„Die Rolle der unabhängigen Verwaltungsräte hat sich in den letzten Jahren stark verändert”

In einem aktuellen Interview mit FONDSTRENDS.LU spricht Eduard von Kymmel, Geschäftsführer des luxemburgischen Dienstleistungsunternehmen für Corporate Governance id Linked®, über die sich verändernde Rolle unabhängiger Verwaltungsräte und die wachsenden regulatorischen Anforderungen an sie. Er teilt zudem Einblicke in die Entwicklung von id Ship seit seinem Start im Jahr 2021 und erklärt, wie neue Tools wie id Cockpit die Arbeit von Verwaltungsräten weiter unterstützen können.

FONDSTRENDS.LU: Herr von Kymmel, wir freuen uns, Sie erneut für ein Interview bei uns begrüßen zu dürfen. Mehr als 2 Jahre ist es her, als Sie uns id Ship vorgestellt haben. Eine digitale Match-Making-Such-Plattform, die unabhängige Verwaltungsratsmitglieder (iNEDs), die Interesse an einem neuen VR-Mandat haben, mit Fondsinitiatoren, Verwaltungsgesellschaften, Banken und Versicherungen schnell, effizient und einfach in Kontakt bringt. Seitdem ist viel passiert. Wie hat sich die Plattform seit Start im Juli 2021 entwickelt?

Eduard von Kymmel: Wir sind mit der Entwicklung von id Ship überaus zufrieden. Seit dem Launch haben über 315 professionelle und hoch qualifizierte unabhängige Verwaltungsräte ihr Interesse an neuen Mandaten bekundet und sich bei uns registriert. Auf Firmenseite konnten wir viele namenhafte und marktführende Unternehmen, wie z.B. PwC, KPMG, Arendt, Northern Trust, UBS, EFA und viele weitere als Mitglieder gewinnen.

Alles in allem freuen wir uns sehr zu sehen, dass auch die großen Player sich aktiv für eine bessere Corporate Governance einsetzen und den Selektionsprozess transparenter und fairer gestalten möchten. Wir haben festgestellt, dass sich die Rolle der unabhängigen Verwaltungsräte in den letzten Jahren sehr positiv verändert hat, sie wichtiger und einflussreicher geworden ist. Da ist es umso bedeutsamer, dass solch eine Position mit der richtigen Person besetzt wird.

FONDSTRENDS.LU: Sie sprechen von Veränderungen, einem Wandel, wenn es um die unabhängigen Verwaltungsräte geht. Was meinen Sie damit genau?

Eduard von Kymmel: Die Rolle der unabhängigen Verwaltungsräte hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Ich würde sogar sagen, dass sich ihre Rolle um 180 Grad gedreht hat: von einem stillschweigenden Beurteiler zu einem aktiven Mitwirkenden.

Die Anforderungen an unabhängige nicht geschäftsführende Verwaltungsräte sind auch in Luxemburg gestiegen – ganz im Einklang mit den in den USA und im Vereinigten Königreich beobachteten Entwicklungen. Auf globaler Ebene ist dies auf die wachsende Notwendigkeit zurückzuführen, Standards für eine gute Unternehmensführung zu setzen. Auf lokaler Ebene ist dieser Trend auch mit der Zunahme der in Luxemburg domizilierten Investmentfonds, insbesondere der AIFs, im letzten Jahrzehnt verbunden. Dementsprechend werden die aufsichtsrechtlichen Anforderungen in Bezug auf Funktionen und Aufsicht verschärft, was zusätzlichen Druck auf die Verwaltungsräte ausübt.

So wurden in den letzten Jahren Prozesse und Definitionen im Zusammenhang mit der Unternehmensführung formalisiert, einschließlich einer klareren Abgrenzung der Rolle von iNEDs und exekutiven Verwaltungsräten. Bis vor kurzem war der unabhängige Verwaltungsrat oftmals eher ein stiller Teilnehmer an Verwaltungsratssitzungen, sofern überhaupt ein iNED ernannt wurde.

In der heutigen sich entwickelnden Landschaft wird von iNEDs erwartet, dass sie die Grundsätze und Praktiken der Corporate Governance genau kennen. Hierzu gibt es auch viele dedizierte Lehrgänge und Zertifikate der VR Interessenvereinigung ILA. iNEDs sollten aktiv an den Verwaltungsratssitzungen teilnehmen, die Strategie, das Risikomanagement und andere Bereiche überwachen und die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften und Gesetze sicherstellen.

Heutzutage bilden engagierte, aufgeschlossene, erfahrene und moderne Teamplayer die neue Generation der iNEDs. Was vor einigen Jahren noch als Nebenjob im Ruhestand betrachtet werden konnte, hat sich zu einer Vollzeitbeschäftigung entwickelt, die die richtige Qualifikation, Denkweise, Fähigkeiten und Einstellung erfordert.

FONDSTRENDS.LU: Was bedeutet dieser Wandel für den unabhängigen Verwaltungsrat?

Eduard von Kymmel: Ein unabhängiger Verwaltungsrat, der seine Arbeit richtig ausüben will, muss immer auf dem Laufenden sein. Er muss über die neuesten rechtlichen Änderungen informiert sein und ein ganzheitliches Bild des Unternehmens/der Struktur, der Prozesse und der Besonderheiten haben. Das kann für jemanden, der nicht in das Tagesgeschäft involviert ist und darüber hinaus eine schwache eigene manuelle Organisation, z.B. via Excel hat, sehr anspruchsvoll sein.

Es ist sicherlich nicht immer einfach, den Überblick zu behalten, man muss selbst sehr gut organisiert sein.

Deshalb haben wir zusammen mit dem luxemburgischen, CSSF-überwachten IT-Dienstleister navAXX das id Cockpit entwickelt. id Cockpit ist ein digitales Datenbank- und Reporting-Tool, das den unabhängigen Verwaltungsrat bei der Organisation und Dokumentation seiner Mandate digital unterstützt.

FONDSTRENDS.LU: id Cockpit ist die neuste Entwicklung von id Linked, ein Online-Tool, mit dem Verwaltungsräte und Corporate Secretaries den Überblick über ihre Mandate halten und diese effizient und sicher organisieren können. Wie können sich Nutzer dieses Tool und dessen Anwendung vorstellen?

Eduard von Kymmel: id Cockpit ist ein voll digitales Werkzeug zur Organisation und Dokumentation von VR-Mandaten. id Cockpit hilft, Daten, Arbeit und Prozesse als VR oder CoSec zu transformieren und zu digitalisieren. Das auf dem Markt einzigartige Tool stellt sicher, dass alle relevanten Dokumente und Informationen zu einem Mandat vorhanden sind und der iNED jederzeit und überall darauf zugreifen kann. Er/sie kann sogar einen Bericht daraus erstellen und so sehr gut vorbereitet an Verwaltungsratssitzungen teilnehmen. Der Server dieses Tools steht in Luxemburg, so dass man sich keine Sorgen um die Sicherheit der teilweise vertraulichen Informationen machen muss. IT-Sicherheit war und ist uns ein wichtiges Anliegen bei der Auswahl unseres Partners und Standortwahl gewesen.

Die Fragen, die sich unabhängige Verwaltungsräte heute stellen müssen, sind:

  • Kann ich die Fragen zur CSSF-Mandatsliste mit einem Klick beantworten?
  • Habe ich den Überblick über alle meine Mandate einschließlich aller Teilfonds oder SPVs?
  • Kann ich ad-hoc-Fragen zu besonderen Ereignissen während des Geschäftsjahres beantworten?
  • Bin ich sicher, dass ich alle von der CSSF oder anderen Institutionen geforderten aufsichtsrechtlichen Empfehlungen erfülle?
  • Bin ich in der Lage, einen Bericht des Verwaltungsrates zu erstellen, wie von der ALFI empfohlen? Habe ich eine time spent Liste verfügbar?
  • UND: Entspricht meine Arbeitsweise den aktuellen digitalen Standards – in Bezug auf Effizienz, Kosten und auch Datensicherheit?

Wenn man nicht alle Fragen mit einem klaren JA beantworten kann, muss man anfangen sich neu zu organisieren. Es ist auch nicht auszuschließen, dass Aufsichtsbehörden prüfen, wie Verwaltungsräte ihre Mandate organisieren. Und genau hier kommt id Cockpit ins Spiel.

id Cockpit ist ein effizienter Weg, um VR-Mandate zu verwalten und den Überblick zu behalten. Es ist ein kostengünstiges Tool, das auf den ALFI-Empfehlungen für den jährlichen Bericht des Verwaltungsrats basiert. Es ist eine einfach zu bedienende, sichere und intuitive Datenbank zur Erstellung von Verwaltungsratsberichten und Statistiken – anpassbar in Excel/CSV und Word und darüber hinaus eine Möglichkeit, alle relevanten Dokumente in eine von der CSSF lizenzierte sichere Umgebung hochzuladen.

Kurz gesagt, mit id Cockpit haben die Verwaltungsräte ein einzigartiges, hochmodernes und sehr benutzerfreundliches Online-Tool, um den Überblick über ihre Mandate zu behalten und die Organisation effizient und sicher zu navigieren.

Ich nutze es auch für meine eigenen Mandate und habe mich oft gefreut, in VR-Sitzungen schnell und einfach auf alle Informationen zugreifen zu können und so ad hoc Fragen beantworten oder Unklarheiten beseitigen zu können. Es ist auch sehr effizient, Kommentare oder Aktionspunkte während der Sitzung hinzuzufügen, um zusätzlichen Verwaltungsaufwand nach der Sitzung zu vermeiden.

FONDSTRENDS.LU: Wie unterscheidet sich id Cockpit von anderen Lösungen auf dem Markt für die Digitalisierung von VR-Prozessen?

Eduard von Kymmel: Die Frage ist einfach zu beantworten, denn es gibt derzeit nichts Vergleichbares auf dem Markt. Es existieren unzählige Tools für die Organisation von Board Meetings, die aber das Bereitstellen von Dokumenten in den Vordergrund stellen. id Cockpit hat einen komplett anderen Ansatz, es ist ein digitales Director`s Office, auf das nur registrierte Nutzer zugreifen können, gleichgültig wer die verschiedenen Dienstleister des Fonds sind.

FONDSTRENDS.LU: Mittlerweile bietet id Linked fast ein Rundum-sorglos-Paket für Verwaltungsratsmitglieder an – soweit man im Corporate Governance Bereich davon sprechen kann. Sind noch weitere Ideen geplant, id Linked zu erweitern?

Eduard von Kymmel: Wir haben in den letzten 3 Jahren jedes Jahr eine Corporate Governance Innovation auf den Markt gebracht. Unser derzeitiges Ziel ist es, unsere bestehenden Produkte weiter zu etablieren. Aber natürlich haben wir auch schon neue Ideen im Kopf, um die Arbeit der Verwaltungsräte einfacher, effizienter und auch sicherer zu gestalten. Aber da müssen Sie sich noch etwas gedulden.

FONDSTRENDS.LU: Wer ihre Biografie gelesen hat, wird feststellen, dass unter ihren Hobbies auch der Punkt „lebenslanges Lernen“ zu finden ist. In diesem Zusammenhang möchten wir Sie abschließend fragen: Welche Lernziele haben Sie sich für 2024 gesetzt?

Eduard von Kymmel: In der Tat ist das eines meiner beruflichen und privaten Lebensmaxime. Besonders durch die veränderten Ansprüche an die Rolle des unabhängigen Verwaltungsrats, ist es mir wichtig, auf dem neusten Stand zu sein. Dieses Jahr steht die Vollendung des European Board Diploma an, welches ich im letzten Jahr in Brüssel gestartet habe.

FONDSTRENDS.LU: Herr von Kymmel, wir danken Ihnen für das informative Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

 

 

20. März 2024

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Eduard von Kymmel

Eduard von Kymmel ist neben seiner Selbständigkeit als unabhängiger Verwaltungsrat Gründer und Managing Director von id Linked®, einem Corporate Governance Dienstleister im Sitz in Luxemburg. Als ehemaliger CEO sowie vorsitzendes Verwaltungsratmitglied von in Luxemburg und Liechtenstein domizilierten ManCos, AIFMs und SICAVs, blickt Herr von Kymmel auf über 20 Jahre Berufserfahrung in der luxemburgischen, liechtensteinischen und schweizerischen Investmentfondsindustrie -sowohl in traditionellen als auch in alternativen Anlageklassen- zurück und schöpft dabei insbesondere aus einem Kenntnisschatz der Bereiche Legal, Structuring, Governance, Business Development und Beratung. Der Deutsch-Luxemburger mit Wohnsitz in Luxemburg ist deutscher Volljurist und verfügt neben zahlreichen Zusatzzertifikaten über einen MBA der University of Wales.

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