Robo-Advisor: Investieren mit algorithmusbasierten Modellen

Digitale Vermögensverwalter, auch bekannt unter dem Namen Robo-Advisor, halten Einzug in die Finanzlandschaft. Verantwortlich für diese Entwicklung sind allen voran die anhaltend niedrigen Zinsen, die traditionelle Sparformen wie Tages- und Festgeld, aber auch Lebensversicherungen zunehmend unrentabel werden lassen. Wer sein Geld wertsteigernd anlegen möchte, dem bleibt nur die Anlage am Kapitalmarkt.

Bei der Entscheidung, welche Anlageform sich am besten für die individuelle Situation eignet, suchen die meisten Investoren bei Anlageberatern Unterstützung. Da diese Beratung sehr zeit- und kostenintensiv ist, wird häufig ein sechsstelliger Anlagebetrag vorausgesetzt. Die schnell voranschreitende Digitalisierung macht deutlich, dass dieser personelle Aufwand durch algorithmusbasierte Modelle ersetzt werden kann. Die Vorteile der Digitalisierung haben Banken in der Vergangenheit unterschätzt. Die verschlafenen Trends machen sich nun FinTech-Unternehmen zunutze. Eine Revolution innerhalb der Anlageberatung stellen Robo-Advisor mit automatisierten ETF-Portfolios dar. Robo-Advisor haben Anlagealgorithmen entwickelt, die auf neuesten Erkenntnissen der wissenschaftlichen Forschung basieren. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, größtmögliche Renditen zu geringen Kosten zu erzielen.

Die Entwicklung von ETFs

Was vor einigen Jahren noch als Geheimtipp galt, ist mittlerweile aus der Finanzwelt kaum mehr wegzudenken. Exchange Traded Funds (ETF) entstanden Mitte der 90er Jahre und überzeugen seitdem Jahr für Jahr mehr Investoren. Mittlerweile stehen den Interessenten mehrere tausend Produkte zur Auswahl. Das Konzept hinter den ETFs: anhand der Marktkapitalisierung ganze Märkte nachzubilden. Denn wer sich die großen Repräsentanten einzelner Kapitalmärkte, in Deutschland beispielsweise den DAX anschaut, wird einen steigenden Trend erkennen. Diese Eigenschaft nutzen Robo-Advisor für sich und bilden mithilfe der ETFs breit diversifizierte Portfolios, in denen der gesamte Weltmarkt abgebildet wird. Beim aktiven Stock-Picking hingegen werden komplexe und prognosebasierte Analysen durchgeführt, um am Ende die vielversprechendsten Aktien für das Portfolio zu finden. Einer Standard & Poor’s-Studie zufolge schaffen es trotzdem 86 Prozent der aktiven Fondsmanager nicht, die Marktrendite zu erwirtschaften. 

Market Timing

Jeder, der sein Geld am Kapitalmarkt investiert, wird versuchen, neben der Auswahl geeigneter Produkte, den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden. Das optimale Szenario für jeden Anleger: Einsteigen, wenn die Kurse gerade tief sind und aussteigen, sobald die Kurse hoch sind. Identifizierbar sind diese Zeitpunkte aber erst in Retroperspektive. Der anhaltende Bullenmarkt, in dem das tägliche Brechen von neuen Rekorden die neue Norm zu sein scheint, verunsichert viele Investoren. Der langfristige Investor sollte sich hiervon jedoch nicht beeindrucken lassen. Denn Datenanalysen zeigen: Wer auf dem Peak direkt vor dem Platzen der Dotcom Blase zur Jahrtausendwende oder analog der Finanzkrise im Jahr 2008 investiert hätte, wäre heute wieder komfortabel in der Gewinnzone. Beim langfristigen Vermögensaufbau besteht die wahre Kunst vielmehr darin, auch in einer Baisse investiert zu bleiben. Dennoch lassen sich viele von der Stimmung an den Kapitalmärkten oder von Panikberichterstattungen beeinflussen. Diese Fehler lassen sich vermeiden, wenn man die Geldanlage dem Algorithmus überlässt, der stets emotionsfrei Entscheidungen trifft.

Welche Gründe sprechen aus Ihrer Sicht am ehesten für Robo-Advisor?

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Die Anlagestrategien der Robo-Advisor

In Deutschland konkurrieren etwa ein Dutzend Robo-Advisor um die Anlagegelder von Investoren. Das Volumen des verwalteten Robo-Vermögens ist verglichen mit dem Gesamtanlagemarkt noch bescheiden. Das Wachstumstempo ist jedoch rasant. Die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman geht derzeit von einem investierten Vermögen von 30 Milliarden Euro in Deutschland im Jahr 2020 im Bereich Robo-Advisory aus. Doch wie grenzen sich die Robo-Advisor voneinander ab? Der bedeutendste Unterschied ist die zugrundeliegende wissenschaftliche Strategie, nach der das Geld angelegt und umgeschichtet wird. Zeit also, sich näher mit den Anlagemodellen der Robo-Advisor zu beschäftigen.

Insgesamt werden drei verschiedene Anlagestile unterschieden:

  1. Buy-and-Hold: Aktien und Anleihen werden mit langfristiger Perspektive gekauft und unverändert im Depot gehalten.
  2. Value-at-Risk: Ein gewähltes Risikomaß bestimmt die Wahrscheinlichkeit (z. B. 5 Prozent) zu dem ein gewisser Verlust nicht überschritten wird.
  3. Faktor-Investing: Der Investmentprozess richtet sich nach ausgewählten Renditefaktoren. Das damit einhergehende Risiko wird dann in der Regel über eine weltweite Streuung diversifiziert.

Kampf der Mathematiker

Robo-Advisor finden sich über all diese Anlagephilosophien verteilt. Wie bei Philosophien üblich, findet jede Strategie Befürworter und Kritiker. Der langfristige Ansatz der Buy-and-Hold-Strategie ist die einfachste Form der Portfolioallokation ohne langfriste Risikoanpassung. Value-at-Risk definiert den Verlust, den man zu einer bestimmten Wahrscheinlichkeit nicht überschreitet. Die Zuverlässigkeit dieser Strategie ist jedoch häufig Gegenstand der Kritik. Bei dem letzten Modell, dem sogenannten Faktor-Investing, werden einzelne Renditetreiber definiert, die einen nachhaltigen Performancezuwachs des Portfolios garantieren. Ginmon nutzt hierfür beispielsweise das Dreifaktorenmodell der Portfoliotheoretiker Fama und French und investiert neben einer breiten globalen Diversifikation in gut bewertete und kleine Unternehmen. Welche Strategie bisher am erfolgreichsten war, ergab ein erster Performance-Vergleich des auf ETF-Themen spezialisierten EXtra-Magazins zu Beginn dieses Jahres. Danach gab es einen deutlichen Performancevorsprung der Faktor-Investing-Strategien, während der Value-at-Risk-Ansatz deutlich abgeschlagen war. Auch wenn der Vergleich eine erste Indikation für Verbraucher darstellt, ist für einen aussagekräftigen Vergleich ein längerer Betrachtungszeitraum notwendig.

Ganz gleich für welchen Robo-Advisor sich der Anleger letzten Endes entscheidet: Alles ist besser als inaktiv zu sein und den Kapitalmarkt anderen Akteuren zu überlassen.

14. August 2017

2 thoughts on “Robo-Advisor: Investieren mit algorithmusbasierten Modellen”

  1. Michael Feiten sagt:

    Selbstverständlich haben Robo-Advisor ihr Momentum, in Teilen auch berechtigt. Und sie können auch mit dem Kostenargument punkten – zumindest vordergründig. Die versteckten Kosten innerhalb von ETFs sowie insbesondere die Risiken von einem Gros der ETFs, sind auch hier sehr ausführlich dargelegt worden:

    https://www.fondstrends.lu/digitalisierung-und-socialmedia/warum-es-gilt-auch-etfs-kritisch-zu-hinterfragen/

    Der Schlusssatz des Beitrags von Frau Naegele klingt zu schön, um wahr zu sein. Schließlich profitieren auch wir aktiven Fondsmanager davon, wenn Investoren ihr Geld anlegen, die Finanzmärkte dadurch Liquidität erhalten, etc. Doch ist nichts falscher, als prinzipiell aktiv sein zu wollen. Genau anders rum sollte es heißen: die wichtigste Entscheidung ist, ob man als Investor überhaupt an den Finanzmärkten aktiv sein muss, anstatt z.B. Cash zu halten (strategischer Blick).

    Direkt danach folgt die Frage: wie kann ich Vermögen möglichst so breit diversifiziert aufstellen, dass ich gerade nicht von einem Modell wie VaR, einer Marktphase etc. abhängig sein muss, wie es bei den digitalen Vermögensverwaltern trotz komplexester Optimierungen der Fall ist.

    Et voilà: die Achillesferse der (aktuellen) Robo-Advisor. Echte Diversifikation ist unmöglich mit ihnen, da alternative Anlageklassen mit de facto-Nullkorelationen zu Aktien/Renten (bis jetzt) noch nie ansatzweise gut über ETFs abbildbar waren (die Gründe aufzuzählen würde den Rahmen sprengen).

    1. Michael Feiten sagt:

      Das Manko, nicht diversifizieren zu können (nur mit Aktien und Renten – via ETFs, wohlgemerkt, was für viele Renten-Segmente ohnehin schon abenteuerlich ist), zeigt sich schön im „Echtgeld-Test“ seit Jahresanfang (wo – wie es oft in der Vergangenheit der Fall war – Aktien UND Renten gefallen sind):

      http://www.fondsprofessionell.de/news/maerkte/headline/echtgeld-test-robos-lassen-weiter-federn-142866/

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Autor

Lars Reiner

Lars Reiner ist Gründer und CEO von Ginmon. Vor seiner Zeit als Gründer war Reiner bei der Deutschen Bank als Management Berater tätig. Dort leitete er verschiedene Projekte u.a. im Privatkundengeschäft der Deutschen Bank.

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