Capital Requirements Directive (CRD) V – Der aktuelle Stand in Luxemburg

Am 27. Juli 2020 wurde beim Luxemburgischen Parlament (chambre des députés) der Gesetzesentwurf Nr. 7638 eingereicht, die Umsetzung der CRD V in nationales Recht hat bis zum 28. Dezember 2020 zu erfolgen.

Der eingereichte Gesetzesentwurf Nr. 7638 (der „Gesetzesentwurf“) hat unter anderem die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/878 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen („CRD V“) und der Richtlinie (EU) 2019/879 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und der Richtlinie 98/26/EG („BRRD II“) zum Gegenstand. Die Umsetzung der CRD V in nationales Recht hat bis zum 28. Dezember 2020 zu erfolgen. Da die auf den 23. Oktober 2020 datierte Stellungnahme der Handelskammer (chambre de commmerce) sowie die auf den 27. Oktober 2020 datierte Stellungnahme der Europäischen Zentralbank („EZB“) ebenfalls dem Parlament übermittelt wurden, kann von einer zeitnahen Umsetzung ausgegangen werden.

Einleitend kann zunächst angemerkt werden, dass die CRD V natürlich, da es sich „lediglich“ um Änderungen bzw. Anpassungen der Richtlinie 2013/36/EU („CRD IV“) handelt, zusammen mit der entsprechenden Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, in seiner jeweils geltenden Fassung („CRR“) zu lesen ist (Hinweis: die CRR wird durch die Verordnung (EU) 2019/876  des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, abgeändert, die grundsätzlich ab dem 28. Juni 2021 anzuwenden ist und deren Durchführung mit dem Gesetzesentwurf ebenfalls erfolgt). Mit der CRD V und dem auf Grundlage des Gesetzesentwurfs erwarteten luxemburgischen Umsetzungsgesetz werden weitere Empfehlungen des Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich („BIZ“) zu Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Kreditinstitute („Basel III“) umgesetzt, die darüber hinaus durch weitere technische Standards der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde („EBA“) präzisiert werden.

Aufbauend auf Basel III und CRD IV, die als erfolgreiche, jedoch noch unzureichende Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems angesehen werden, ist es mit der CRD V beabsichtigt die Risiken im Bankensektor, denen ja unter anderem durch die (zum Teil unerwünschten) Eigenkapitalanforderungen und Anforderungen im Bereich der Aufsicht, der Berichterstattung und des Risikomanagements begegnet wurde, weiter zu reduzieren.

Weiter ist es beabsichtigt, mit CRD V für eine weitergehende Harmonisierung auf EU-Ebene zu sorgen, wobei auch eine Anpassung an internationale Entwicklungen erfolgt. Auch werden eine Reihe an Regelungen, betreffend die Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften sowie der Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen, festgeschrieben. Die Anwendung des Proportionalitätsprinzips wird ebenfalls verstärkt, so dass der Größe der Institute besser Rechnung getragen wird. Letzteres ist zu begrüßen, da sich einige Regelungen der CRD IV, gerade in Bezug auf die Vergütung innerhalb der Institute, als zu einschränkend für einige Institute erwiesen haben und für diese als unverhältnismäßig betrachtet worden sind. Somit wurden hier effektive Erleichterungen für kleine und nicht komplexe Institute, d.h. solche Institute, die sämtliche Voraussetzungen des Artikels 4 Nr. 145 der CRR II erfüllen, aufgenommen.

Das auf Grundlage des Gesetzesentwurfs zu erwartende Umsetzungsgesetz wird zu einer Reihe an Anpassungen verschiedener luxemburgischer Gesetze führen, wobei die maßgeblichsten Anpassungen naturgemäß im Gesetz vom 5. April 1993 über den Finanzsektor, wie abgeändert (das „Finanzsektorengesetz“), erfolgen.

Folgende Aspekte der CRD V und des auf Grundlage des Gesetzesentwurfs zu erwartende Umsetzungsgesetz halten wir vorliegend für erwähnenswert und wollen dieses kurz für Sie beleuchten:

Anwendbarkeit

Die CRD Bestimmungen finden bis dato grundsätzlich Anwendung auf Institute, d.h. Kreditinstitute und Wertpapierfirmen. Allerdings werden durch CRD V nun sämtliche öffentlich-rechtlichen Förderbanken vom Anwendungsbereich der CRR II ausgenommen und gelten nicht mehr als CRR-Institute.

Finanzholdinggesellschaften

Da Institute oftmals als Tochterunternehmen von Finanzholdinggesellschaften oder gemischten Finanzholdinggesellschaften operieren, können diese Institute naturgemäß nicht immer gewährleisten, dass die Aufsichtsanforderungen auch auf konsolidierter Basis innerhalb der gesamten Gruppe eingehalten werden.

CRD V entsprechend werden in dem Finanzsektorengesetz die entsprechenden Definitionen der in einem Mitgliedstaat ansässigen Mutter-Finanzholdinggesellschaften und gemischten Mutter-Finanzholdinggesellschaften eingefügt und entsprechend fortan bestimmt, dass im Rahmen eines Zulassungsantrags eines Instituts auch deren Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften angegeben werden müssen. Im Rahmen des CRD/CRR-Rahmens ist eine Finanzholdinggesellschaft ein Finanzinstitut, das keine gemischte Finanzholdinggesellschaft ist und dessen Tochterunternehmen ausschließlich oder hauptsächlich Institute oder Finanzinstitute sind, wobei mindestens eines dieser Tochterunternehmen ein Institut ist. Eine gemischte Finanzholdinggesellschaft ist hingegen ein nicht der Aufsicht unterliegendes Mutterunternehmen, das zusammen mit seinen Tochterunternehmen, von denen mindestens eines ein beaufsichtigtes Unternehmen mit Sitz in der Gemeinschaft ist, und anderen Unternehmen ein Finanzkonglomerat bildet. Finanzholdinggesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass diese (im Gegensatz zu operativem Holding) lediglich die Finanzfunktion wahrnehmen und das operative Geschäft inkl. sämtlicher Funktionen und Kompetenzen der Geschäftsleitung auf Ebene der Tochterunternehmen erfolgt.  Im Ergebnis soll durch diese Bestimmungen eine bessere Aufsicht über Gruppen erreicht werden, um, wie bereits angesprochen, Risiken zu minimieren.

Um diese Aufsicht auch tatsächlich ausüben zu können, bedarf es naturgemäß auch der hierfür erforderlichen Informationen. Innerhalb des Finanzsektorengesetzes wird daher ein neues Kapitel über die Zulassung von in Luxemburg ansässigen Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften eingefügt. Das Zulassungsverfahren ist für solche in Luxemburg ansässigen Mutter-Holdinggesellschaften zwingend, für die anderen Finanzholdinggesellschaften und gemischten Finanzholdinggesellschaften, die nicht als Mutterunternehmen fungieren, ist es dies lediglich, wenn diese Holdinggesellschaften auf konsolidierter Basis für die Anwendung des Finanzsektorengesetzes, der CRD oder der Verordnung (EU) 575/2013 verantwortlich sind.

Zwischengeschaltetes EU-Mutterunternehmen

Interessant ist auch die Vorgabe, dass zwei oder mehr Institute in der EU, die derselben Drittlandsgruppe, d.h. einer Gruppe angehören, deren Mutterunternehmen in einem Drittland niedergelassen ist, über ein einzelnes, in der EU niedergelassenes und zwischengeschaltetes EU-Mutterunternehmen verfügen müssen. Dieses muss gegebenenfalls neu gegründet werden. Unter Umständen kann jedoch auch eine Genehmigung zur Einrichtung von zwei zwischengeschalteten EU-Mutterunternehmen erteilt werden. Dies dürfte für einige Drittlandsgruppen eine Herausforderung (gewesen) sein. Es sei jedoch ergänzt, dass Drittlandsgruppen, deren Gesamtwert der Vermögenswerte der Drittlandsgruppe in der EU 40 Mrd. EUR unterschreitet, von dieser Pflicht ausgenommen sind.

Ein solches EU-Mutterunternehmen muss ein nach CRD zugelassenes Kreditinstitut oder eine Finanzholdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholdinggesellschaft sein.

Vergütung

In Bezug auf die Vergütung erscheinen uns einige Aspekte von besonderer Bedeutung. In Zeiten von #MeToo, der Debatte um die Gleichstellung von Mann und Frau (in Artikel 157 AEUV, Art. 11 Abs. 2 der luxemburgischen Verfassung verankert), auch auf Gehaltsebene sowie der Anerkennung des dritten Geschlechts, begrüßen wir es, dass auch in der CRD V und dem Gesetzesentwurf festgelegt wird, dass Vergütungsregelungen und -praxis geschlechtsneutral auszurichten sind. Wir, Wildgen S.A., verfügen über einen hohen Anteil an hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und setzen uns nicht nur intern für die Gleichberechtigung ein und hoffen daher, dass diesbezüglich in den Instituten eine nicht nur theoretische Umsetzung dieser Vorgaben erfolgt.[1]

Als weiteren wichtigen Aspekt in Bezug auf die Vergütung ist festzuhalten, dass der Zurückbehaltungszeitraum für die zwingend aufzuschiebenden variablen Vergütungen angehoben wird. Grundsätzlich auf mindestens 4 bis 5 Jahren (zuvor 3 bis 5 Jahre), bei Leitungsorganen und der Geschäftsleitung auf nicht weniger als 5 Jahre. Kleine Institute und Mitarbeiter, bei denen die variable Vergütung nur einen geringen Teil der Gesamtvergütung ausmacht, sind von den Grundsätzen der Zurückbehaltung und der Auszahlung in Instrumenten gemäß dem Gesetzesentwurf jedoch auszunehmen.

In Luxemburg wird die Freigrenze zur Auszahlung der variablen Vergütung von derzeit 100.000 EUR auf 50.000 EUR herabgesetzt. Mitarbeiter, deren variable Vergütung nicht mehr als diese 50.000 EUR beträgt und diese gleichsam nicht mehr als ein Drittel der Gesamtjahresvergütung ausmacht, sind befreit. Auch können von den Bestimmungen zur variablen Vergütung diejenigen Institute abweichen, die nicht als große CRR-Institute im Sinne des Artikels 4 Nr. 146 der CRR II angesehen werden und deren Bilanzsumme in den letzten vier Jahren grundsätzlich weniger als fünf Milliarden Euro betragen hat. Dieser Schwellwert kann jedoch unter Umständen auf 15 Milliarden EUR erhöht werden.

Weiter ist es interessant, dass börsennotierte Unternehmen in Zukunft auch an Anteile geknüpfte Instrumente als variable Vergütung einsetzen dürfen, was bis dato nicht möglich war. Dies stellt für viele Unternehmen eine reale (finanzielle) Entlastung dar und ist daher ebenfalls zu begrüßen.

Zu sämtlichen Rechtsfragen im Bankenbereich stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Für eine deutschsprachige Beratung wenden Sie sich bitte an den German Desk unter Leitung von RAin Mevlüde-Aysun TOKBAG, Partner.

 

04. Dezember 2020

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Autor

Mevlüde-Aysun Tokbag

Mevlüde-Aysun Tokbag ist Partnerin & Rechtsanwältin bei Wildgen S.A. und hat mehr als 10 Jahre Erfahrung im Fonds- sowie Finanzmarktrecht, überwiegend im grenzüberschreitenden Deutsch-Luxemburgischen Rechtsverkehr. Seit 2015 leitet Frau Tokbag auch den kanzleiintern neu gegründeten German Desk und betreut mit ihrem Team, bestehend aus mehreren Rechtsanwälten, vorwiegend deutsche Unternehmen, Versicherungsgesellschaften sowie Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute in ihren luxemburgischen Projekten.

Autor

Fabian Frankus

Fabian Frankus ist Associate & Rechtsanwalt bei Wildgen S.A. Als Mitglied des kanzleiinternen German Desk berät er insbesondere deutschsprachige Mandanten bei ihren luxemburgischen Projekten im Bereich Investmentfonds und im Gesellschaftsrecht.

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