Die Reform des Investmentsteuerrechts: Erfahrungen aus der Praxis (Teil 1)

Was ist der (kleine) Unterschied zwischen Aktien und ADR?

Zum 1. Januar 2018 ist das neue Investmentsteuergesetz in Kraft getreten. Auf FondsTrends wurde darüber schon von verschiedenen Autoren und aus unterschiedlichen Perspektiven ausführlich berichtet.

Da das neue Recht die alten steuerlichen Regelungen für Investmentfonds und deren Anleger durch völlig neue ersetzt hat, gibt es in der Praxis von Fondsmanagern und Investoren viele neue Fragen, die sich vorher so noch nie gestellt haben. Diese Fragen möchten wir in dieser Serie zukünftig aufgreifen und für Sie die Antworten liefern.

Aktien und ADR - wirtschaftlich und steuerlich das Gleiche?

ADR steht für American Depositary Receipt. Bei Wikipedia findet sich unter diesem Begriff der folgende Einleitungssatz:
„Als American Depositary Receipt (ADR, oft auch American Depository Receipt oder American Depositary Share) werden auf Dollar lautende, von US-amerikanischen Depotbanken (depositary banks) in den USA ausgegebene Aktienzertifikate bzw. Hinterlegungsscheine bezeichnet, die eine bestimmte Anzahl hinterlegter Aktien eines ausländischen Unternehmens verkörpern und an ihrer Stelle am US-Kapitalmarkt wie Aktien gehandelt werden. Genau genommen ist ein ADR ein Zertifikat, das von einem US-amerikanischen Kreditinstitut ausgestellt wird, das die zugrundeliegenden Aktien in Verwahrung genommen hat.“

Zur Aktie findet sich dagegen auf Wikipedia folgender Einleitungssatz:
„Die Aktie (englisch share) ist ein Wertpapier, das den Anteil an einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien verbrieft.“

So weit, so gut – das klingt sehr juristisch und theoretisch. Der erfahrene Fondsmanager oder Vermögensverwalter mag nun einwenden, dass Aktien und ADR, wirtschaftlich betrachtet, vergleichbare Investments sind.Das ist richtig – die Frage ist nur, ob sich nun mit der Einführung des neuen Investmentsteuergesetzes steuerlich andere Konsequenzen ergeben; je nachdem, ob der Manager für den Investmentfonds Aktien oder ADR kauft.

Aktienfonds und sog. Kapitalbeteiligungen

Will ein Anleger bei der Ausschüttung der jährlichen neuen Vorabpauschale oder auch beim Verkauf seiner Fondsanteile von einer möglichst hohen steuerlichen Teilfreistellungsquote profitieren, wird er seit dem 1. Januar 2018 verstärkt in solche Investmentfonds investieren, die die Voraussetzungen für einen „Aktienfonds“ nach § 2 Absatz 6 InvStG erfüllen. Verkauft z. B. ein privater Anleger seine Anteile an einem solchen Aktienfonds, sind 30% des Gewinnes von der Einkommensteuer befreit.

Der Gesetzgeber hat für Aktienfonds explizit vorgeschrieben, dass sie gemäß den Anlagebedingungen fortlaufend mindestens 51% ihres Wertes in sog. „Kapitalbeteiligungen“ anlegen müssen.
Was eine Kapitalbeteiligung ist, hat der Gesetzgeber ebenfalls ausdrücklich geregelt§ 2 Abs. 8 InvStG erläutert dies ausführlich. Hier findet sich in Nr. 1 auch die kurze Feststellung, dass es sich um zum amtlichen Handel an einer Börse zugelassene oder auf einem organisierten Markt notierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft handelt. Damit ist klar, dass Aktien Kapitalbeteiligungen sind, weil sie dem Aktionär die direkte Beteiligung an einem Unternehmen vermitteln.

Dagegen sind ADR lediglich Zertifikate oder Hinterlegungsscheine, vermitteln jedoch nicht die direkte unternehmerische Beteiligung.

Juristisch völlig folgerichtig hat das deutsche Bundesfinanzministerium deswegen bereits vor dem Jahreswechsel in einem Schreiben vom 8. November 2017 klargestellt, dass Hinter-legungsscheine auf Aktien keine Kapitalbeteiligungen darstellen, da sie selbst keine Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind.

Wirtschaftlich bedeutet das: Kauft der Fondsmanager zu viele ADR, gefährdet er unter Umständen den steuerlichen Status als Aktienfonds, weil die Kapitalbeteiligungsquote von 51% nicht mehr erreicht wird!

ADR sind die bekanntesten Hinterlegungsscheine auf Aktien. Daneben gibt es noch sog. Global Depositary Receipts (GDR) oder European Depositary Receipts (EDR). Auch hier handelt es sich aus der Sicht des neuen Investmentsteuerrechtes nicht um sog. Kapitalbeteiligungen.

Fazit

Wirtschaftlich sind Aktien und ADR in der Tat vergleichbare Investments. Seit dem Inkrafttreten des neuen Investmentsteuergesetzes macht es aber steuerlich für den Anleger eines Investmentfonds, der als „Aktienfonds“ klassifiziert sein will, einen erheblichen Unterschied, ob der Investmentmanager in Aktien oder ADR investiert.

Beschäftigt auch Sie ein Thema im Zusammenhang mit dem Investmentsteuerreformgesetz, zu dem Sie detaillierte Informationen benötigen? Lassen Sie es uns wissen – wir greifen es gerne für Sie im nächsten Teil auf.

 

22. März 2018

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Autor

Fenja Olk-Puder

Fenja Olk-Puder ist Rechtsanwältin (Deutschland), Steuerberaterin (Deutschland). Sie verfügt über eine Berufserfahrung von mehr als 15 Jahren. Zunächst war sie 3 Jahre als Associate bei einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei in Frankfurt am Main in den Bereichen Merger & Acquisition und Litigation (Verfahrensführung und Nichtzulassungsbeschwerden beim Bundesfinanzhof) tätig. Seit 2005 hat Frau Olk-Puder in Luxemburg bei einer internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet. Sie war dort in den letzten vier Jahren alleine verantwortlich für die gesamte steuerliche Beratung im Bereich Investmentfonds, einschließlich der steuerlichen Betreuung von betrieblichen und privaten Anlegern. Seit Januar 2018 ist Frau Olk-Puder Head of Tax & Regulatory bei Hauck & Aufhäuser Fund Services S.A.. Frau Olk-Puder ist spezialisiert auf die Beratung von Investmentvermögen, vermögenden Privatkunden und den gesamten Komplex der nationalen und internationalen Besteuerung von Kapitaleinkünften.

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