Schaut man in die internationale Börsenberichterstattung, ob Print oder TV, scheint es nur einen einzigen Treiber für die Aktienmärkte zu geben – Liquidität, bzw. die Erwartungen über die zukünftige Liquiditätsversorgung, entweder über die Geldpolitik der Notenbanken oder über Fiskalpakete der Staaten. Der Berichterstattung und Deutung über die zweite Nachkommastelle bei der Inflationsentwicklung oder ob eine 0,25 %-Zinssenkung einen Monat früher oder später kommt, wird in der Folge mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als der weit wichtigeren Frage nach dem Danach – wie ein konjunktureller Neustart zum Beispiel nach einem Soft-Landing oder Hard-Landing erfolgen soll.
Dabei erfährt die nicht zu leugnende historische Korrelation zwischen der Ausweitung von Geldmengen, der Ausweitung von Staatsverschuldung und der Entwicklung von Aktienmärkten zu viel Gewicht in der Diskussion, da die Kausalität für die Aktienmärkte, anders als bei der tatsächlichen konjunkturellen Entwicklung und den folgenden Unternehmensgewinnen, nicht zwingend ist. Stark schwankende Kurs-Multiples, also Expansion wie Kontraktion des Faktors, mit dem zukünftig erwartete Unternehmensgewinne multipliziert werden, dürften unmittelbare Folge sein.
Neben immer wieder neuen Allzeithöchstständen bei den hochkapitalisierten Aktienindizes haben sich wegen zunächst Zinssenkungshoffnungen, dann tatsächlichen Zinssenkungen der Notenbanken, aber auch durch potenzielle Fiskalpakete von China über Europa bis in die USA, zahlreiche Bewertungsanomalien an den Aktienmärkten gebildet, die weder durch die ökonomische Realität noch durch die vorherrschenden Szenarien zu rechtfertigen sind.
Die erreichten Bewertungsanomalien zwischen den USA und dem Rest der Welt, zwischen den Stilen Growth und Value und zwischen hochkapitalisierten Aktientiteln und Nebenwerten, sind aktuell nur ein Wesensmerkmal der Aktienmärkte. Weiter hervorzuheben sind die historisch hohe Konzentration weniger Schwergewichte in den Aktienindizes sowie die durch eine vergleichbar niedrige Volatilität zum Ausdruck gebrachte Sorglosigkeit der Marktteilnehmer. Letztere ist der erhofften Existenz eines Sicherheitsnetzes für den Fall der Fälle – aufgespannt durch die Notenbanken oder ultimativ durch den Steuerzahler – geschuldet.
Der Treiber Liquidität und das Vertrauen auf die Notenbanken stellt dabei etwaige Verschlechterungen bei den führenden Konjunkturindikatoren in den Schatten. Potenzielle geopolitische Risiken werden ohnehin ausgeblendet, da sie faktisch unberechenbar sind.
Obwohl um die Anomalien wissend, können die Animal Spirits (animalischen Instinkte) die bereits gut gelaufenen Indizes weiter nach oben drücken. Das Momentum vor allem bei indexnahen Produkten wie ETFs oder gehebelten Produkten ist ungebrochen. Gleichzeitig gewinnen vor allem zurückgebliebene Werte immer mehr an relativer Attraktivität. Sollte eine Rezession ausbleiben, scheint es nur eine Frage der Zeit, bis eine nachhaltigere Rotation in Marktsegmente wie Value, Schwellenländer oder Nebenwerten erfolgt. Im Falle einer aktuell eher wenig wahrscheinlichen tieferen Rezession würden die Karten für die Aktienmärkte neu gemischt. Vor allem die von vielen Akteuren beschworenen Produktivitätszuwächse und Gewinnpotenziale für Unternehmen durch Künstliche Intelligenz dürften sich eher als langer und steiniger Pfad erweisen.
Unsere Strategie Equity Story Leaders steht für die Selektion qualitativ hochwertiger Unternehmen aus nachhaltigen Wachstumsbranchen bei ausgeprägt defensiven Eigenschaften.
Unser Fonds per 30.09.2024
Unser auf durchschnittlich 30 Qualitätstitel konzentrierter Fonds (H-Tranche) hat seit Jahresbeginn zugelegt, die Wertentwicklung beträgt +4,98 % und liegt damit hinter der Morningstar-Vergleichsgruppe (+10,15 %) und dem Weltaktienindex MSCI Welt EUR Net (+17,64 %). Hauptursache für die schlechtere Wertentwicklung ist neben einem vergleichbaren Untergewicht im teuren US-Technologiesektor vor allem die Bremswirkung der Nebenwerte im Portfolio. So liegt der MSCI Welt Nebenwerte EUR Net seit Jahresbeginn etwa bei der Hälfte +9,53 %, der deutsche SDAX-Preisindex sogar im Minus bei -0,97 %.
Mit jedem neuen erreichten Allzeithoch in den USA und den großen Technologiewerten, erreichten auch die Bewertungsanomalien im abgelaufenen Quartal neue historische Ausmaße.
Die Bewertungsspannen zwischen Regionen und Stilen wie USA|Rest der Welt, Growth|Value, Große Aktientitel|Nebenwerte sind auf kaum mehr zu rechtfertigenden Niveaus. Die jüngsten heftigen Kursanstiege in China können eigentlich nur der Anfang einer Normalisierung sein. Bei den Nebenwerten hat zwar eine relative Erholung eingesetzt, hier gibt es aber noch riesiges Potenzial, insbesondere wenn eine Rezession in den weltweiten Schlüsselregionen vermieden wird.
Die Treiber für weiter steigende Märkte – Momentum, Zinssenkungs- und KI-Wachstums-hoffnungen – sind intakt, andererseits verdunkeln sich aber viele makroökonomische Indikatoren. Den Schlüssel für die weitere Entwicklungen haben die Notenbanken und Politiker, letztere im Hinblick auf De-Globalisierungstendenzen und sich ausweitende Handelskonflikte. Vor den US-Wahlen im kommenden Monat ist mit einer steigenden Volatilität zu rechnen. Nach vorne schauend bestimmt das Anlegerprofil die Allokation und Selektion im Aktienbereich – wir erwarten abweichend von den großen Indizes eine Rotation in günstigere kleinere Titel.
Bei den aktuellen Bestandspositionen gehörten zu den Quartalsgewinnern Fortinet (USA) mit +22,6 %, Palantir (USA) mit +14,5 % und UnitedHealth (USA) mit +11,3 %. Zu unseren Quartalsverlierern gehörten Synopsys (USA) mit -18 %, Alphabet (USA) mit -14,1 % und Campari (Italien) mit -13,9 %, jeweils in Euro.
Im abgelaufenen Quartal haben wir uns von den Positionen Aurubis, BMW und Rentokil getrennt, dafür eine Position in L’Oreal erworben – ferner erstmals kleinere Handelspositionen in bioMerieux, Palantir und Qualis aufgebaut.
Aktuell sind wir in 33 Unternehmen investiert, die sich ausgewogen über globale Trends von Agrarrevolution bis hin zur innovativen Wasserversorgung verteilen, wobei aktuelle Marktführer gegenüber vermeintlich zukünftigen Gewinnern bevorzugt werden. Ein gutes Drittel unserer Positionen sind als Nebenwerte zu bezeichnen. Unsere fünf größten Portfoliogewichte zum Quartalsende: Garmin 4,5 %, Alphabet 4,2 %, Qinetiq 4,2 %, Vertex Pharmaceuticals 3,9 %, und Linde 3,8 %.
Der Beitrag ist eine Zweitveröffentlichung und wurde bereits im Oktober 2024 auf dolphinvest-capital.eu veröffentlicht.
29. Oktober 2024
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Thomas Böckelmann
Thomas Böckelmann übernahm im Jahr 2015 als Geschäftsführer die Leitung Portfoliomanagement bei Dolphinvest Capital GmbH. Davor führte er bereits 5 Jahre sein eigenes Finanzdienstleistungsunternehmen und agierte mehr als 20 Jahre im internationalen Kapitalmarktgeschäft für führende Finanzhäuser in Frankfurt und London. In 15 Jahren Tätigkeit für die Deutsche Bank ist er u.a. verantwortlich für die Beratung institutioneller Investoren wie Investmentfonds und Versicherungen gewesen. Als Direktor verantwortete er die Organisation und Durchführung zahlreicher internationaler Börseneinführungen und Platzierungen. Bei HSBC Trinkaus & Burkhardt war er als Spezialist für die Produkte Investmentstrategien und Asset Allocation (Vermögensstruktur) zuständig.