Die Vertriebsstrukturen in der Finanzwelt befinden sich im Wandel. Das Konzept von Open Finance steht im Zentrum dieser Transformation. Für unabhängige Vermittler von Finanzprodukten birgt Open Finance nicht nur Herausforderungen, sondern auch immense Chancen. Gewähren Kunden den Datenzugriff auf Basis technischer Zugangsschnittstellen, ist es möglich, Geschäftsmodelle neu auszurichten und innovative Vertriebsansätze zu entwickeln.
Im Folgenden werden vier Beispiele vorgestellt, die zeigen, wie unabhängige Vermittler diese neuen Möglichkeiten nutzen können, um ihre Marktposition zu stärken.
Cockpit-Apps als zentrale Steuerungsplattformen
Ein innovativer Ansatz, der in der Praxis bereits an Bedeutung gewonnen hat, ist die Entwicklung von Cockpit-Apps (Dashboards). Diese Anwendungen dienen als zentrale Steuerungsplattformen, über die Vermittler sämtliche Finanzdaten ihrer Kunden einsehen und verwalten können. Der Schlüssel zum Erfolg liegt hierbei in der nahtlosen Integration aller relevanten Informationen. Durch die Verknüpfung von Kontodaten, Investmentportfolios, Versicherungsverträgen und weiteren Finanzprodukten erhalten Vermittler einen umfassenden Überblick über die finanzielle Situation ihrer Kunden.
Ein praktisches Beispiel ist eine App, die es ermöglicht, Veränderungen in den Einkommens- oder Vermögensverhältnissen eines Kunden sofort zu erkennen. Dadurch können Vermittler proaktiv auf Veränderungen reagieren und ihren Kunden maßgeschneiderte Lösungen anbieten, sei es durch die Anpassung von Sparplänen, das Angebot neuer Anlageprodukte oder die Beratung zu steuerlichen Optimierungen. Diese Cockpit-Apps werten die Rolle des Vermittlers auf vom Produktverkäufer zum umfassenden Finanzberater, der alle finanziellen Aspekte seiner Kunden im Blick hat.
Kooperationen
Ein weiterer wichtiger Trend ist die Entwicklung von vernetzten Ökosystemen durch strategische Kooperationen. Wer bisher auf das Fondsgeschäft konzentriert war, könnte überlegen, im Fondsangebot weitere Assetklassen hinzuzunehmen, Versicherungen oder Immobilienkredite anzubieten. Dies ermöglicht Vermittlern, ihren Kunden ein ganzheitliches Finanzangebot zu unterbreiten und sich zugleich als zentraler Ansprechpartner für alle finanziellen Belange zu positionieren, was wiederum die Bindung der Kunden an den Vermittler stärkt.
Personalisierte Kundenansprache durch Datenanalyse
Die Nutzung von Datenanalysen zur Personalisierung der Kundenansprache ist ein weiterer innovativer Vertriebsansatz, der in der Open-Finance-Ära immer wichtiger wird. Dank des Zugangs zu umfangreichen Finanzdaten können Vermittler das Verhalten und die Bedürfnisse ihrer Kunden genauer analysieren und auf dieser Basis individualisierte Angebote erstellen.
Ein Praxisbeispiel ist die Anwendung von Algorithmen, die das Ausgabeverhalten eines Kunden analysieren und darauf basierend Optimierungsvorschläge unterbreiten. Ein Vermittler könnte beispielsweise erkennen, dass ein Kunde überdurchschnittlich hohe Ausgaben für Versicherungen hat und ihm daraufhin eine günstigere, aber dennoch adäquate Alternative vorschlagen. Ebenso könnten Sparpotenziale in anderen Bereichen identifiziert und dem Kunden entsprechende Maßnahmen empfohlen werden. Diese personalisierte Ansprache steigert die Relevanz der Beratung und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsabschlusses.
Automatisierte Beratung und digitale Vertriebswege
Schließlich gewinnt die automatisierte Beratung über digitale Vertriebswege zunehmend an Bedeutung. Robo-Advisor-Angebote und andere digitale Beratungsplattformen haben in den letzten Jahren einen enormen Zulauf erfahren, da sie kosteneffiziente und skalierbare Lösungen für die Vermögensberatung bieten. Denn viele Kunden schätzen heute die Kombination einer klassischen Vermögensverwaltung mit einer aktiven Verwaltung von Einzeltiteln auf digitaler Basis. Sie profitieren hierbei von einem unkomplizierten Anmeldeprozess ganz ohne Papier. Für unabhängige Vermittler bedeutet dies, dass sie ihre Dienstleistungen um automatisierte Beratungstools erweitern können, um ein breiteres Publikum zu erreichen.
Ein konkretes Beispiel ist die Integration eines Robo-Advisors in das eigene Dienstleistungsportfolio. Ein solcher Robo-Advisor kann auf Basis der vom Kunden bereitgestellten Finanzdaten automatisch Anlagevorschläge machen, die den individuellen Bedürfnissen und Risikoprofilen des Kunden entsprechen.
Aus Sicht unabhängiger Berater ist es auch wichtig, ihre Kunden auf die verschiedenen Arbeitsweisen der beliebten Plattformen hinzuweisen: Am Markt gibt es sowohl Anbieter, deren Investmententscheidungen von einem Algorithmus vorgegeben werden, als auch Angebote, wo Kapitalmarktexpertinnen und –experten diese Aufgabe übernehmen. Der Vermittler kann schließlich deren Vorschläge validieren und gegebenenfalls anpassen. Dies ermöglicht es, auch Kunden mit geringeren Anlagebeträgen eine hochwertige Beratung anzubieten, die bislang vielleicht nicht wirtschaftlich gewesen wäre.
Fazit
Die Entwicklungen im Bereich Open Finance bieten unabhängigen Vermittlern von Finanzprodukten zahlreiche neue Möglichkeiten, ihre Vertriebsansätze zu innovieren und auszubauen. Wichtig ist dabei, in Bezug auf die regulatorischen Entwicklungen auf dem Laufenden zu bleiben. Denn einen umfassenden Rechtsrahmen, ähnlich dem, der durch die Zweite Zahlungsdiensterichtlinie (Payment Services Directive 2 – PSD2) geschaffen wurde, gibt es aktuell noch nicht.
Aber gerade die PSD2 zeigt, wohin die Reise geht: Beliebte Vergleichsportale sehen in Zeiten von Open Banking die Zahlungsvorgänge ihrer Kunden und sind in der Lage, ihnen attraktive Produktalternativen anzubieten. Kommt es zum Abschluss, ist dieser Bestand für den Vermittler des ursprünglichen Vertrages verloren.
Deshalb ist bereits heute klar: Open Finance wird grundsätzlich den Anbieterwechsel weiter vereinfachen und in der Folge zu einer noch viel höheren Wechselbereitschaft führen als heute. Vermittler sind deshalb gut beraten, die oben skizzierten Möglichkeiten auf Basis der EU-Initiative zu nutzen, um ihre Geschäftsmodelle zu überarbeiten, sich neu zu positionieren und in der komplett offenen Finanzwelt zu den Profiteuren zu zählen.
Die Vorschläge der EU-Kommission für ihre Open-Finance-Initiative liegen dazu bereits auf dem Tisch – inklusive der Verordnung mit Namen „Framework for Financial Data Access Regulation“, kurz FIDA. Wir gehen aktuell davon aus, dass das Regelwerk 2027 in Kraft treten und Open Finance für den Vertrieb im positiven Sinne einen disruptiven Charakter haben wird.
Der Beitrag ist eine Zweitveröffentlichung und wurde bereits im Oktober im performer-Magazin veröffentlicht.
3. Dezember 2024
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Thorsten Schrieber
Thorsten Schrieber ist seit 2018 Mitglied im Vorstand der DJE Kapital AG und verantwortet die Bereiche Vertrieb (Institutional, Wholesale, Retail), Sales Support sowie Marketing und PR und Investment Operations. Bereits zwischen 2001 und 2007 war er für die DJE Kapital AG sowie die DJE Investment S.A. als Vorstand für Vertrieb und Marketing tätig.