Am 20. Juli 2022 hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ihre Q&A zur Anwendung der AIFMD aktualisiert.[2] Damit hat die ESMA klargestellt, dass auch beim Drittvertrieb der Investmentfondsmanager (AIFM oder OGAW-Verwaltungsgesellschaft) dafür verantwortlich ist sicherzustellen, dass Marketing-Anzeigen den rechtlichen und regulatorischen Anforderungen entsprechen. Seit 2. Februar 2022 gelten die Leitlinien der ESMA 34-45-1272 für Marketing-Anzeigen [3] (nachfolgend „die Leitlinien“). Die CSSF hat die Anwendbarkeit der Leitlinien für Luxemburger Investmentfonds mit dem CSSF Rundschreiben 22/795 bestätigt. Daher werden nachfolgend noch einmal die wesentlichen Aussagen der Leitlinien rekapituliert.
Zweck
Die ESMA Leitlinien konkretisieren die Anforderungen Richtlinie (EU) 2019/1160 und der Verordnung (EU) 2019/1156 (Marketingverordnung) im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds, die seit dem 2. August 2021 anzuwenden sind. Insbesondere werden die Anforderungen des Art. 4 Abs. 1 der Marketingverordnung präzisiert. Ziel der Leitlinien ist es, gemeinsame Grundsätze im Hinblick auf die Kennzeichnung und den Inhalt von Marketing-Anzeigen aufzustellen und damit die Regelungen im grenzüberschreitenden Vertrieb zu harmonisieren und bürokratische Hürden abzubauen. Dennoch sollen die Leitlinien nicht etwas die bestehenden jeweils anwendbaren nationalen Regelungen ersetzen, sondern diese lediglich ergänzen.
Geltungsbereich
Die Leitlinien gelten für europäische OGAW-Verwaltungsgesellschaften, selbstverwaltete OGAW-Investmentgesellschaften, AIFMs und intern verwaltete zugelassene AIFs, sowie für Verwalter von EuVECAs/EuSEFs (im Sinne der EuVECA/EuSEF-Verordnungen) (nachfolgend „IFMs“). Ausgenommen von den Regelungen sind registrierte AIFM sowie Nicht-EU-AIFM.
Was fällt unter den Begriff der Marketing-Anzeigen?
Die Leitlinien gelten für alle Marketing-Anzeigen, die sich an (potentielle) Anleger von Investmentfonds richten, einschließlich solcher, die als EuVECA, EuSEF, ELTIF und Geldmarktfonds aufgelegt wurden, unabhängig von Format oder Inhalt. Sie gelten jedoch nicht für das Pre-Marketing Regime von AIFs. Die Leitlinien enthalten eine nicht erschöpfende Liste der Arten von Mitteilungen, die als Marketing-Anzeigen anzusehen sind, sowie eine Negativliste aller Arten von Anzeigen, die nicht unter die Leitlinien fallen:
Kernelemente der ESMA Leitlinien
Die Leitlinien greifen folgende Kernelemente aus Art. 4 Abs. 1 der Marketingverordnung auf:
- Kenntlichmachung von Marketing-Anzeigen
- Vergleichbare und deutliche Beschreibung von Chancen & Risiken
- Fairer, eindeutiger und nicht irreführender Charakter von Marketing-Anzeigen
Grundsätzlich gilt, dass alle Informationen in der Anzeige mit denen in den rechtlichen und regulatorischen Dokumenten des betreffenden Investmentfonds korrespondieren bzw. diesen nicht widersprechen sollten.
Kenntlichmachung von Marketing-Anzeigen
Bisher gab es keine einheitlichen Standards, wonach Marketing-Anzeigen eindeutig als solche kenntlich gemacht werden mussten
Vergleichbare und deutliche Beschreibung der Chancen & Risiken
Bei Marketing-Anzeigen besteht das Risiko, dass potentielle Gewinnchancen ohne einen gleichzeitigen Hinweis auf die Risiken, die mit dem Investment einhergehen, beworben werden.
Fairer, eindeutiger und nicht irreführender Charakter von Marketing-Anzeigen
Die elementare Formel, dass Marketing-Anzeigen „fair, eindeutig und nicht irreführend“ sein dürfen, ist nicht neu. In den Leitlinien wurden nun diese Begriffe aufgegriffen und die Anforderungen konkretisiert, die hiermit verbunden sind.
Die Beurteilung der Inhalte einer Marketing-Anzeige ist am Verständnis eines durchschnittlichen Mitglieds der Anlegergruppe, an die sich die Anzeige richtet oder die sie wahrscheinlich erhält¸ vorzunehmen. Mit anderen Worten, IFMs sollten bei der Erstellung von Marketing-Anzeigen einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab anlegen, wenn der Investmentfonds auch Kleinanlegern offen steht.
Fazit
Die Leitlinien bringen mehr Klarheit im Hinblick auf die Kennzeichnung und den Inhalt von Werbemitteilungen und sind somit eine praktische Orientierungshilfe. Auch wenn die Leitlinien in vielen Punkten weiterhin Auslegungsspielraum lassen, so sind sie doch in weiten Teilen sehr klar und verständlich formuliert. Im Vordergrund steht auch hier der Anlegerschutz, welchem mit dem Bedürfnis nach ausreichend klaren, wahren und verständlichen Informationen Rechnung getragen werden soll.
Während viele dieser Empfehlungen grundsätzlich nicht neu sind, enthält die Leitlinie auch Empfehlungen im Hinblick auf die Nutzung von digitalen Medien bzw. sozialen-Netzwerken. Vor allem die Werbung mit Nachhaltigkeitsaspekten wird zukünftig in den Fokus der Aufsichtsbehörden rücken. Abschließend lässt sich festhalten, dass (kurze) Marketingmitteilungen so neutral wie möglich formuliert sein sollten und diese somit den regulatorischen Offenlegungen ähnlicher werden müssen.
03. August 2022
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[1] https://www.cssf.lu/en/Document/circular-cssf-22-795/
[2] https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma34-32-352_qa_aifmd.pdf
[3] https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma34-45-1272_guidelines_on_marketing communications_de.pdf
[4] Verordnung (EU) 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor
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Dr.Suzanne Wagner
Frau Dr. Suzanne Wagner ist seit 2022 Head of Contractual Management – Real Assets bei Hauck & Aufhäuser Fund Services S.A. Dort verantwortet sie schwerpunktmäßig geldwäscherechtliche Prüfungen sowie die Überprüfung und die Überwachung von Vertragspartnern. Zuvor war Dr. Suzanne Wagner Syndika bei Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Niederlassung Luxemburg. In dieser Funktion war sie beratend für bankspezifische Rechtsfragen, insbesondere im Bereich Datenschutz, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Luxemburger Fonds- und Gesellschaftsrecht, tätig.
Frau Dr. Suzanne Wagner ist seit 2022 Head of Contractual Management – Real Assets bei Hauck & Aufhäuser Fund Services S.A.
Shpat Ferizi
Shpat Ferizi ist Specialist in der Abteilung Contractual Management – Real Assets bei Hauck & Aufhäuser Fund Services S.A. und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Bereich AML / KYC.
Zuvor war er sieben Jahre in der Depotbank bei Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG, Niederlassung Luxemburg tätig, in dieser Position auch fachlicher Leiter mit dem Fokus auf regulatorische Themen, Vertragsprüfung sowie Due Diligence. Vor seinem Eintritt in den Hauck Aufhäuser Lampe Konzern studierte Shpat Ferizi Rechtswissenschaft an der Universität Trier.