April 2025 wird als der Monat in Erinnerung bleiben, in dem die große Zoll‑Zeitbombe endgültig hochging. Washington zündete zuerst eine pauschale Zehn‑Prozent‑Abgabe und jagte kurz darauf Strafzölle jenseits der 140 % auf chinesische Importe in die Welt.
Peking konterte fast spiegelbildlich, Europa, Japan und Südkorea skizzierten eigene Gegenschläge – und plötzlich war aus der sanften „Soft‑Landing“-Story ein waschechter Handelskrieg geworden. Binnen weniger Handelstage sahen wir Kursausschläge von sechs Prozent und mehr, Gold sprintete auf neue Rekorde, die Dollar‑Rolle als „sicherer Hafen“ flackerte, und die Fed steckte im Schraubstock: stagnierendes Wachstum trifft zähe Inflation.
Europa: Kosmetik glänzt, Autos krachen
Trotz des globalen Donnerwetters büßte der Euro Stoxx 50 nur knapp zwei Prozent ein. Verantwortlich dafür war ein kleiner Kreis robuster Konsumtitel:
- L’Oréal puderte sich mit fast 13 % Plus nach oben,
- Wolters Kluwer, Danone und Versorger Iberdrola folgten im grünen Bereich.

Quelle: Bloomberg. Hinweis: Alle Daten und Prozentangaben basieren auf dem Stand zum 30. April 2025 und können je nach Datenquelle geringfügig abweichen. Die Performance-Angaben dienen ausschließlich der Information und stellen keine Anlageempfehlung dar.
Auf der anderen Seite rutschten Luxus‑ und Autobauer aus der Kurve: Kering, LVMH und Stellantis verloren teils zweistellig, Airbus kam nicht in die Luft. Offensichtlich sparen Verbraucher zuerst an Handtaschen und Neuwagen, wenn die Zollrechnung dräut.
USA: KI‑Rausch versus Öl‑Kater
Der S&P 500 schloss nur leicht im Minus, doch unter der Oberfläche tobte der Kampf der Extreme.
- Palantir, CrowdStrike, Netflix und ServiceNow sprangen dank KI‑Fantastereien um 20 % und mehr nach oben. Big Tech zeigte, dass Festung‑Bilanzen und Preismacht selbst Tarife wegstecken können.
- Öl‑ und Gasdienstleister – allen voran Enphase, Halliburton, Schlumberger – büßten bis zu 28 % ein: fallender Ölpreis plus Angst vor globaler Nachfrageflaute sind eine üble Mixtur.

Quelle: Bloomberg. Hinweis: Alle Daten und Prozentangaben basieren auf dem Stand zum 30. April 2025 und können je nach Datenquelle geringfügig abweichen. Die Performance-Angaben dienen ausschließlich der Information und stellen keine Anlageempfehlung dar.
Sektorenseitig lagen Tech, Basiskonsum und (knapp) Kommunikationsdienste im Plus; Energie rauschte fast 14 % ab, Healthcare und Materials schwächelten.

Quelle: Bloomberg. Hinweis: Alle Daten und Prozentangaben basieren auf dem Stand zum 30. April 2025 und können je nach Datenquelle geringfügig abweichen. Die Performance-Angaben dienen ausschließlich der Information und stellen keine Anlageempfehlung dar.
Handelskrieg, Tweets und Zinszwickmühle
Die Wall Street erlebte eine Achterbahn der Sonderklasse: Ein einziger Tweet über mögliche Zollpausen hievte die Nasdaq an einem Nachmittag zwölf Prozent nach oben – am Folgetag nahm eine verschärfte Drohung fast alles wieder weg. Zeitgleich rutschte das US‑BIP erstmals seit drei Jahren ins Minus, während der Kern‑PCE auf 3,5 % kletterte. Fed‑Chef Powell sprach von „Stagflationsrisiko“, doch mehr als verbale Beruhigungspillen konnte er nicht verteilen. Anleger preisten von fünf erwarteten Zinssenkungen auf drei zurück – und sind sich trotzdem unsicher, ob das reicht.
Lichtblicke trotz Chaos
Erstaunlich: Die Mega‑Caps lieferten weiter Rekordzahlen. Microsoft knackte 70 Mrd. $ Umsatz, Apple kündigte einen 100‑Mrd.-Rückkauf an, Alphabet streute wieder eine Dividende ein. Das verleitete viele Investoren zum Motto „Groß bleibt schön – alles andere bitte absichern“. Doch unterhalb der Giganten hagelte es Gewinnwarnungen: Industriewerte kappten Investitionen, Einzelhändler warnten vor Margendruck, UnitedHealth stürzte nach einer Gewinnwarnung um 22 % ab.
Ende des Monats: Waffenstillstand light
Gegen Monatsende tauchten zarte Entspannungsgerüchte auf: Washington gewährte Autobauern Aufschub, die Tonart gegenüber der Fed wurde milder, heimliche Gespräche mit Peking sickerten durch. Prompt legte der S&P 500 vier Wochen in Folge zu, Credit‑Spreads zogen sich etwas zusammen, und die Zinskurve hörte auf, täglich die Vorwärts‑ und Rückwärtsrolle zu üben. Doch das Fundament bleibt brüchig: Jeder Aussetzer in den Zollverhandlungen oder ein neuer Inflationsschub könnte die Karten sofort neu mischen.
Fazit & Ausblick
- Europa: Shampoo schlägt Sportwagen – defensive Konsumgüter sind der neue sichere Hafen.
- USA: „AI yes, Oil mess“ – wer Daten verkauft, verdient; wer Bohrlöcher bedient, kassiert Prügel.
- Makro: Polit‑Headlines dominieren das Geschehen, Fundamentals schreiben nur noch die Fußnoten.
Für Mai gilt daher: Gürtel enger, Helm auf. Wer überleben will, setzt auf Bargeld‑starke Tech‑Riesen plus ein paar zuverlässige Dividendenzahler – und hält ein Auge auf jede Zoll‑Meldung, die aus Washington oder Peking hereinpoltert. In diesem Handelskrieg gewinnt nicht der Mutigste, sondern der Beweglichste.
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6. Mai 2025
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Endrit Çela

Endrit Çela ist Partner und Co-Fondsmanager des AMF Family & Brands Aktienfonds der AMF Capital AG. Seine Karriere begann vor 10 Jahren bei der gleichen Firma, wo er nun in einer leitenden Position tätig ist. Vor seinem Einstieg bei AMF Capital AG arbeitete Endrit Çela von 2017 bis 2024 bei der Shareholder Value, einer Investmentgesellschaft aus Frankfurt mit Fokus auf Modern-Value-Stocks. Er ist Podcaster beim „Investmentbabo-Finanzpodcast“ & „Capital Markets Quickie“ und Autor des englischsprachigen Newsletters „Cela’s Weekly Insights“. Im Jahr 2020 initiierte er die erfolgreiche Online-Weiterbildungsplattform Fondsgipfel-Akademie, die es Finanzberaterinnen und Finanzberatern ermöglicht, sich online und zeitlich flexibel weiterzubilden.
Endrit Çela studierte Politikwissenschaften und Global Governance an der Technischen Universität Darmstadt und hat an der Frankfurt School of Finance & Management den Abschluss als zertifizierter Investmentfonds Manager erworben. Er wurde 1988 in Durrës (Albanien) geboren, wuchs in Walled Lake, Michigan (USA) auf und lebt seit über 15 Jahren in Deutschland.