Die letzten Jahre waren nicht einfach für die Hotellerie. Die einzelnen Segmente der Hotelimmobilien entwickelten sich jedoch sehr unterschiedlich: Die Ferienhotellerie erholte sich deutlich schneller von Pandemie-bedingten Einschränkungen als die Stadthotellerie. Woran das liegt und welche Chancen, aber auch Herausforderungen mit Investments in Ferienhotels verbunden sind, erläutert Anton Tjoonk, CEO der EV Asset Management AG.
Beherberungsverbote, Reduzierung von Geschäftsreisen, Absagen von Veranstaltungen, strenge Auflagen bei Öffnungen und Personalmangel: Zahlreiche Faktoren setzten der Hotelbranche im Zuge der Corona-Pandemie zu. Eine Analyse von mrp hotels im Auftrag von Engel & Völkers Asset Management zeigt jedoch, dass Hotel nicht gleich Hotel ist. Betrachtet wurden dabei exemplarisch Beherbergungsbetriebe in Zentraleuropa in den Jahren 2019 und 2020. Die Ferienhotellerie zeigte sich in diesem Zeitraum deutlich krisenresilienter als die Stadthotellerie. Während Ferienhotels nach den Beherbergungsverboten und Reisebeschränkungen sogar eine höhere Auslastung und teilweise auch gestiegene Zimmerraten registrierten als zuvor, schaffte es die Stadthotellerie oft noch nicht auf Vor-Krisen-Niveau zurück.
Reiselust ist ungebrochen
Für die großen Unterschiede in der Entwicklung zwischen Stadt- und Ferienhotellerie dürfte auch die Verlagerung des Arbeitsleben ins Virtuelle mitverantwortlich sein. Die Zahl der Geschäftsreisen stieg durch die Erfahrungen mit Homeoffice und Videokonferenzen noch nicht wieder auf Vor-Pandemie-Niveau an. Auch größere Veranstaltungen waren mit Unwägbarkeiten in der Organisation verbunden, es wurde zurückhaltend geplant. Die Reiselust hingegen hat sich durch die Corona-Pandemie noch verstärkt – es ging während der Pandemie allerdings weniger in die großen Metropolen, sondern an Ziele, die mit Naturerlebnissen und der Möglichkeit, Abstand zu halten, lockten.
Neue Trends im Reiseverhalten
Insgesamt beobachten wir, bedingt auch durch die Corona-Pandemie, neue Trends im Reiseverhalten, die sich auf den Betrieb von Ferienhotels auswirken. So hat sich der Wunsch nach Flexibilität verstärkt: Reisende buchen häufiger erst kurzfristig. Wer sich weit im Voraus für eine Reise entscheidet, erwartet faire Stornierungsmöglichkeiten. Für Hotelbetreiber erschwert dies die Ressourcenplanung enorm.
Festzustellen ist auch, dass die Reiseziele näher am Wohnort liegen. Während der Pandemie wollten Reisende die Möglichkeit haben, schnell wieder zu Hause sein, möglichst mit dem eigenen Auto. Urlaubsziele in der Nähe wurden (wieder) entdeckt. Des Weiteren beobachten wir den Trend, dass heute häufiger gereist wird, dafür aber kürzer. Das verlängerte Wochenende, ein paar Tage raus: Reiseziele, die innerhalb von maximal drei bis vier Stunden erreicht werden können, sind attraktiv. Damit verbunden ist auch die Entwicklung, dass die Saisonalität bei Reisen abnimmt. An den Nord- und Ostseeküsten gibt es bereits heute kaum noch die klassische Nebensaison.
Nachhaltigkeitskriterien werden wichtiger
Auch Nachhaltigkeitskriterien spielen bei der Hotelauswahl eine immer größere Rolle. Regionale Produkte, faire Entlohnung der Mitarbeitenden, nachhaltige Baumaterialien, geringer Energieverbrauch: Neben der eigentlichen Ausstattung achten immer mehr Reisende auch auf ESG-Aspekte beim Buchen. Zahlreiche Zertifikate wie das EU Ecolabel, EarthCheck oder Bio Hotels geben hier Orientierung.
Revitalisierung statt Neubau
Als Asset Manager berücksichtigen wir diese Entwicklungen im Reiseverhalten bei der Auswahl unserer Investmentprodukte. Ein wesentliches Kriterium ist dabei die Lage der Hotelimmobilien, denn die Nettoanfangsrenditen unterscheiden sich je nach Destination stark. Im ländlichen, mediterranen Raum sind sie im Durchschnitt höher als beispielsweise in der Alpenregion.
Außerdem haben wir uns aktuell gegen Investments in Hotel-Neubauten entschieden. Die Verfügbarkeit von Baustoffen, ihre Preisentwicklung, aber auch die Dauer von Genehmigungsverfahren sind nur schwer kalkulierbar. Für unseren Fonds haben wir deshalb bestehende Objekte in einzigartigen, nicht reproduzierbaren Lagen erworben. Durch eine Revitalisierung werden bzw. wurden diese aufgewertet, erfüllen höchste Ansprüche und bieten somit ein attraktives Ertragspotenzial.
Diversifikation entscheidend für Anlageerfolg
Wichtig ist uns auch eine Diversifikation des Portfolios über unterschiedliche europäische Länder und Rendite-Risiko-Profile der Hotels. Interessant finden wir derzeit Ziele in der mediterranen Region, aber auch rund um die Nordsee und in den Alpen. Wir fokussieren uns ausschließlich auf die gehobene Ferienhotellerie und analysieren hier sowohl kleine, exklusive Hotels als auch größere Anlagen.
Ferienhotellerie bleibt interessant für Investoren
Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die Ferienhotellerie in der Corona-Pandemie krisenresilient gezeigt hat. Daher bleibt sie auch für Investoren interessant. Wichtig ist, Hotelprodukte zu wählen, die gut für die neuen Trends im Reisen aufgestellt sind. Das Thema Nachhaltigkeit spielt nicht nur für Reisende, sondern auch für Investoren eine immer größere Rolle, allein schon aufgrund der EU-Taxonomie. Wer breit über unterschiedliche Destinationen und Profile streut, findet in der Ferienhotellerie eine attraktive Anlageklasse.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass sich die Ferienhotellerie in der Corona-Pandemie krisenresilient gezeigt hat.
25. Mai 2022
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Anton Tjoonk
Anton Tjoonk ist CEO der EV Asset Management AG. Zuvor fungierte er als Head of Investment bei Garbe Institutional Capital und war viele Jahre bei namhaften Unternehmen wie Bouwfonds und Patrizia sowie dem Family Office Reggeborgh in unterschiedlichen Positionen tätig, unter anderem als Investment- und Fondsmanager. Anton Tjoonk hat einen Bachelor of B.A. an der Saxion University of Applied Sciences, Enschede, und einen Master in Real Estate Management an der Greenwich University erworben.