autor

Claus Weber

Claus Weber ist seit mehr als 27 Jahren Experte im Bereich Fonds- und Asset Management. Er startete seine Karriere 1991 im SwissRe-Konzern und verantwortete dort über 10 Jahre hinweg verschiedene Assetklassen (den Bereich Fixed-Income, über Aktien bis hin zu Wandelanleihen).
Als Gründungsgeschäftsführer der Hauck & Aufhäuser Asset Management GmbH zeichnete er seit 2005 in der Spitze für bis zu 3,5 Mrd. EUR Assets under Management verantwortlich und managte dabei als verantwortlicher Fondsmanager zahlreiche Spezialfonds- Mandate. Seit 2015 ist Claus Weber Geschäftsführer der Selection Asset Management GmbH. Als persönliche Auszeichnungen erhielt er den Lipper Fund Award 2010 (Bester Wandelanleihen-Fonds über 5 Jahre) und den EUR Fund Award 2015 - 10 Jahre (2. Platz in der Kategorie „Wandelanleihen Europa“).

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