Finanzmarkt und Realwirtschaft müssen vernetzter handeln

Die Herausforderung ist bekannt: Bis 2050 werden jährlich 3,5 Billionen US-Dollar an Investitionen benötigt, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen. Erschwert wird dieses Ziel durch die Entwicklung der vergangenen Jahre: 2020 gingen die Emissionen zwar pandemiebedingt um etwa 7 % zurück, aber abgesehen von dieser Ausnahme stiegen die weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen – einschließlich des Kohleverbrauchs – in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich an und erreichten 2022 ein Allzeithoch, das in diesem Jahr auf das nächste Rekordniveau ansteigen dürfte.

Um diesen alarmierenden Zahlen einen Aktionsplan entgegen zu setzen, ergibt es keinen Sinn, Finanzmarkt und Realwirtschaft getrennt voneinander zu betrachten. Um Netto-Null effektiv umsetzen zu können, ist ein weltweit koordiniertes Vorgehen elementar. Die Experten von Amundi sehen hier fünf wesentliche Schritte:

  • Netto-Null-Instrumente für Investoren, wie Aktien oder Anleihen, die sich auf Unternehmen mit Netto-Null-Ambitionen konzentrieren
  • Netto-Null-Initiativen der Realwirtschaft, wie beispielsweise die Kreislaufwirtschaft
  • Unterstützung der Sektoren mit hohen Klimaauswirkungen
  • Finanzierung des Klimaschutzes in den Schwellen- und Entwicklungsländern
  • Investitionen in Kreislaufwirtschaft und in den Erhalt biologischer Vielfalt

So banal es klingt – die wichtigsten Instrumente, die Finanzakteure zur Verfügung haben, um zu einer Netto-Null-Umstellung beizutragen, sind Engagement und Kapitalallokation. Das Engagement sollte ein ganzheitlicher und zweckorientierter Prozess mit klaren Zielen sein, der auf reale wirtschaftliche Ergebnisse ausgerichtet ist. So kann schrittweise das Geschäftsmodell der Emittenten aus der Wirtschaft angepasst werden und zu einer sogenannten organischen Dekarbonisierung der Portfolios führen.

Rahmenwerk definiert Mindeststandards

Asset Manager können in diesem Prozess eine wichtige Rolle spielen, indem sie Leitlinien entwickeln, um institutionelle Anleger bei der Reduzierung der mit ihren Investitionen verbundenen CO2-Emissionen zu unterstützen. Amundi hat beispielweise im vergangenen Jahr die sogenannte „Amundi Net Zero Ambition“ gestartet, die sich mit Fragen der konkreten Ziele und der Offenlegung befasst. Ziel ist es, die Vergleichbarkeit zu verbessern und Bewertungen anhand von Referenzszenarien der Internationalen Energieagentur (IEA) zu erleichtern. In dem Zusammenhang hat Amundi ein “Net-Zero-Ambition”-Rahmenwerk für verschiedene Managementstile, Anlageklassen und Regionen entwickelt, das Mindeststandards definiert. Das Rahmenwerk umfasst klare Leitlinien für Investitionen, die Auswahl der Emittenten und die Zusammenarbeit mit ihnen und unterstreicht die Selbstverpflichtung von Amundi.

Qualität der Klimadaten muss besser werden

Auch das ist eine bekannte Weisheit: Man kann nicht managen, was man nicht messen kann. Klimadaten sind von zentraler Bedeutung, um die Fortschritte bei der Erreichung der Netto-Null-Ziele zu verfolgen und nachzuweisen. Strengere Vorschriften und Rechnungslegungsstandards sind erforderlich, um die Transparenz, den Erfassungsbereich und die Qualität der Klimadaten zu verbessern.

Aber die große Vielfalt der verfügbaren Klimakennzahlen und eine damit einhergehende, mögliche Überforderung sollten nicht in Untätigkeit münden, sondern zum Handeln anspornen. Um alle Sektoren bei ihrer Umstellung zu begleiten, Emissionen zu reduzieren, werden daher vorausschauende und sektorspezifische Indikatoren benötigt, um die Ausrichtung der Unternehmen und ihre Fähigkeit zur Umstellung auf ein CO2-ärmeres Geschäftsmodell zu bewerten.

Der Einbeziehung von Sektoren mit hoher Klimaauswirkung kommt eine besondere Bedeutung zu, um die größten „Verschmutzer“ zu begleiten und eine wirkliche Veränderung in der Realwirtschaft zu bewirken. Die sektorbezogenen Ansätze und Ziele sind der Schlüssel zu einer echten Verringerung der Treibhausgasemissionen, da sie Anreize für die Kapitalallokation zugunsten von Unternehmen schaffen können, die in ihrem jeweiligen Sektor die besten Ergebnisse erzielen.

Der Klimawandel in den Entwicklungsländern muss finanziert werden

Einen ebenso hohen Stellenwert hat die Begleitung der Schwellen- und Entwicklungsländer. Auf sie entfallen rund zwei Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen, und die meisten der Länder sind anfällig für Klimarisiken. Trotz großer Fortschritte bei den Bemühungen, den Übergang zu unterstützen, ist die Finanzierungslücke, die zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens erforderlich ist, nach wie vor erheblich.

Insgesamt gibt es aktuell viele ESG-Investmentlösungen in allen großen Anlageklassen, die Anlegerinnen und Anlegern helfen, ihr Portfolio auf Netto-Null auszurichten. Die Dynamik der vergangenen Monate eröffnet zudem immer wieder neue Möglichkeiten, direkt in klimaunterstützende Maßnahmen und Branchen zu investieren, wie zum Beispiel in Kreislaufwirtschaft oder den Erhalt der biologischen Vielfalt.

Wer im Kampf gegen den Klimawandel jetzt eine aktive Haltung einnimmt und die damit verbundenen Risiken und Chancen antizipiert, erarbeitet sich einen Vorsprung, um eine der größten systemischen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen.

Quelleninformationen und weitere Angaben finden Sie im aktuellen Thematic Paper sowie im Amundi Research Center.

 

Der Beitrag ist eine Zweitveröffentlichung und wurde bereits im November 2023 auf altii veröffentlicht.

 

13. Dezember 2023

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

16 + drei =

Autor

Théophile Tixier

Responsible Investment Specialist bei Amundi, der im Team zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema ESG und verantwortungsvollem Investieren koordiniert.

Weitere Empfehlungen für Sie:

Jetzt an unserer Umfrage teilnehmen!

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner