Passiver Handel verstärkt eisigen Nordwind an den Börsen

An den Börsen haben Anleger im Februar einen eisigen Nordwind zu spüren bekommen. In einem Börsensegment, das normalerweise Profis vorbehalten ist, vollzog sich innerhalb eines Tages ein wahres Waterloo: Einige Zertifikate zur Verbriefung von Wetten gegen Kursschwankungen wurden den Anlegern wertlos ausgebucht. Dagegen wirkt der am MSCI gemessene maximale Drawdown von -8% seit Jahresbeginn für börsennotierte Unternehmen geradezu harmlos.

Investoren hatten offenbar die Angst vor fallenden Kursen verloren, wie die ungewöhnlich niedrigen Werte der Volatilität der letzten drei Jahre zeigen. Mit ihr wird die von Anlegern erwartete Schwankungsbreite der Aktienkurse gemessen. Je niedriger ihr Wert, desto höher die Sorglosigkeit. Auch die Bewertung der Unternehmensgewinne hat in der Kursrallye seit der Finanzkrise erstaunliche Höhen erreicht. In den letzten Jahren sind weltweit bei vielen Unternehmen, aber vor allem in den USA, die Kurse stärker gestiegen als die Gewinne. Deutlich wird das Missverhältnis am Beispiel einer von Nobelpreisträger Robert Shiller entwickelten Größe CAPE (Cyclically Adjusted P/E). Diese Kennzahl bereinigt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Gewinne der zurückliegenden zehn Jahre um Inflations- und Konjunktureffekte. Man erhält eine normalisierte Betrachtung ohne Ausreißer nach oben oder unten. CAPE lag Ende Januar bei fast 35 Punkten und damit nahezu 25 Prozent höher als vor Ausbruch der Krise im Jahr 2006. Die amerikanische Wirtschaft ist inflationsbereinigt aber nur um 20 Prozent in diesem Zeitraum gewachsen.

„Entscheidend ist für uns die absolute Bewertung der Unternehmen, wir orientieren uns weniger am Markt und Makrothemen. In unserem Portfolio halten wir attraktiv bewertete und gründlich analysierte Qualitätstitel, die uns den Halt und die Zuversicht geben, auch in den kommenden Marktkorrekturen zu bestehen.“

Ufuk Boydak

Irrationale Beschleuniger

Daran lässt sich ablesen, dass es für Aktienkurse auf dem Weg nach oben nicht immer rationale oder fundamentale Gründe gibt. Gleiches gilt für den Weg nach unten. Besonders dramatisch hat dieser Umstand Anfang Februar gewirkt. Der Dow Jones verlor innerhalb von wenigen Minuten ansatzlos 1.600 Punkte, ohne dass eine bestimmte Nachricht Anlass dazu gegeben hätte. Wie sich später herausstellte, lag die Ursache vor allem in computer-gestützten Handelssystemen, die den Kursverfall noch beschleunigten. Dabei werden große kreditfinanzierte Summen automatisiert und spekulativ an den Terminbörsen eingesetzt. Diese Algorithmen folgen in Echtzeit den einzelnen Tick-Bewegungen eines Aktienindex, verstärken sie kurzfristig in eine Richtung, um mit begleitenden Käufen oder Verkäufen einen Handelsgewinn zu erzielen. Zum Schluss werden diese Positionen dann schnell wieder geschlossen. Im schlimmsten Fall sorgen solche Systeme quasi zufällig für eine Selbstverstärkung des Abschwungs, weil ein Computer die Richtung des anderen aufgreift und dann vielleicht ein weiterer. Auf diese Weise können Kettenreaktionen in Gang gesetzt werden, die wiederum in Wechselwirkung mit den Kassamärkten treten.

Wie geht man mit den Schwankungen um?

In solchen volatilen Phasen liegen schnell die Nerven blank, so auch bei den eingangs erwähnten Wetten gegen die Volatilität. Der Vermögensschaden bei den börsengehandelten Produkten bewegt sich in Milliardenhöhe. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs, denn noch größere Summen schlummern in den Depots von institutionellen Investoren, deren Verluste sich nicht genau beziffern lassen. Auf private Anleger, die „eigentlich nur“ nach soliden Möglichkeiten zum Vermögensaufbau suchen, kann das eine abschreckende Wirkung haben.

Es gibt aber noch eine Anlegergruppe, die bisher nicht erwähnt wurde: professionelle Vermögensverwalter, die ihre Investmententscheidungen auf eine fundierte Marktmeinung stützen; die das Zusammenspiel der Einflussgrößen am Kapitalmarkt differenziert auswerten und die hinter den Aktien vor allem die Unternehmen sehen. Auch wenn die Finanzmärkte zur Drehscheibe sehr unterschiedlicher Kapitalströme geworden sind, reflektieren Aktienkurse nur die aktuellen gehandelten Preise für die Unternehmen und nicht den Wert der Unternehmung und der dahinter stehenden realwirtschaftlichen Aktivität. Einer Reihe von Unternehmen gelingt es durch die Konjunkturzyklen hindurch, ihr Geschäftsmodell an den ökonomischen Wandel anzupassen und dauerhafte Werte zu schaffen. Diese Firmen zu finden, gelingt am ehesten, wenn man Aktien wie ein Unternehmer nach ihren langfristigen Aussichten beurteilt. Kann man diese Einschätzung mit der eigenen Risikotoleranz gegenüber Schwankungen in Einklang bringen, besitzt man auch die mentale Stärke, in heftigen Korrekturen beherzt zuzugreifen. Denn genau in den beschriebenen Situationen wie zuletzt im Februar werden auch solide Unternehmen abgestraft, so dass sich für Anleger die Möglichkeit eröffnet, günstiger zu investieren. Aber wie soll man als Privatanleger auf diese Kursstürze reagieren und wie weit darf oder soll man nach vorne blicken?

Wertentwicklung LOYS L/S P, 31.01.2012 bis 28.02.2018 (in % auf 100 indiziert)

Der beste Zeitpunkt, eine Aktie zu kaufen

Bedeuten die Kursrückgänge des Monats Februar eine Trendwende an den Aktienmärkten? Fundamental gesehen bietet die Konjunktur wenig Anlass zur Kritik. Man könnte es aber durchaus als einen Warnschuss an die Anleger verstehen, nicht zu sorglos zu sein. Die Kursrückgänge produzierten eine gewisse Bereinigung, die in manchen Werten auch ruhig noch stärker hätte ausfallen können.

Insofern gibt es keine einfache Antwort auf die Frage nach dem besten Zeitpunkt, weil die Börsen immer wieder von volatilen Phasen geprägt sind. Schaut man aber auf die zum Teil sehr lange Historie der Aktienmärkte zurück, dann relativieren sich Crashs in den Dimensionen von Zeit und Raum. Ausschlaggebend ist die Wahl der Aktien. Erfahrungsgemäß erholen sich die Kurse solider Unternehmen nach Abschwüngen schneller als der Gesamtmarkt. Wer in dieser Erholungsphase nicht dabei ist, gibt einen wesentlichen Teil seiner langfristigen Renditechancen auf. Laut einer Analyse für den amerikanischen Aktienmarkt verschenkten Anleger im Zeitraum zwischen 1995 und 2015 ca. zwei Drittel der möglichen Gesamtrendite schon dann, wenn sie an den besten zwanzig Börsentagen nicht investiert waren. So gesehen ist der beste Zeitpunkt, eine Aktie zu kaufen, der schwache Börsentag, damit man die anschließende Erholung nicht verpasst.

13. März 2018

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Autor

Ufuk Boydak

Im November 2009 trat Ufuk Boydak bei der LOYS AG als Analyst ein und wurde aufgrund seiner Expertise 2011 Co-Portfoliomanager für sämtliche Fonds. Seit 2013 verwaltet er hauptverantwortlich den LOYS Global System. Es folgten die Übernahme des LOYS Europa System und des LOYS Global L/S. Darüber hinaus ist Boydak am 01.01.2015 in den Vorstand der LOYS AG eingetreten und seit dem September 2017 Vorstandsvorsitzender.

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