Zusammenhalt

Leadership als Investmentkriterium

Lange Zeit wurde Führung verknüpft mit dem Alpha-Leader-Gen. Harte Entscheidungen treffen, sich durchsetzen können, keine Rücksicht nehmen – dies schien der maßgebliche Mix für gute Führung zu sein. Immer noch schaffen es überproportional viele dieser Alpha-Leader in die Führungsetagen. Nicht wenige Investoren springen genau auf diesen Typus an, der sich auf den zweiten Blick als toxischer Narzisst erweist und eine Gefahr für den langfristen Erfolg des Investments darstellt.

In der modernen Führungsforschung ist der Alpha-Leader alter Schule jedoch nicht mehr gefragt. Um langfristig hoch performante Organisationen aufzubauen und zu führen, werden neue Führungsansätze benötigt. Gefragt ist eine Teamführung, welche es vermag, die Intelligenz des Kollektivs zu aktivieren. Gerade für Investoren lohnt sich ein Blick auf die Führungskultur und die Führungspersönlichkeiten im Top-Management, um gute Investitionsentscheidungen treffen zu können.

It’s all about v.u.c.a.

Die amerikanische Militäraufklärung bezeichnet die Welt, in der wir leben, als v.u.c.a. Auch in der Management-Lehre hat sich der Begriff Raum verschafft und gilt mittlerweile als Kürzel für die besonders relevanten gesellschaftlichen Trends, die unser wirtschaftliches Handeln beeinflussen. V.u.c.a. steht dabei für volatile (flüchtig, volatil), uncertain (ungewiss, unsicher), complex (vielschichtige, interdependente und sich dynamisch verändernde Strukturen) und ambigous (uneindeutig, vielseitig deutbar).

Die v.u.c.a.-Welt stellt das Individuum und den Unternehmensführer vor besondere Herausforderungen. Planbarkeit, Berechenbarkeit der Zukunft sowie Stabilität werden eingetauscht gegen Verunsicherung, Irritation und Ohnmachtsgefühl angesichts einer unvorhersehbaren Zukunft.

In der Management-Lehre und in unserem bisherigen Verständnis von guter Personal- und Unternehmensführung überwiegen Ansätze, die den Unsicherheiten einer Umgebung mit Kontrolle und Planung begegnen. Diese Ansätze werden den Herausforderungen einer v.u.c.a.-Welt jedoch immer weniger gerecht. Der beste dokumentierte Arbeitsprozess kann morgen schon hinfällig sein. Eine perfekt organisierte Praxis ist bei der nächsten unerwarteten Irritation bereits wieder eine Baustelle. Unsicherheit – wo Planung regieren sollte. Fragilität – wo Robustheit und Kontrolle gewünscht wären.

„Je höher wir in Führungsebenen kommen, umso höher ist das zerstörerische Potenzial.“

Dr. Florian FELTES, Co-Founder ZORTIFY S.A.

Leadership-Emergence und Leadership-Effectiveness

In einer v.u.c.a.-Welt kommt jeder auch noch so smarte Super-Chef an die eigenen Grenzen. Gefragt sind heute mehr denn je Führungsfähigkeiten, die auf die Aktivierung der Intelligenz des Leistungskollektivs abzielen – wie im Mannschaftssport. Für Platzhirschgehabe ist in der modernen Führungswelt kein Platz mehr. Es zeigt sich aktuell jedoch immer wieder, dass gerade solche Top-Shots, die auf den ersten Blick extrem erfolgversprechend wirken, sich mittelfristig als zerstörerische Narzissten erweisen.

In der Führungsforschung unterscheiden wir zwischen Leadership-Emergence, also wer Führungskraft wird, und Leadership-Effectiveness, der Frage nach der Wirksamkeit der Führungskraft. In mehreren Meta-Studien zeigt sich, dass signifikante Korrelationen zwischen dem Grad der narzisstischen Ausprägung und Leadership-Emergence bestehen. Will heißen, je höher wir in Führungsebenen kommen, umso stärker finden wir zerstörerische Potentiale wie auch toxischen Narzissmus vor. Gleichzeitig wissen wir, dass nur ein maximal mittleres Maß an Narzissmus für den Führungserfolg und den damit verbundenen Geschäftserfolg förderlich ist.

Nun wissen wir aus unseren Studien und Arbeiten mit Value-Investoren ebenfalls, dass es ganz häufig genau diese Typen sind, die besonders überzeugend auftreten, große Visionen aufzeigen und Investoren für sich begeistern können. Dieser erste positive Eindruck kann jedoch sehr teuer werden! In den ersten 2-3 Jahren weisen narzisstische Unternehmensführer/-gründer in der Regel überdurchschnittliche Erfolge nach. In den Folgejahren werden sie ihren Versprechungen signifikant häufig nicht mehr gerecht: durch nicht-integres oder gar strafrechtliches Verhalten werden Leistungen geschönt, um das eigene Gesicht zu wahren. Häufig geschieht dies auch auf die Gefahr hin, dem gesamten Unternehmen zu schaden – wie das jüngste Beispiel WeWork nachdrücklich zeigt. Hier hilft es bei Investitionsvorhaben genau zu prüfen, wie hoch das zerstörerische Potential im Top-Management ist und wie zukünftige Entscheidungsträger in den Unternehmen ausgesucht werden.

Moderne Führung als Erfolgsprädiktor

Moderne Führungsansätze haben sich von dem vormaligen Ideal des starken, entscheidungsfreudigen und durchsetzungsstarken Alpha-Leaders verabschiedet. Mehr denn je kommt es heute nicht auf die smarte Exzellenz des Einen an, sondern auf die Fähigkeiten, die Intelligenz eines Kollektivs zu mobilisieren. Leadership in diesem Sinne ist lernbar und knüpft an die menschlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Empathie, der Wertschätzung und des Wunsches nach aufrichtigen Begegnungen, auch am Arbeitsplatz, an. Gerade Studie zu High-Performance-Organisationen zeigen, dass eine moderne Führungskultur den Unterschied zwischen langfristigem Erfolg und Lucky-Shot ausmacht! Darauf sollten Investoren genau schauen, um langfristig erfolgreicher zu investieren.

Gerne helfen wir Ihnen, mit Zortify „Artificial Intelligence for Human Decision-Making“ bessere Investitionsentscheidungen zu treffen.

 

11. November 2019

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Thema

Modern Leadership

Alpha-Leader sind nicht mehr zeitgemäß. Moderne Führungsansätze machen Organisationen in Zeiten von v.u.c.a.-Herausforderungen resilienter und langfristig erfolgreich. Investoren sollten neben harten Fakten auch auf die Führungspersönlichkeiten schauen, um zerstörerische Potenziale auszuschließen.

Autor

Prof. Dr. Florian Feltes

Florian Feltes

Florian ist CEO & Co-Founder von Zortify S.A., Professor für Digital Leadership und Autor des Buches „Revolution? Ja, bitte! Wenn Old-School-Führung auf New-Work-Leadership trifft.“

Autor

Dr. Marcus Heidbrink

Marcus Heidbrink

Marcus ist Co-Founder Zortify, Partner der HPO Research & Consulting Group, Steady Member of Faculty der Executive School der Universität St. Gallen, Autor u.a. der Bücher „High-Performance-Teams“, „High-Performance-Organisationen“ und „Begeisterte Mitarbeiter“.

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