Nachhaltige Kapitalanlage weitergedacht: Vom Fonds zum aktiven Engagement

Wie die Advanced Sustainable Investment GmbH neue Wege der Einflussnahme nutzt

Nachhaltiges Investieren geht über ESG-Kriterien hinaus – es bedeutet aktiven Klimaschutz. Wilhelm Möller, Geschäftsführer der Advanced Sustainable Investment GmbH und Fondsmanager des „Fight For Green“ Aktienfonds, ist neben der bestehenden Nachhaltigkeitsstrategie und Kooperation mit Compensators e.V. eine neue Partnerschaft mit dem Bundesverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre e.V. eingegangen. Gemeinsam setzen sie sich auf Hauptversammlungen für mehr Klimaschutz und CO₂-Reduktion ein. FONDSTRENDS.LU hat mit Wilhelm Möller abermals über seine Motivation, den Ausbau seines Engagements, die Rolle von aktiver Einflussnahme und die Herausforderungen des nachhaltigen Investierens im Jahr 2025 gesprochen.

FONDSTRENDS.LU: Herr Möller, schön Sie erneut zu treffen. Das letzte Mal sprachen wir 2023. Seitdem hat sich einiges getan. Sie haben kürzlich die Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre gestartet. Was hat Sie konkret dazu veranlasst, zusätzlich zur bestehenden Nachhaltigkeitsstrategie die Kooperation mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen einzugehen?

Wilhelm Möller: Wir wollten unseren direkten Einfluss bei dem Thema weiter ausbauen. Investmentfonds sind in ihren Möglichkeiten eines direkten unmittelbaren Einflusses begrenzt. Das schlichte Allokieren von Titeln bei Aktienfonds ruft keine Wirkung hervor. Parallelen sieht man im Rentenbereich: Nur bei einer Erstzeichnung kann eine unmittelbare Wirkung messbar gemacht werden. Das Kaufen von Schuldtiteln auf dem Sekundärmarkt verursacht ebenfalls keine Wirkung. Nachhaltige Investmentfonds sollten neben der Allokation von Titeln weiter nach Wirkmechanismen suchen.

Der Fight For Green Fonds konzentriert sich auf das Thema CO2. Allokiert werden Titel, welche sich zum Pariser Klimaschutzabkommen bekennen und ein wissenschaftlich basiertes Reduktionsziel verfolgen. Ziel seit Gründung war es, dass Thema CO2 an allen möglichen Stellen zu adressieren.

So hat der Fight For Green neben der schlichten Allokation ein unterjähriges Nudging (=das subtile Fördern eines bestimmten Verhaltens) bei den Investor Relations als Ziel. Hier werden Rückfragen zu den Nachhaltigkeitsberichten – insbesondere zur Emissionsentwicklung – gestellt. Außerdem werden die Unternehmen so an ihre selbst gesteckten Ziele erinnert und sensibilisiert, dass es eine nicht zu unterschätzende Zahl von Investoren gibt, welche nur deswegen Investor geworden sind.

Da uns dies nicht ausreicht, haben wir in der Vergangenheit eine Kooperation mit dem Compensators e.V. geschlossen um Verschmutzungsrechte (sog. EUAs) im europäischen Emissionshandelssystem (ETS 1) stillzulegen. So bleiben den Unternehmen weniger CO2-Zertifikate, also weniger Verschmutzungsrechte.

Neu ist die angesprochene Kooperation mit dem Bundesverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre e.V. Diese setzen sich auf Hauptversammlungen für verschiedene Nachhaltigkeitsthemen ein, unter anderem auch für das Thema CO2. Wir unterstützen mit unseren Stimmrechten im Fonds die Gegenanträge der kritischen Aktionäre. So kann das Thema neben einem unterjährigen Nudging auch direkt auf der Hauptversammlung beim Vorstand vor den Eigentümern adressiert werden.

FONDSTRENDS.LU: Erläutern Sie uns bitte kurz, wie der Prozess der Abstimmung auf Hauptversammlungen aussieht. Welche Rolle spielen dabei die Stimmrechte, die Sie als Fondsmanager des „Fight For Green“ Fonds ausüben können? Welche Hürden gibt es dabei?

Wilhelm Möller: Die Abstimmung auf Hauptversammlungen (HV) von Aktiengesellschaften funktioniert nach festen Regeln und betrifft alle wichtigen Entscheidungen des Unternehmens. Z. B. steht die Entlastung des Vorstandes zur Abstimmung, also ob der Vorstand die gesteckten Ziele (auch Nachhaltigkeitsziele) erreichen konnte.

Für Anlageberater und ihre vertraglich gebundenen Vermittler wird die Ausübung von Stimmrechten auf Hauptversammlungen komplex, wenn Investitionen über Service-KVGs erfolgen und Stimmrechtsberater wie IVOX Glass Lewis eingebunden sind. Die Service-KVG übt als rechtlicher Eigentümer das Stimmrecht aus – auf Basis eigener Stimmrichtlinien oder Handbücher. IVOX liefert dazu ESG-orientierte Analysen und Abstimmungsempfehlungen. Die Stimmabgabe erfolgt meist automatisiert nach diesen Vorgaben. Bei Abweichungen oder kritischen Themen entscheidet die Service-KVG manuell.

Durch die gebündelte Wahrnehmung der Stimmrechte zahlreicher Fonds entsteht ein strategisches Potenzial: So kann auf Hauptversammlungen gezielt Einfluss auf unternehmensrelevante Entscheidungen genommen werden, etwa bei der Ausgestaltung der Vorstandsvergütung, der Verankerung von Nachhaltigkeitszielen oder bei der Bewertung und Unterstützung von Klimastrategien.

Genau hier setzt die Kooperation an. Wir dürfen im Rahmen unseres Settings zwar keine eigenen Aktionärsanträge einbringen, können aber andere Anträge unterstützen. So unterstützen wir gezielt mit den Stimmrechten des Fonds den kritischen Aktionären mit ihren Gegenanträgen (z. B. gegen die Entlastung des Vorstands). Außerdem liefern wir den kritischen Aktionären die notwendigen Daten im Bereich CO2. Falls uns die Gegenanträge der kritischen Aktionäre nicht ausreichen sollten, haben wir außerdem die Möglichkeit, über unser firmeneigenes Depot selbst Aktionärsanträge einzubringen. Wir engagieren uns also gemeinsam mit dem Dachverband auf Hauptversammlungen. Erster Aufschlag war die Hauptversammlung bei der Vonovia SE, wo wir deren mangelnden Fortschritte ausarbeiteten und auf der Hauptversammlung monierten.

FONDSTRENDS.LU: Was hat sich in der Zwischenzeit noch getan? Werfen wir einen Blick auf den Fight for Green, den sie vor nun 3 Jahren aufgelegt haben. Wie hat sich dieser weiterentwickelt – in Bezug auf Volumen, Wirkung und Anlegerstruktur?

Wilhelm Möller: Der Fight For Green Fonds ist am 07.07.2025 drei Jahre alt geworden. Damit haben wir einen wichtigen Vorbehalt vieler Investoren ausschlagen können, ein noch zu junger Fonds zu sein. Innerhalb dieser drei Jahre haben wir knapp 15 % Wertsteigerung erreichen können. Ebenfalls hat sich unser Fondsvolumen von 7,7 Millionen EUR auf knapp 12,0 Millionen gesteigert. Wohlgemerkt in einem Artikel 9 – Marktumfeld, dass sich eher durch Mittelabflüsse und Konsolidierungen, anstatt durch AuM-Wachstum auszeichnet. Das sind Erfolge, auf die sich aufbauen lässt. Nächste große Zielmarke sind die 20 Millionen EUR. Auch die Wirkungsebenen haben wir, wie eben beschrieben, weiter ausgebaut. Der Fonds findet sich zwar auch zu knapp einer Millionen EUR in Privatanlegerdepots – gleichwohl wird er weiterhin eher von institutionellen Anlegern gekauft.

FONDSTRENDS.LU: Sie sagten damals, ESG werde sich weiter professionalisieren. Inwiefern haben sich Ihre Erwartungen im letzten Jahr erfüllt – und was hat Sie überrascht?

Wilhelm Möller: Leider hat sich das Thema ESG nicht weiter professionalisiert – eher das Gegenteil ist der Fall. Neben Debatten, ob Rüstungsgüter als nachhaltig einzustufen sind, werden einige Rechtsakte seitens der Europäischen Union wieder rückgängig gemacht (Omnibus-Pakete). Die Wiederwahl von Trump in den USA wird das Thema wohl auch nicht unterstützen.

Nichtsdestotrotz führt auf lange Sicht nichts an dem Thema Klimaschutz vorbei, weswegen wir dieses Thema weiterhin für wesentlich – auch für die Finanzmärkte – erachten.

FONDSTRENDS.LU: Sie engagieren sich nicht nur in der nachhaltigen Kapitalanlage, sondern treiben auch die Digitalisierung von Vermögensverwaltungsprozessen voran. Warum ist das Thema aus Ihrer Sicht so entscheidend – gerade in Verbindung mit Nachhaltigkeit?

Wilhelm Möller: Die Digitalisierung ist für nachhaltige Kapitalanlagen zentral, weil sie Transparenz, Effizienz und Skalierbarkeit schafft. ESG-Kriterien erfordern die Auswertung großer Datenmengen und eine präzise Umsetzung – das gelingt nur mit digitalen Tools. Automatisierte Prozesse wie ESG-Ratings, Stimmrechtsausübungen oder SFDR-Reportings ermöglichen eine konsistente und regelkonforme Umsetzung. Gleichzeitig wird aktiver Einfluss auf Unternehmen möglich, etwa bei Klima- oder Governance-Themen. Digitalisierung ist damit kein Selbstzweck, sondern ein Schlüssel, um Nachhaltigkeit in der Vermögensverwaltung wirksam und zukunftsfähig zu gestalten.

FONDSTRENDS.LU: Viele ESG-Investoren setzen aktuell auf künstliche Intelligenz zur Analyse von Nachhaltigkeitsdaten. Wo sehen Sie konkreten Nutzen und wo auch Grenzen bei der automatisierten Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken?

Wilhelm Möller: Künstliche Intelligenz bietet ESG-Investoren einen klaren Nutzen bei der Verarbeitung großer, oft unstrukturierter Datenmengen – etwa aus Nachhaltigkeitsberichten, Nachrichtenquellen oder Social Media. Sie kann schneller als herkömmliche Methoden Muster erkennen, Risiken identifizieren und frühzeitig auf kontroverse Entwicklungen hinweisen. Besonders hilfreich ist KI bei der laufenden Überwachung von Unternehmen und beim Vergleich mit ESG-Kriterien oder Taxonomien.

Allerdings hat die automatisierte Bewertung auch klare Grenzen. Viele Nachhaltigkeitsthemen – wie soziale Auswirkungen, Unternehmensethik oder Governance-Fragen – sind komplex, kontextabhängig und oft nicht eindeutig messbar. Hier braucht es menschliches Urteilsvermögen, um qualitative Aspekte richtig einzuordnen. Zudem hängt die Qualität der KI-Ergebnisse stark von der Datenbasis ab: Unvollständige oder verzerrte Daten können zu fehlerhaften Einschätzungen führen. KI ist daher ein wertvolles Werkzeug, ersetzt aber nicht die kritische Analyse.

FONDSTRENDS.LU: Mit Blick auf die Zukunft: Planen Sie weitere Kooperationen oder eine Ausweitung Ihrer Aktivitäten auf Hauptversammlungen? Welche Ziele haben Sie für die nächsten Jahre?

Wilhelm Möller: Bisher sind keine weiteren Kooperationen geplant. Die Aktivitäten auf der Hauptversammlung sind ebenfalls ausgereizt. Als größtes Ziel für die kommenden Jahre ist die Realisierung unseres größten Wachstumsprojekts: Die Impaktiva AG. Diese ist eine grüne und voll digitale Vermögensverwaltung, welche sich gerade in der Konzeption befindet. Diese grüne Vermögensverwaltung soll neben dem Flaggschifffonds Fight For Green (künftig FFG Offensiv) auch ein defensives Pendant, den Fight For Green Defensiv (FFG Defensiv), erhalten.

FONDSTRENDS.LU: Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview, Herr Möller! Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.

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Autor

Wilhelm Möller

Wilhelm Möller ist ein Jurist und Fondsmanager der Advanced Sustainable Investment GmbH. Seine Studiumsschwerpunkte im Unternehmens- und Steuerrecht hat er mit Prädikat abgeschlossen. Neben seinem Studium der Rechtswissenschaft ist er zudem Finanzvorstand des akademischen Börsenvereins Leipzig e.V. wo er vorher schon Portfoliomanager des Vereins-Depots war. Im Bereich ESG prägt ihn seine Jugend im NAJU, seinen Aufenthalt während der Gymnasialzeit in der Umweltschule in Europa als auch seine Aktivitäten bei Fridays For Future. Citywire titulierte ihn neulich als „einen der großen Nachwuchstalente der Fondsbranche“. Heute wohnt er in Leipzig und ist als Geschäftsführer der Advanced Sustainable Investment GmbH tätig.

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