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"Finanzunternehmen sind den Providern oft machtlos ausgeliefert"

Seit ihrer Gründung durch das Beraterteam eines Privatbankhauses im Jahre 1996 spezialisiert sich die FACT-Gruppe als unabhängige Beratungsunternehmung auf individuelle Dienstleistungen für Banken, Versicherungs- und Kapitalanlage-Gesellschaften, Asset-Manager und Corporates.

Ein Schwerpunkt des Unternehmens liegt dabei auf der Optimierung von Markt- und Referenzdaten. In einem oligopolistisch geprägten Marktumfeld, das von explosionsartigen Kostensteigerungen und den damit für Unternehmen verbundenen Risiken geprägt ist, werden Referenzdaten zu einem zunehmend großen Thema werden. FondsTrends sprach mit Beat Singenberger, seit 2004 Managing Partner und CEO der FACT AG mit Sitz in Zürich, über die Synergien von Daten- und Asset Management sowie über Status Quo und Ausblick im Bereich der Kostenoptimierung und Risikoreduzierung im Bereich der Index- und Marktdaten.

FondsTrends: Herr Singenberger, bitte stellen Sie unseren Lesern kurz das Geschäftsmodell der FACT AG etwas näher vor.

Beat Singenberger: Die FACT bietet Ihren Kunden Beratungsdienstleistungen von der Konzeption bis zur Umsetzung. Unsere Leistungen umfassen innovative und kreative Strategieentwicklungen, anspruchsvolle IT-Beratungen und SAP-Implementierungen. Unsere Kunden sind Versicherungs- und Kapitalanlagegesellschaften, Banken, Asset-Manager und Corporates.

FondsTrends: MaRisk oder die Abbildung des Risikoprofils nach Basel III sind nur zwei Beispiele für die Relevanz von Risikomanagement und Compliance für Finanzdienstleister. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen bei der Umsetzung dieser neuen Richtlinien? Wie gewährleisten Sie eine ganzheitliche Betrachtung des Risikomanagements?

Beat Singenberger: Neben den Markt-, Kredit- und Liquiditätsrisiken, die mittlerweile umfassend gemanagt werden, spielen vor allem nicht-finanzielle Faktoren wie die Einhaltung komplexer regulatorischer Vorschriften oder von Integritäts-, Verhaltens- und IT-Risiken eine immer wichtigere Rolle.

Während die meisten Unternehmen mit den bekannten und regulatorisch vorgeschriebenen Elementen des Risikomanagements arbeiten, haben die erfolgreichen Finanzunternehmen diese um wesentliche Treiber zur Performancesteigerung erweitert. Diese Unternehmen überwinden organisatorische und Risikomanagement-Silos, um das Unternehmen vor Risiken zu schützen, aber umso mehr zur Realisierung von Chancen. Ein proaktives, flexibles und ganzheitliches Risikomanagement ist folglich unerlässlich für die Realisierung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile. Aber wie genau können Unternehmen ihre Organisation durch ein integriertes Risikomanagement besser steuern? Ein ganzheitliches Risikomanagement zeichnet sich generell durch eine ausgewogene Kombination von drei Elementen aus:

  1. Ein geeignetes Vorgehensmodell unter Berücksichtigung der digitalen Aspekte
  2. Eine umfassende Risikomanagement- und Governance-Organisation
  3. Die Berücksichtigung der Risikokultur und des Faktors Mensch

Diese drei Elemente ergänzen und verstärken sich gegenseitig und gelten als gleichwertig.

FondsTrends: Als einer der Schwerpunkte des Dienstleistungsangebots der FACT AG nennen Sie u.a. die Optimierung von Index- und Marktdaten, ein angesichts der in den letzten Jahren für Indexanbieter gestiegenen Lizenz- und Datenkosten (man denke an MSCI, Dow Jones oder Standard & Poor’s) wichtiges Thema. Wie gelingt Ihnen diese Optimierung und welche Rolle spielt dabei das Datenmanagement?

Beat Singenberger: Durch den Einsatz von Index- und Marktdaten befinden sich die Finanzunternehmen in einem oligopolistisch geprägten Markt und sind den Providern oft machtlos ausgeliefert. Die in den Mandatsverträgen oder – noch schlimmer – im Fondsnamen festgeschriebenen Original-Benchmarks führen zu einer Abhängigkeit, welche von den Providern teils schamlos ausgenützt wird. Unübersichtliche und für den Kunden nicht einfach zu verstehende Verträge mit einem stark fragmentierten und dadurch komplexen Lizenzmodell führen zu einer nicht vertragskonformen Situation und damit zu hohen und unbekannten Risiken. Hinzu kommen jährliche Kostensteigerungen von rund 15% bei gleichzeitig erodierenden Margen.

Bei einer Optimierung gilt es in einem ersten Schritt, die vorhandenen Risiken zu beurteilen und mittels geeigneter Maßnahmen möglichst schnell zu reduzieren. Dazu wird eine Bestandsaufnahme mit Schwerpunkt Daten-Provider, Verträge und genutzter Daten analysiert und geprüft. Dazu gehört auch die systemische Index- und Marktdatenversorgung inkl. IT-Systemarchitektur und Schnittstellen. Als eines der Ergebnisse werden auch die Kostenstruktur mit anderen Banken und Asset Manager verglichen und dargestellt (Peer-to-Peer). Das zeigt dem Kunden schon mal eindrücklich auf, wie wettbewerbsfähig er tatsächlich bei den Index- und Marktdaten ist.

In einem zweiten Schritt müssen die Funktionen, Prozesse und Verantwortlichkeiten analysiert werden. Danach werden die Optimierungspotenziale evaluiert und alternative Lösungen vorgeschlagen, um die Kosten nachhaltig zu reduzieren.

Um das Ziel eines nachhaltigen Vertrags- und Lizenzmanagements überhaupt erreichen zu können, ist ein zentrales Datenmanagement eine Grundvoraussetzung. Oftmals fehlt eine Data Governance, wo u.a. das Data Lifecycle-Management definiert und beschrieben ist.

FondsTrends: Im Nachgang zur Finanzkrise von 2008 trat ein internationaler Regulierungsschub in der Vermögensverwaltung ein, der damit verbundene Margendruck manifestierte sich u.a. in der Digitalisierung von Angeboten im passiven Vermögenssektor. Wo besteht Ihrer Meinung nach noch Optimierungspotenzial im Bereich der Indexabbildung?

Beat Singenberger: Ein größeres Optimierungspotenzial besteht bei der Homogenisierung. So ist bspw. die Länderauswahl bei den Aktien und Anleihen immer noch unterschiedlich. Im Rahmen der gesetzlich geforderten Transparenz stellt sich bei den ETF-Produkten die Frage, was diese Produkte tatsächlich abbilden und wie diese im Detail zusammengesetzt sind.

FondsTrends: Der erst kürzlich verstorbene John Bogle, der „Vater“ der Indexfonds, warnte noch im November des vergangenen Jahres vor einer Machtkonzentration bei Investmentfonds auf Aktienindizes. Wie bewerten Sie die Zukunft der Indexabbildung im Lichte weniger großer Player wie BlackRock, State Street Global und Vanguard?

Beat Singenberger: Es ist tatsächlich so, dass der Anteil der Indexfonds am Marktkapital der Aktiengesellschaften in den kommenden zehn Jahren weiter steigen wird und schon bald die Marke von 50% überschreiten könnte. Gleichzeitig stellt man fest, dass zahlreiche Fonds sich auf Nischenmärkte konzentrieren, welche für die großen Investmentfonds nicht interessant sind. Dabei entstehen weltweit viele neue Finanzinstrumente, die einen Index benötigen.

FondsTrends: Herr Singenberger, neben Ihrer Tätigkeit als CEO, Unternehmensberater und Mitglied in diversen Verwaltungsräten bleibt wenig Zeit für Freizeitaktivitäten. Dennoch finden Sie noch Zeit für Hobbies wie beispielsweise die Jagd oder früher auch Eishockey. Wie gestalten Sie Ihren sicherlich auch nicht selten hektischen Beratungsalltag, um auch Zeit für Hobby und Familie zu finden?

Beat Singenberger: Im Spannungsfeld zwischen beruflicher Tätigkeit, Familie und sich selber die notwendigen Freiräume zu schaffen, ist in der Tat nicht immer ganz einfach und setzt ein gutes Zeitmanagement voraus. Dabei gilt es, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und ein Umfeld zu schaffen, in dem man sich wohlfühlt – das macht Spaß.

FondsTrends: Herr Singenberger, wir danken Ihnen für das interessante Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

24. April 2019

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Autor

Beat Singenberger

Beat Singenberger, verheiratet, zwei Kinder, ist seit 2004 CEO und Managing Partner der FACT Unternehmensberatung Schweiz AG. Das Unternehmen, 1996 aus einer renommierten Privatbank hervorgegangen, ist spezialisiert auf die Themengebiete Finanzen, Controlling, Treasury und Datenmanagement. Zuvor war der studierte Elektroingenieur und Betriebswirt zunächst u.a. in der Hard- und Softwareentwicklung tätig und anschließend als Verkaufsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung für den Aufbau eines internationalen Beratungs- und Softwareunternehmens in St. Gallen verantwortlich. Von 2000 bis 2004 war er CEO der Schweizer Niederlassung des internationalen Software- und Beratungsunternehmens IDS Scheer AG. Neben seiner CEO-Tätigkeit ist Beat Singenberger als selbständiger Unternehmensberater und im Verwaltungsrat mehrerer Unternehmen im In- und Ausland tätig.

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