Der Fondsberater im Gewissenskonflikt zwischen Nachbetreuungspflicht und Regulatorik

Jeder Finanzberater freut sich über Neukunden. Insbesondere im umkämpften Fondsgeschäft. Somit ist die Akquisition bzw. das Erstinvestment für viele die Königsdisziplin. Doch was kommt eigentlich danach?

Umfangreiche Versprechen an den Endkunden

Zu der hier angesprochenen „After-Sales-Periode“ gibt es die tollsten Lippenbekenntnisse von Seiten der Fondsberater. Von „vierteljährlicher, permanenter Überprüfung und Dokumentation“, über „Best-Advice-Ansatz“ oder „Serviceversprechen“ (oft gegen eine Servicegebühr) und vielem Mehr, hört man dazu von Seiten der betreuenden Finanzexperten. Trotz aller vorhandener EDV-Unterstützung in diesem Segment ein hoher Eigenanspruch in einem Markt mit über 10.000 aktiven Fonds und über 100.000 ETFs. Auch nicht zu vergessen, dass ein Berater nicht nur einen Kunden betreut, sondern parallel im Durchschnitt über mindestens 100 Kunden, die er bei gleichem Versprechen auch alle ähnlich gut beservicen sollte.

Die juristische Sichtweise

Auch wenn die „Nachberatungspflicht“ in der Fondsvermittlung nicht so präzise und klar geregelt ist, wie beispielsweise im Fondspolicenbereich (dort ist dies in der IDD Insurance Distribution Directive verankert), gibt es juristisch, klare Signale, dass es sich um eine eindeutige Erwartungshaltung von juristischer Seite handelt. Der eindeutigste Beleg hierzu ist, dass der Fondsberater eine Vergütung erhält. Die sogenannte Bestandsprovision. Und diese ist eine „aktive Betreuungsprovision“ und keine „Verwaltungsgebühr“, was man schon daran erkennt, dass diese an der Höhe des Depotbestandes ausgerichtet ist. Also kein Fixum, sondern ein Salär, welches mit dem Betreuungserfolg wächst. Zweiter Hinweis von Seiten des Gesetzgebers im Rahmen der FinVermV (Finanzvermittlerverordnung) und MIFID II ist, dass er die Zahlung einer solchen Vergütung nur noch bei „qualitätserhöhenden Maßnahmen“ gegenüber dem Kunden toleriert. Diese Maßnahmen sind sogar bei Fondstauschtransaktionen klar offen zu legen und aufzuzeigen.

Wie wichtig dieses Thema ist, zeigen bereits Gerichtsurteile,  bei denen in Streitfällen mit dem Kunden insbesondere die Nachbetreuungsleistung des Vermittlers bei Vereinnahmung von Bestandsprovisionen immer mehr sofort in den Fokus des Verfahrens rückt, da hier oft die größte Angriffsfläche besteht. Auf EU-Ebene erhält das Thema gerade auch wieder neues Gewicht, da viele Gruppierungen die Nachbetreuungsleistungen der Berater stark anzweifeln und einmal mehr nach einem Provisionsverbot schreien. Dabei sogar auf genereller Ebene, also auch im Bereich der Abschlussprovisionen. Last but not least liefern viele Investmentpools selbst den letzten Beleg zur Nachbetreuungspflicht, indem sie langjährigen Partnern, die ihre Fondserlaubnis nach §34f GewO an den Nagel hängen, keine Bestandsprovision mehr weiterzahlen. Begründung: Dieser Vermittler hat keine Möglichkeit mehr zur Nachbetreuung und zur Leistung qualitätserhöhender Maßnahmen gegenüber dem Kunden, also darf auch keine Vergütung hierzu mehr fließen.

Fazit: Das Thema Fondsnachbetreuung hat eine enorme Bedeutung und ist ein absolutes, existenzielles Muss für den vermittelnden Finanzberater.

Die Beraterpraxis ist über die Regulatorik jedoch eher von Passivität gekennzeichnet

Wenn die Signale so eindeutig sind, sollte die Umsetzung kein Problem sein, oder? So einfach ist es in der Realität leider nicht. Denn jeder Depotveränderung im Rahmen der Nachberatung steht eine endlose Protokollierung gegenüber und eine umfangreiche Begründung, welchen Vorteil diese Veränderung dem betroffenen Endkunden tatsächlich bringt. Insbesondere, wenn dieser Fondstausch auch neue Kosten hervorrufen sollte. Auch ist anzugeben, warum genau dieser neue Depotwert der richtige für den Kunden ist und nicht irgendein anderer. Ergänzend dazu ist der Berater hier erneut in der Beraterhaftung, denn die Empfehlung bzw. der Impuls zur Depotanpassung kam in der Regel von ihm.

Seit diese Regelungen nun auch für den normalen Fondsberater über die FinVermV Anwendung gefunden haben (zuvor waren nur Marktteilnehmer wie Banken und Vermögensverwalter betroffen, die der MIFID II unterliegen), ist das Thema Fondsswitch hierüber quasi zum Erliegen gekommen. Viele Berater haben sich offensichtlich entschieden, nun die einmal allokierten Fonds durch dick und dünn für den Kunden zu halten, um nicht den vorher beschriebenen Nachbetreuungsaufwand über einen potenziellen Fondsswitch auszulösen. Anscheinend ist die Einstellung nun nicht mehr „Best Advice“, sondern „buy and hold“. Warum auch nicht, mag man im ersten Moment aus Beratersicht meinen, solange der Kunde nichts anderes einfordert und auch mit „second best“ zufrieden ist? Denn vergütet werden ja auch die ursprünglichen Fonds und der Aufwand bleibt so überschaubar. Der Berater muss ja nicht offensiv erwähnen, dass er es besser wüsste und könnte.

Ein gefährlicher und gewagter Grat

Im Rahmen dieses Beitrags geht es nicht darum, Kritik zu üben, der journalistische Anspruch ist lediglich, die Risiken aus der betrachteten Vorgehensweise vorbeugend aufzuzeigen.

Denn grundsätzlich könnte man sich als Berater darauf zurückziehen, dass es immer Interpretationsspielräume gibt, welche Fondslösung die Beste ist. Das mag stimmen. Schwierig wird es immer dann, wenn die Qualitätsunterschiede von Fondstiteln so eklatant auseinanderdriften, dass ein Berater, der sich für sein Expertentum in diesem Segment bezahlen lässt, sich kaum dahinter verstecken können wird, dass er dies nicht gewusst hätte.

Zwei markante Praxisbeispiele zur Verdeutlichung

Nehmen wir beispielsweise mal den ehemals beliebten Mischfonds „Carmignac Patrimoine“. Nach guten Jahren seit Markteintritt in Deutschland seit langem ein ziemlich durchgehender Underperformer in den Portfolios. Dennoch halten immer noch knapp 8 Mrd. € Assets (!) an dem Fonds fest, obwohl es reichlich Alternativen gibt, wie die Grafik an zwei Beispielen aus der Patriarch-Welt, dem HAC Quant Stiftungsfonds flexibel global H und dem Mediolanum BB Socially Responsible Collection, zeigt.

Wir sehen hier einen repräsentativen Zeitraum über die letzten 7 Jahre und direkt zwei (von vielen) bessere Fondslösungen aus derselben Peergroup. Und wir reden nicht über einen kleinen Renditeunterschied, sondern über die fünffache Rendite! Somit definitiv auch Veränderungsoptionen, die sogar entstehende Kosten rechtfertigen würden. Bei einem der beiden Fonds könnte man vielleicht noch mit einer höheren Vola versuchen dagegen zu argumentieren, bei der zweiten Option fällt aber auch das weg. Dennoch sitzen Berater dieses Thema wider besseren Wissens immer noch aus und riskieren so eine massive Angriffsfläche, statt ein auch regulatorisch nachvollziehbares Neugeschäft mit den Kunden zu machen. Schon ein wenig unverständlich.

Ein besonders aktuelles Beispiel behandeln wir als nächstes. Es geht um den AGI Artificial Intelligence Fonds. Lange Zeit die erste Wahl bei Beratern, wenn eine Lösung für die Partizipation an den Chancen von Künstlicher Intelligenz gesucht wurde. Über 5 Mrd. € Fondsvolumen zeugen davon, dass dieser Themenfonds ein beliebter Baustein in vielen Portfolien ist. Vor einigen Monaten hat dieser Fondsbereich jedoch einen Quantensprung erlebt. Der erste Mitbewerber, der AI Leaders Funds, setzt fürs eigene Risikomanagement auch auf ein neues, integriertes KI-Programm (TOPAS). Die Wirkung ist beeindruckend. Seit Einführung des Systems am 1.09.2022, hat der Fonds dem Platzhirschen aus dem Hause Allianz satte 17 % Performance in nur 5 Monaten abgenommen. Wohlgemerkt mit einer niedrigeren Vola! (siehe Grafik 2). Wenn man diese Innovation und diesen Qualitätsunterschied als Berater wahrnimmt, sollte man wohl besser nicht die Augen verschließen, sondern umgehend handeln. Auch das könnte argumentativ bei solchen Differenzen sonst extrem schwierig begründbar werden. Und auch hier wäre ja sogar nachvollziehbares Neugeschäft möglich.

Diese beiden Beispiele sind natürlich keine Einzelfälle, sondern nur gewählt, da sie besonders gravierend das Problem aufzeigen. Die Thematik ist aber natürlich allumfassend und fortlaufend gegeben.

Andere Lösungswege

Wenn ich mir als Berater nun dieser Problematik bewusst bin, mich im Alltag aber außerstande sehe ein solches „Best Advice Versprechen“ meinen Kunden gegenüber zu halten – was dann tun?

Ein Weg könnte der Abschied aus der aktiven Fondsselektion und der Schwenk zur Anlagevermittlung von Fondsvermögensverwaltungslösungen sein. Hier liegt die Sorgfalt und permanente Beobachtung der Vermögensaufteilung beim mandatierten Vermögensverwalter und nicht mehr beim Berater. Der Vermögensverwalter übernimmt auch die Informationspflicht via regelmäßigem Reporting an den Endkunden. Somit aus Vermittlersicht ein sehr cleverer Weg zurück zu effizientem Fondsgeschäft. Wichtig nur, dies über ein aus Beratersicht absolut neutrales Fondsvermögensverwaltungskonzept zu tun. Denn sollte der Berater in den Anlageauswahlprozess eingebunden sein (z.B. aus einem Anlageausschuss heraus), gerät er bei der gleichzeitigen Vermittlung dieses Konzeptes wieder in einen juristischen Interessenkonflikt. Ganz besonders, wenn Vergütungen aus der Strategie an die Beraterebene gehen. Und das soll doch das Ziel sein, denn auch mit weniger Arbeit und Haftung soll die Bestandvergütung doch erhalten bleiben. Somit bietet sich nur ein externes Konzept an.

Lohnen sich solche Fondsvermögensverwaltungskonzepte auch?

Dabei hilft ein Blick auf solche Konzepte, die beispielsweise schon mindestens seit Einführung der Abgeltungsteuer existieren. Denn damals verschwanden viele Strategien, da Dachfonds kurzzeitig interessanter erschienen und deshalb fehlt es vielen neuen Konzepten an Historie. Werfen wir daher einen Blick auf die PatriarchSelect Fondsvermögensverwaltung, die eine so lange (und sogar längere) Betrachtung mit ihren vier Strategien erlaubt. Je nach Risikoneigung bietet der Vermittler seinem Kunden hier eine Strategie zwischen 25 – 75 % Aktienfondsanteil. Die Nettoergebnisse nach laufenden Spesen über diese 14 Jahre sind mit 3 – 7 % p.a., wie die Grafik zeigt, sehr erfreulich. Dies bei einer Volatilität von lediglich zwischen 6 und 11!

Qualitativ spricht also sicher nichts gegen eine gute Fondsvermögensverwaltungslösung. Nicht nur der Berater möchte ja möglichst wenig Arbeit, sondern auch der Kunde. Somit ist eine bewährte Fondsvermögensverwaltung sicherlich eine entspannte Alternative für beide Seiten.

Das Comeback der (besonderen) Einmalbeitragspolice

Eine weitere Option könnte die Verlagerung von Fondseinmalbeiträgen aus dem direkten Fondsgeschäft (mit Erlaubnis nach §34f GewO) in den Fondspolicenbereich sein (mit Erlaubnis nach §34d GewO). Zugegeben wird das nicht für jeden Interessenten passen und man braucht schon einen besonderen Versicherer mit einem Angebot, das sich eher weniger als Versicherungslösung, sondern mehr als „ummanteltes Depot“ versteht. Mit dem Mediolanum Life Plan inkl. des cleveren Beitragsdepots der Intelligent Investment Strategy (IIS) ist ja zumindest in der Patriarch-Welt genau das richtige Angebot vorhanden. Sogar mit Vorteilen, wie der potenziellen, steuerlichen Behandlung im Alterseinkünftegesetz, der Rückerstattung der Abschlusskosten als Treuerabatt und den erbschaftssteuerlichen Optimierungsoptionen über den Whole-Life-Tarif, die das Fondsdirektgeschäft alle gar nicht bieten kann. Aber zurück zum Ausgangsthema. Mit der Fondsselektion im Rahmen der Basketlösungen des Mediolanum Life Plans hat der Berater nichts mehr zu tun und ist über die dort gegebenen regelmäßigen Anpassungen auch aus der Nachberatungspflicht raus. Ziel erreicht.

Dazu erhält der Finanzexperte auch beim Mediolanum Life Plan eine regelmäßige Vergütung aus dem Fondsvermögen, was bei vielen anderen Policen nicht gegeben ist. Wenn auch in etwas niedrigerer Höhe als im direkten Fondsgeschäft. Dafür sind die investierten Gelder aber viel verbindlicher und langfristiger investiert als in einem täglich verfügbaren Fondsdepot, was eine viel längere Kundenbindung erwarten lässt.

Problem erkannt – Problem gebannt?

Aus Beratersicht gilt es nach erfolgter Identifikation des Problems nun wohl auch dringend das geschilderte Problem auf einem der dargestellten Wege konsequent anzugehen und zu heilen. Ob durch sinnvolle, oft längst überfällige Fondsbereinigungen und wieder fortlaufende und intensivere Kundenbegleitung in der Zukunft. Oder durch einen Schwenk der Geschäftsstrategie in Richtung Fondsvermögensverwaltung oder Einmalbeitragsfondspolicen. Alles ist besser als die bisher häufige „Aussitzen-Methode“ oder „Vogel-Strauß-Politik“. Damit schafft man sich nur unnötige, juristische Angriffsfläche und nimmt sich on top auch noch auf der Hand liegende, lukrative, aufgeschobene Zusatzgeschäftsmöglichkeiten. Und ihr Kunde freut sich ganz nebenbei auch noch über diesen wiederentdeckten Servicelevel. Was will man mehr?

 

Der Text ist eine Zweitveröffentlichung und wurde bereits im April 2023 im performer publiziert.

 

13. April 2023

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Autor

Dirk Fischer

Dirk Fischer ist Geschäftsführer der Patriarch Multi-Manager GmbH in Frankfurt. Seit 2007 führt er den unabhängigen Produktentwickler, welcher für seine Konzepte stets die favorisierten Manager am Markt mit dem jeweiligen Asset Management seiner verschiedenen Produktideen beauftragt. Der Dipl.-Bankbetriebswirt begann seine berufliche Karriere im Private Banking der Deutschen Bank AG. Danach war er sechs Jahre als Vertriebsleiter und Prokurist beim Maklerpool Jung, DMS & Cie. AG für die Betreuung von unabhängigen Finanzdienstleistern verantwortlich. Seit 2014 ist er gefragter Referent in der exklusiven Rednervereinigung „Speakers Excellence“. Im Bereich der Top100-Unternehmer im Kreise von Persönlichkeiten wie Wolfgang Grupp, Dietmar Hopp oder Günter Netzer belegt er den Themenbereich Unternehmensaufbau und -entwicklung.

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