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Das RAIF-Gesetz im durch den Markt beeinflussten Wandel

Aufgrund unterschiedlicher Auslegungen des Gesetzes vom 23. Juli 2016 über alternative Investmentfonds (das „RAIF-Gesetz”) durch Luxemburger Praktiker bestanden Unsicherheiten unter anderem in Bezug auf (i) die Verwaltung von FCP-RAIFs (Fonds commun de placement) und (ii) die Möglichkeit zur Umwandlung von FCP-RAIFs in SICAV-RAIFs (Société d’investissement à capital variable“). Diese wurden nunmehr durch das Gesetz vom 16. Juli 2019 (das “Gesetz”) teilweise ausgeräumt. Jedoch wurde durch den Gesetzgeber die Gelegenheit vertan, (iii) weitere sich in Diskussion befindlichen Punkte zu klären.

Durch das Gesetz, welches vornehmlich Bestimmungen zur Durchführung einiger EU-Verordnungen (Verbriefung-, EuVECA-, EuSEF-, ELTIF- und MMF-Verordnung) zum Gegenstand hat, erfolgten die für die Rechtssicherheit notwendigen Klarstellungen. Die Tatsache, dass die Gesetzesänderungen innerhalb eines solchen Gesetzes erfolgten, ist ein erneuter Beweis dafür, dass der Luxemburger Gesetzgeber den Finanzmarkt und dessen Akteure genauestens im Auge hat und Gelegenheiten zu Gesetzesanpassungen nutzt. Der Gesetzgeber ist stets “am Ball” und reaktiv in Bezug auf die in der Anwendung der Gesetze auftretende Unsicherheiten und die zum Teil öffentlich geführten Diskussionen.

Es sei diesbezüglich daran erinnert, dass in Luxemburg ein sehr guter und stetiger Kontakt zwischen den staatlichen und privaten Akteuren sowie zwischen den privaten Akteuren selbst besteht. So erfolgten die Klarstellungen des Gesetzgebers letztlich auf Grundlage eines Vorschlags der Luxembourg Private Equity & Venture Capital Association (LPEA), welche sich in ihren regelmäßigen Sitzungen ausgiebig mit den Gesetzen, deren Anwendung durch die verschiedenen Akteure, etwaiger Rechtsunsicherheiten und den möglichen Verbesserungen befasst.

Nunmehr sehen wir, Wildgen S.A., und einige andere Akteure uns in unserem Verständnis des RAIF-Gesetzes durch den Gesetzgeber bestätigt, begrüßen die Annahme der vorgeschlagenen Änderungen und nehmen dies zum Anlass, Ihnen die erfolgten Änderungen des RAIF-Gesetzes und die hierdurch erfolgten Klarstellungen sowie einige sich weiter in Diskussion befindlichen Punkte in der gebotenen Kürze darzustellen.

(i) Die Verwaltung von FCP-RAIFs

Das Gesetz bestimmt in Artikel 23, dass in Artikel 8 des RAIF-Gesetzes die Worte „die die in Artikel 125-1 oder 125-2 genannten Bedingungen erfüllen“ durch die Worte „nach den Kapiteln 15, 16 oder 18 genehmigt“ ersetzt werden.

Diese, bei erster Lektüre zunächst möglicherweise unbedeutend anmutende Änderung ist jedoch von maßgeblicher Bedeutung, wird hierdurch doch klargestellt, dass einige Akteure diesen Verweis fehlerhaft verstanden hatten.

Doch der Reihe nach: Der ursprüngliche Artikel 8 des RAIF-Gesetzes bestimmte, dass ein FCP-RAIF durch eine luxemburgische Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden muss, die die Bedingungen des Artikels 125-1 oder 125-2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2010 über Organismen für gemeinsame Anlagen, in seiner jeweils geltenden Fassung (das „OGAW-Gesetz”), erfüllen. Da diese Artikel 125-1 und 125-2 des OGAW-Gesetzes in Kapitel 16 „Sonstige Verwaltungsgesellschaften des OGAW-Gesetzes“ angesiedelt sind und bestimmen, unter welchen Voraussetzung einer sogenannten „Kapitel 16 Verwaltungsgesellschaft” die Genehmigung erteilt wird, schlussfolgerten einige Akteure, dass lediglich „Kapitel 16 Verwaltungsgesellschaften“ zur Verwaltung von FCP-RAIFs befugt wären. Dieses Verständnis des Verweises hatte denknotwendig eine weitere vertretene Ansicht zur Folge: Verwaltungsgesellschaften, die solche OGAW verwalten, die unter die Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) fallen (die “Kapitel 15 Verwaltungsgesellschaften”), seien nicht zur Verwaltung von FCP-RAIFs befugt. Auch wurde hiermit begründet, dass Verwaltungsgesellschaften, die nach Kapitel 18 des OGAW-Gesetzes zugelassen sind, ebenfalls von der Verwaltung eines FCP-RAIF ausgeschlossen wären.

Unser nunmehr auch bestätigtes Verständnis des ehemaligen Artikels 8 des RAIF-Gesetzes war, dass FCP-RAIFs durch Verwaltungsgesellschaften verwaltet werden dürfen, die die Voraussetzungen der Artikel 125-1 oder 125-2 OGAW-Gesetz erfüllen. Dieses Verständnis war, unserer Ansicht nach, schon aufgrund des Wortlauts geboten. Zur Erinnerung der ehemalige genaue Wortlaut des Artikels 8 des RAIF-Gesetzes: „Ein unter dieses Gesetz fallender Investmentfonds muss von einer nach luxemburgischem Recht gegründeten Verwaltungsgesellschaft verwaltet werden, die die Bedingungen des Artikels 125-1 oder 125-2 des OGAW-Gesetzes in seiner derzeit gültigen Fassung erfüllt.”. Diese Bedingungen können jedoch, schon aufgrund der gewählten Formulierung, nicht die Zulassung von Kapitel 16 Verwaltungsgesellschaft beinhalten. Insofern war die oben dargestellte gegenteilige Auffassung für uns nur schwer nachzuvollziehen.

Mit der nunmehr geänderten Fassung des Artikels 8, welcher sämtlichen nach den Kapiteln 15, 16 und 18 zugelassenen Verwaltungsgesellschaften die Verwaltung von FCP-RAIFs gestattet, wurde Klarheit geschaffen.

(ii) Die Umwandlung von FCP-RAIFs in SICAV-RAIFs

Nach Einführung des RAIF durch das RAIF-Gesetz sind dessen Vorzüge – er kombiniert die rechtlichen und steuerlichen Aspekte des Specialised Investment Fund (SIF) mit den Investment Companies in Risk Capital (SICARs), ohne von der Luxemburger Finanzaufsichtsbehörde, der Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF), kontrolliert zu werden – weiterhin unbestritten. Daher ist es nicht überraschend, dass der RAIF als eine bedeutende Erweiterung des Luxemburger Investmentfonds-Angebotes angesehen wird und seit nunmehr mehr als drei Jahren viel darüber geschrieben und diskutiert wird.

Aus obigem Punkt (i) zur Verwaltung des FCP-RAIF kann entnommen werden, dass das RAIF-Gesetz, so wie jedes neue Gesetz, nicht nur ganz allgemeine, oftmals politisch geführte Diskussionen auslöst, sondern auch solche zu einzelnen sehr spezifischen Punkten. Auch kann Obigem entnommen werden, dass diese Diskussionen oft fruchtbarer Natur sind, d.h. Gesetzesänderungen im Interesse der Anleger zur Folge haben.

Zu den geführten Diskussionen gehört auch die Vergleichbarkeit der Umwandlungsmöglichkeiten verschiedener Luxemburger Investitionsvehikel, da das RAIF-Gesetz keine Bestimmungen bezüglich der Umwandlung von FCP-RAIFs in SICAV-RAIFs enthielt.

Das Gesetz führt nunmehr durch seinen Artikel 24 einen neuen Absatz 12 in Artikel 49 des RAIF-Gesetzes ein, der klarstellt, dass ein FCP-RAIF in einen SICAV-RAIF umgewandelt werden kann.

Klargestellt wird jedoch lediglich, unter welchen Bedingungen eine Umwandlung erfolgen darf. Für die Umwandlung und die entsprechende Anpassung der Gründungsdokumente sowie des Prospektes ist nach dem neuen Artikel 49 Absatz 12 RAIF-Gesetz ein Beschluss der Hauptversammlung mit einer 2/3-Mehrheit der anwesenden oder vertretenen Anteilsinhaber notwendig. Die Einberufung zu der Hauptversammlung hat nach den auf Aktiengesellschaften anwendbaren Bestimmungen zu erfolgen.

Weitere Regelungen, wie die Umwandlung genau zu erfolgen hat, bestehen allerdings nicht. Dies bleibt dann weitgehend der Praxis überlassen.

(iii) Weitere Diskussionen

Ein, in unseren Augen, hervorzuhebender Punkt, der sich aktuell in Diskussion befindet, ist ferner der Artikel 34 des RAIF-Gesetzes, der sich mit den Gründungsvoraussetzungen von RAIFs befasst. In seiner derzeitigen Fassung bestimmt Artikel 34 Abs. 1 des RAIF-Gesetzes, dass jede Gründung eines RAIF innerhalb von 5 Werktagen nach seiner Gründung in einer notariellen Urkunde festgehalten werden muss. Dies erscheint uns, angesichts der oftmals erfolgten notariellen Feststellung der Satzung bzw. des Gesellschaftsvertrags eines RAIF in einer notariellen Urkunde, als eine überflüssige und unnötig Kosten verursachende Bestimmung. Nach unserem Dafürhalten sollten von dieser Pflicht diejenigen RAIFs, deren Satzung bzw. deren Gesellschaftsvertrag bereits in einer notariellen Urkunde festgehalten wurde, hiervon ausgenommen werden. Sofern der Gesetzgeber dieser weit verbreiteten Auffassung folgen sollte, müsste Artikel 34 Abs. 2 des RAIF-Gesetzes entsprechend angepasst werden, so dass die Einreichung beim luxemburgischen Handels- und Gesellschaftsregister innerhalb von 15 Werktagen nach Gründung oder Feststellung der Gründung durch notarielle Urkunde zu erfolgen hätte.

Ein weiterer in Diskussion befindlicher Punkt ist der aktuelle Artikel 44 Abs. 1 des RAIF-Gesetzes. Dieser bestimmt, dass keine Gesellschaft den Anschein von Tätigkeiten erwecken darf, die unter die Rechtsvorschriften über RAIFs fallen, es sei denn, sie ist in die Liste nach Artikel 34 aufgenommen. Dies hat zur Folge, dass der Vertrieb erst nach entsprechender Eintragung beginnen kann. Dies ist, nach unserer Auffassung, eine unnötige Verzögerung des Vertriebes; auch wenn für andere Vehikel ein solches Erfordernis mit dem Argument verfängt, dass die Eintragung als Zulassungsnachweis dient. Als nicht unter der Aufsicht der CSSF stehendes Vehikel ist die Eintragung eines RAIF in die Liste nach Artikel 34 des RAIF-Gesetzes eine reine Formalie und dient der Information der Öffentlichkeit. Nicht mehr und nicht weniger. Daher ist es, unserer Ansicht nach, für den Beginn der Tätigkeit ausreichend, dass ein RAIF die Eintragung auf besagte Liste beantragt hat.

Sofern eine entsprechende Anpassung des Artikels 44 des RAIF-Gesetzes erfolgen sollte, müsste auch Artikel 52 dieses Gesetzes angepasst werden. Dieser bestimmt, dass bereits die Erweckung des Anscheins, unter die Rechtsvorschriften über RAIF zu fallen, ohne gemäß Artikel 34 auf der Liste eingetragen zu sein, mit einer Haftstrafe von einem Monat bis zu einem Jahr und einer Geldstrafe von EUR 500 bis EUR 25.000 oder einer dieser beiden Strafen geahndet wird. Hier müsste die Klarstellung erfolgen, dass ein strafbewährtes Handeln nur vorliegt, wenn noch kein Antrag auf Eintragung gestellt wurde.

Auch müsste in Artikel 34 Abs. 3 des RAIF-Gesetzes klargestellt werden, dass der Antrag auf Eintragung innerhalb von 20 Tagen nach Feststellung seiner Gründung durch notarielle Urkunde zu erfolgen hat.

Wir, Wildgen S.A., werden uns weiter an den Diskussionen zum RAIF-Gesetz beteiligen und sowohl weitere Gesetzesänderungen als auch diesbezüglich erfolgende Auslegungs- und Anwendungsbestimmungen weiter verfolgen. Gerade in Bezug auf dieses noch recht junge Gesetz dürften noch Anpassungen erfolgen, um den Anforderungen des Marktes und den Interessen der Anleger gerecht zu werden. Wir alle dürfen gespannt sein, wie sich der Gesetzgeber in den nächsten Monaten hierzu positioniert.

Für weitere Fragen im Zusammenhang mit dem RAIF-Gesetz stehen Ihnen unsere qualifizierten Anwälte aus der Practice Group Investmentfonds gerne zur Verfügung.

 

04. November 2019

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Autor

Mevlüde-Aysun Tokbag

Mevlüde-Aysun Tokbag ist Partnerin & Rechtsanwältin bei Wildgen S.A. und hat mehr als 10 Jahre Erfahrung im Fonds- sowie Finanzmarktrecht, überwiegend im grenzüberschreitenden Deutsch-Luxemburgischen Rechtsverkehr. Seit 2015 leitet Frau Tokbag auch den kanzleiintern neu gegründeten German Desk und betreut mit ihrem Team, bestehend aus mehreren Rechtsanwälten, vorwiegend deutsche Unternehmen, Versicherungsgesellschaften sowie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute in ihren luxemburgischen Projekten.

Autor

Fabian Frankus

Fabian Frankus ist Associate & Rechtsanwalt bei Wildgen S.A. Als Mitglied des kanzleiinternen German Desk berät er insbesondere deutschsprachige Mandanten bei ihren luxemburgischen Projekten im Bereich Investmentfonds und im Gesellschaftsrecht.

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