Björn Drescher ist regelmäßiger Gast in Expertenrunden und Interviewpartner von Magazinen und TV-Sendungen. Seit 2014 betreibt er den Blog „Fondsgedanken“ und hat kürzlich auch ein gleichnamiges Buch publiziert. Wir nehmen dies zum Anlass um im Rahmen eines Interviews mehr über das Buch, die vielfältigen Aktivitäten von Drescher & Cie und Herrn Dreschers Einschätzung zu aktuellen Trends im Fondsgeschäft zu erfahren.
FondsTrends: Herr Drescher, wenn man bei amazon.de den Suchbegriff „Fonds“ mit Fokus auf Bücher eingibt, erhält man mehr als 2.000 Ergebnisse. Was macht Ihr Buch besonders? Welche Zielgruppe sprechen Sie an und was kann man als Leser erwarten?
Björn Drescher: An der Tatsache, dass wir uns bei Drescher & Cie zwanzig Jahre Zeit gelassen haben ein Buch zu schreiben, können Sie vielleicht ablesen, dass wir keine notorischen Selbstdarsteller sind und großen Respekt vor dem Universum bestehender Fachbücher zum Themenkreis „Investmentfonds“ zeigen. Da Studien zufolge aber etwa die Hälfte der Deutschen nicht weiß was ein Investmentfonds ist, geschweige denn anderen den Begriff erklären könnte, schien uns da immer noch irgendetwas zu fehlen – nicht nur, aber auch mit Blick auf die Didaktik des Knowhow-Transfers.
Frei nach dem Motto „ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“, sahen wir in unserer Sammlung thematischer Karikaturen, die wir selbst mit einem Zeichner im Laufe der letzten Jahre entwickelt haben, einen neuen und vor allem originellen Transmissionsriemen, um Freunde für die Fondsidee zu gewinnen. Zielgruppen des Buches sind vor diesem Hintergrund vor allem interessierte Verbraucher, um nicht zu sagen Privatanleger, die mehr über die Fondsanlage wissen und lernen wollen. Darüber hinaus wendet sich das Buch aber auch an all diejenigen Berater, Anbieter und Bildungsträger, die Vertriebsunterstützung und Anschauungsmaterial suchen, um die Fondsanlage anderen Menschen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten näher zu bringen. Erwarten darf man kurzweilig und verständlich geschriebene zwei bis drei Stunden Lektüre, die mit gut 20 Karikaturen im wahrsten Sinne des Wortes „untermalt“ sind. Wohl gemerkt: wir sprechen hier von keinem Comic.
Cover des neuen Buches „Fondsgedanken“ von Björn Drescher
FondsTrends: Ja, die Karikaturen im Buch haben uns besonders gefallen, weil sie einige Entwicklungen und Erfahrungen der vergangenen Jahre schön pointieren. Greifen wir zum Beispiel jene auf Seite 62 heraus. Diese zeigt, dass ESG[1], also Investieren basierend auf nachhaltigen Prinzipien und Kriterien, nicht nur „Gutmenschen“ anspricht, sondern einen dauerhaften politisch gewollten Trend darstellt, der auch attraktive Renditen verspricht. Wie sehen Sie hier die weitere Entwicklung in den nächsten Jahren?
Björn Drescher: Unser Unternehmen fühlt sich dem Nachhaltigkeitsgedanken seit mehr als 15 Jahren verbunden, wie diverse von uns organisierte Veranstaltungen zu diesem Thema belegen. Ich erinnere beispielsweise an den Sustainability Congress, den wir ins Leben gerufen haben und auch 2019 wieder ausrichten werden, unser Petersberger Treffen, das in diesem Jahr unter dem Motto „ESG und Impact Investing: rettet Geld die Welt?“ steht und unzählige Webinare, Podcasts, Präsentationen und Artikel, die wir zu diesem Themenkreis erstellt haben. Im Verlauf dieser Zeit wurde für uns immer deutlicher, dass sich das Thema Nachhaltigkeit aus der Nische heraus in das Zentrum des Asset Managements bewegt. Aus der „Liebhaberei“ der Anfänge ist ein ernstzunehmendes Bündel von Strategien und Selektionsfiltern hervorgegangen, das sich zu einem regelrechten „Hygienefaktor“ im Rahmen der Vermögensverwaltung entwickeln könnte. Genoss die Nachhaltigkeit in Anlegerkreisen fast schon traditionell und naturbedingt Sympathien, haben sich entsprechende Ansätze in den vergangenen Jahren, nicht zuletzt mit Blick auf die Governance, das „G“ der „ESG-Filter“, im Zuge der Industrieskandale wie beispielsweise „Dieselgate“ als zusätzliches Instrument der Risikokontrolle bewährt. Schafft der europäische und nationale Regulator jetzt auch noch die dazu passenden Rahmenbedingungen und Vorgaben (siehe „EU-Sustainable Action Plan“) gewinnt die Bewegung weiter an Dynamik. Die Neuauflagen entsprechender Produkte und die immer häufiger zu beobachtenden Anpassungen bestehender Anlagelösungen, zeugen von der Handlungsbereitschaft einer ganzen Branche, aber auch dem Handlungsdruck, unter dem sie steht.
Karikatur aus dem neuen Buch „Fondsgedanken“ von Björn Drescher
FondsTrends: Sie haben 2014 auch „DieFondsplattform.de“ gelauncht, auf der sich Partner-News, Webinare und Podcasts finden. Wie kamen Sie auf die Idee der Plattform, was sind Ihre Erfahrungen in den letzten vier Jahren und wie möchten Sie die Fondsplattform weiter entwickeln?
Björn Drescher: Als Informationsdienstleister muss man mit dem sich ändernden Informationsverhalten seiner Kunden Schritt halten. Die Adaption bestehender Präsenzveranstaltungsformate unseres Hauses legte uns an dieser Stelle einen Handlungsbedarf nahe. Den haben wir aber zunächst unglücklich, um nicht zu sagen falsch interpretiert. Wir starteten erst mit einer „Online-Messe“, die weder in den Augen der potenziellen Sponsoren noch denen der User bestehen konnte. Erst mit dem Relaunch der Fondsplattform als Multimedia-Online-Portal zwei Jahre später gelang der Durchbruch. Heute ist diefondsplattform.de auf dem besten Weg, der zentrale virtuelle Veranstaltungsraum für Informationen rund um das Thema Publikumsfonds zu werden. Wohl gemerkt, als Anlaufstelle für professionelle Investoren und B2B-Marktteilnehmer. Und genau hier liegt auch einer der Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung, diefondsplattform.de in einer adaptierten Version auch für den Endanleger tauglich zu machen.
FondsTrends: Über die Jahre hat Drescher & Cie ein recht breites Leistungsportfolio aufgebaut. Wie schaffen Sie es das alles zu koordinieren und zudem selbst „am Puls der Zeit“ zu bleiben? Was sind Ihre unternehmerischen Pläne für die Zukunft?
Björn Drescher: Hier kommt eine ganz wesentliche Bedeutung dem „& Cie“ aus der Firmierung zu. Mit anderen Worten: das mittlerweile 10-köpfige Team der Firma hält den Vorständen Dirk Arning und mir hinsichtlich der administrativen Aufgaben den Rücken frei und unterstützt uns so gut, dass wir uns voll umfänglich auf unsere strategischen Aufgaben und die Analyse der Kapitalmärkte und des Fondsuniversums konzentrieren können. Dass sich Beruf und Hobby an eben dieser Stelle auch noch überschneiden, mag ein weiter Vorteil sein.
Pläne zur Weiterentwicklung unseres Unternehmens gibt es viele, nicht alle sind spruchreif. Gerade erst haben wir mit der Umwandlung unserer Firma von einer GmbH in eine AG ein weiteres Projekt abgeschlossen. Vielleicht unterstreicht das die Ambitionen, die wir haben und legt den Gedanken nahe, dass wir noch über einige Ideen verfügen. Dessen ungeachtet haben wir in den vergangenen Jahren aber auch gelernt, dass viele unserer Pläne sich an den Entwicklungen der Branche orientieren müssen und damit auch von ihnen entscheidend beeinflusst werden.
FondsTrends: Sie stehen seit Jahren im regelmäßigen intensiven Austausch mit Asset Managern. Das zentrale Thema scheint seit zwei bis drei Jahren – neben regulatorischen Dingen – die Digitalisierung zu sein. Wie nehmen Sie das wahr? Hat sich etwas grundlegend verändert oder sehen wir eher „alten Wein in neuen Schläuchen“?
Björn Drescher: Ich bin der festen Überzeugung, dass die „Digitalisierung“ schon seit geraumer Zeit einer der wichtigsten Treiber der Fondsbranche ist und auch noch lange bleiben wird. Die spannende Frage in diesem Zusammenhang lautet: „Beeinflusst die Digitalisierung eher das Asset Management, also die Art und Weise, wie das Geld gemanagt wird oder eher den Vertrieb, also die Geschäftsanbahnung zwischen Kunden und Anbietern?“ Augenblicklich tendiere ich zu letzterem. Und das macht die Sache für die Kapitalverwaltungsgesellschaften und Vertriebswege auch so schwierig. Wer in diesem Umfeld mit Rezepten von gestern kocht, verdirbt unter Umständen das ganze Gericht. Hier werden Marktanteile verschoben und ändern sich auch Loyalitätsstrukturen.
FondsTrends: Was halten Sie von den zahlreichen „Robo-Advisors“, die nun allerseits angeboten werden? „Marketing-Blase“ oder doch ein nachhaltiger struktureller Wandel in der Vermögensanlage?
Björn Drescher: Letzteres. Mit allen Vor- und Nachteilen, sprich Risiken, die sich vor allem aus der Projektion historischer Renditen und Korrelationen auf die Zukunft ergeben können. Diesen Themenkomplex finden wir übrigens so spannend, dass wir ihm im Rahmen unseres Veranstaltungsformats „Tacheles“ am 7. November eine eigene, hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion widmen.
FondsTrends: Abschließend nochmal zu Ihrem Buch. Sie sagten eingangs, dass „etwa die Hälfte der Deutschen nicht weiß was ein Investmentfonds ist“. Ihr Buch ist entsprechend ein klares Plädoyer für diese Anlageform. Wie erklären Sie sich, dass trotz der nicht mehr vorhandenen Zinsen noch immer viele Anleger Fonds meiden, insbesondere in Deutschland? Was könnte Ihrer Ansicht nach getan werden, um hieran etwas zu ändern? Wäre ein Staatsfonds wie in Norwegen eine denkbare Lösung – also nach dem Motto „Wenn es die Bürger nicht tun, dann eben der Staat“?
Björn Drescher: Um mich für letzteren Gedanken zu erwärmen, müsste der Staat sich in der Vergangenheit als erfolgreicher Asset Manager bewiesen haben. Ich kann da aber keine echten Referenzen sehen. Nein, gutes Asset Management lebt vom Wettbewerb, wie der aktuelle Kosten- und Leistungsdruck in der Fondsbranche eindrucksvoll belegt. Dem Staat kommt an der zuvor beschriebenen Misere aber noch an einer anderen Stelle eine Schlüsselfunktion zu. Er unternimmt wenig bis nichts, die Bürger endlich einmal zu selbst verantwortlichen Anlegern und Aktionären anzuleiten. Die Sozialisierungsinstanz Familie, mithin die Erziehung, die Berichterstattung vieler Medien und provisionsgetriebene Vertriebsstrategien der Finanzbranche haben ihr Übriges zur Ignoranz weiter Bevölkerungsschichten gegenüber der Aktien- und Aktienfondsanlage beigetragen. Als Drescher & Cie AG verstehen wir uns in diesem Zusammenhang im wahrsten Sinne des Wortes als „Aufklärer“. Wir nennen das, was wir machen, „Infondsmation“.
FondsTrends: Herr Drescher, wir danken Ihnen für das interessante Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!
4. Oktober 2018
[1] ESG = Environment (Umwelt), Social (Soziales), Governance (Unternehmensführung)
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Björn Drescher
Björn Drescher (*1970) studierte nach einer militärischen Laufbahn mit Ernennung zum Reserve-Offizier BWL in Köln und absolvierte eine Ausbildung zum Finanzwirt. Er ist seit mehr als 25 Jahren selbst Fondsinvestor, Branchenbeobachter und Unternehmer. Als Geschäftsführer der in Köln ansässigen Drescher & Cie AG verlegt er unter anderem den Börsenbrief „Fonds Scout“, betreibt den Blog „Fondsgedanken“ und rief das Online-Portal „Die Fondsplattform“ ins Leben. Er gehört als Mitglied diverser Vorstände, Aufsichts- und Beiräte, aber auch als Berater, Referent, Autor und Kolumnist zu den vielseitigsten und gefragtesten Kennern der deutschen Investmentbranche.