Neuheit in Luxemburg: „RAIF“

Neuheit in Luxemburg: Der „Reservierte Alternative Investmentfonds“ („RAIF“)

Während des letzten Jahres haben Mitglieder der Luxemburger Finanzindustrie, mit Unterstützung der Regierung, die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine neue Form eines Luxemburger alternativen Investmentfonds („AIF“) geschaffen, der durch einen zugelassenen Verwalter alternativer Investmentfonds („AIFM“) verwaltet wird.

Diese neue Art von AIF, die im betreffenden Gesetzesentwurf als „reservierter alternativer Investmentfonds“ („RAIF“) bezeichnet wird, besitzt im Wesentlichen die gleichen Eigenschaften (und Flexibilitätsmargen) wie ein SIF¹-AIF, wobei der Hauptunterschied darin besteht, dass der RAIF nicht der Aufsicht durch die Luxemburger Aufsichtsbehörde (Commission de Surveillance du Secteur Financier oder „CSSF“) unterliegt.

Zeitnahe Gründung und Auflage

Im Gegensatz zu einem SIF ist für die Gründung und Auflegung eines RAIF eine CSSF-Genehmigung nicht notwendig. Folglich wird auch keine Genehmigung der Aufsichtsbehörde für die Änderung der Gründungsunterlagen, der Informationsdokumente oder der anderen, den Betrieb des RAIF betreffenden Dokumente benötigt. Somit genießen Anleger des RAIF nicht die Vorzüge eines verstärkten Anlegerschutzes, den die Überwachung durch eine Aufsichtsbehörde – wie zum Beispiel im Falle eines SIFs – mit sich bringt. Der zeitliche Rahmen für die Gründung und Auflegung eines RAIF wird jedoch im Hinblick auf einen schnellen Marktzugang attraktiver werden.

Bei OGAs², SIFs und SICARs³ erfolgt die Einhaltung der EU-Vorschriften im Bereich alternativer Investmentfonds in Luxemburg momentan durch ein „duales System“ der Zulassung und Überwachung durch die Aufsichtsbehörde. Die CSSF stellt sowohl die Überwachung der Luxemburger AIFMs als auch die Überwachung der OGAs, SIFs und SICARs sicher. In der Praxis bedeutet dies, dass ein AIFM, der sich in Luxemburg niederlassen möchte, um einen regulierten Luxemburger AIF zu verwalten (und von Luxemburg aus zu vertreiben), zuerst selbst von der CSSF als AIFM zugelassen werden muss und anschließend die separate Zulassung des betreffenden AIF erfolgen muss. Sobald der AIFM und der AIF zugelassen sind, werden sie gesondert von der CSSF beaufsichtigt.

„Die Luxemburger Fondsindustrie ist dabei, die Vorteile und Möglichkeiten der anfangs viel kritisierten AIFM-Richtlinie voll auszuschöpfen. Ein flexibler, aber nicht von der Aufsichtsbehörde überwachter AIF, der daher zeitnah aufgelegt werden kann und voll vom AIFM-Pass profitiert, hat bisher in der Auswahl an in Luxemburg verfügbaren Fondstrukturen gefehlt. Mit dem RAIF wir diese Lücke jetzt im zweiten Quartal 2016 geschlossen.“

Zitat Jacques Elvinger

Keine Aufsicht durch die CSSF

Dieses duale System der Zulassung und Überwachung beruht nicht auf der AIFM-Richtlinie4 sondern auf den rechtlichen Rahmenbedingungen für Luxemburger Investmentfonds, die seit dem ersten Gesetz über OGAs vom 25. August 1983 eine ständige Überwachung Luxemburger Investmentfonds durch die luxemburgische Aufsichtsbehörde vorsehen.

Die momentane Regelung, die einen zusätzlichen Schutz der Anleger gewährleistet, ist für institutionelle, professionelle oder sonstige erfahrene Anleger, die aus Kostenüberlegungen und / oder Gründen der Flexibilität bereit sind, auf diesen zusätzlichen Schutz zu verzichten, nicht unbedingt erforderlich. Außerdem findet sie in anderen EU-Mitgliedstaaten oder Drittländern keine Anwendung, wenn der betreffende AIF in seinem Heimatland nicht der separaten Zulassung und Überwachung unterliegt.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors zu erhalten, soll nun nach Aussage des Regierungsrats mit dem RAIF ein Anlagevehikel zur Verfügung gestellt werden, das – wie bereits der SIF und die SICAR – institutionellen und professionellen Anlegern sowie bestimmten erfahrenen Anlegern vorbehalten ist.

Überwachung durch AIFM

Da der RAIF ein AIF ist, der von einem zugelassenen AIFM (der entweder in Luxemburg oder einem anderen EU-Mitgliedsstaat ansässig sein kann) verwaltet wird, obliegt es dem AIFM, sicherzustellen, dass der RAIF alle Anforderungen der AIFM-Richtlinie erfüllt. Die Aufsicht über den RAIF erfolgt demnach auf indirekte Art und Weise durch die Überwachung des AIFM durch die für ihn zuständige Aufsichtsbehörde.

Ansonsten besitzt der RAIF die gleichen Merkmale wie ein SIF-AIF, insbesondere hinsichtlich der vielen verschiedenen verfügbaren Rechtsformen (Investmentgesellschaft und Sondervermögen), der Freiheit in Bezug auf zulässige Vermögenswerte oder Anlagepolitiken, der Möglichkeit zur Auflage mehrerer Teilfonds und Klassen, der flexiblen Kaufs-, Rückkaufs- und Vertriebsmerkmale und der Steuerregelung der taxe d’abonnement zum Satz von 0,01% (oder unter bestimmten Umständen zum Satz von Null).

Hohe Flexibilität wird geboten

Beschränkt ein RAIF seine Anlagepolitik in seinen Gründungsdokumenten auf Anlagen in Risikokapital, muss er nicht gemäß dem Grundsatz der Risikostreuung verfahren und unterliegt der gleichen Steuerregelung wie der, die gegenwärtig auf SICARs anwendbar ist.

Da der RAIF ein von einem zugelassenen AIFM verwalteter AIF ist, wird er die Vorzüge des gemäß der AIFM-Richtlinie zur Vermarktung an professionelle Investoren in der EU gewährten Europäischen Passes nutzen können. Wenn der AIFM-Pass für Drittländer zugänglich wird, wird dies auch für AIFMs aus Drittländern gelten.

Davon ausgehend, dass das Gesetzgebungsverfahren ca. sechs Monate in Anspruch nehmen wird, ist zu erwarten, dass diese neue Art von AIF im Laufe des 2. Quartals des Jahres 2016 verfügbar sein wird.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an unsere Ansprechpartner Jacques Elvinger, Gast Juncker oder Eva Brauckmann von Elvinger Hoss Prussen.

1. März 2016

¹ Spezialisierter Investmentfonds (Fonds d’Investissement Spécialisé) gemäß dem geänderten Gesetz vom 13. Februar 2007 über spezialisierte Investmentfonds.

² Organismen für gemeinsame Anlagen (Organismes de Placement Collectif) gemäß dem geänderten Gesetz vom 17. Dezember 2010 über Organismen für gemeinsame Anlagen.

³ Investmentgesellschaften zur Anlage in Risikokapital (Société d’Investissement en Capital à Risque) gemäß dem geänderten Gesetz vom 15. Juni 2004 über die Investmentgesellschaft zur Anlage in Risikokapital (SICAR).

4 Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010.

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Zusammengefasst
  • Hohe Attraktivität durch zeitnahe Gründung und Auflage
  • Management durch einen zugelassenen AIFM
  • Der RAIF unterliegt nicht der Aufsicht der CSSF
  • Auflage mehrerer Teilfonds sowie Klassen möglich
  • Flexible Gesellschaftsformen und Strukturen
  • Nutzung der Vermarktungsvorteile des Europäischen AIFM-Passes
Thema

Grünes Licht für RAIF durch Regierungsrat am 27. November 2015

Laut der Mitteilung der Informations- und Presseabteilung handelt es sich hierbei um „eine neue Form von AIFs, die nicht der Genehmigung und der Aufsicht der CSSF unterliegt, obwohl sie die gleiche Flexibilität hinsichtlich der Strukturierung wie OGAs, SIFs und SICARs genießt“. Am 14. Dezember 2015 wurde der entsprechende Gesetzesentwurf mit der Nummer 6929 bei der Abgeordnetenkammer hinterlegt und ist nunmehr auf deren Webseite in französischer Sprache verfügbar.

Autor

Eva Brauckmann

Eva Brauckmann, Rechtsanwältin / Avocat à la Cour, ist Senior Associate der Kanzlei Elvinger Hoss Prussen in Luxemburg. Sie arbeitet vorwiegend im Bereich Investmentfonds und Investmentgesellschaften.

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