Rückblick
Die Politik und die wirtschaftliche Realität hielten im abgelaufenen Monat wie schon zuvor die Anleger auch weiterhin in ihrem Bann, nur dass diesmal die beginnende Berichtssaison für die Unternehmensgewinne und die Zentralbanken für die westlichen Kapitalmärkte richtungsweisend waren. Die US-amerikanischen Zinsen haben wieder leicht angezogen, nachdem die Zentralbank eine weitere Zinserhöhung im September in Aussicht gestellt hat – sehr zum Unmut von Präsident Trump. Die amerikanische Konjunktur läuft auf Hochtouren, was bereits in den ersten Gewinnausweisen ihren Niederschlag gefunden hat. Es waren wiederum die Technologie- und Internetwerte, wie Alphabet, Amazon und Microsoft, die den amerikanischen Nasdaq 100 zu neuen Allzeithochs getrieben haben. Zwar haben auch die breiter aufgestellten Aktienmärkte in Europa davon profitiert, konnten aber nur Teile ihrer im Vormonat erlittenen Verluste wieder wettmachen. Die deutsche Börse lag wegen ihrer Export-lastigen und auf Finanzwerte ausgerichteten Struktur wieder im Hintertreffen. Der Dollar, das Pfund und der Schweizer Franken lagen relativ unverändert gegenüber dem Euro, während die Währungen Chinas und der Türkei weiter abgewertet haben. Der Goldpreis befindet sich auch weiterhin auf Talfahrt.
Ausblick
In den Ferienmonaten August und September tun sich die Aktienmärkte nach dem Ende der Berichtssaison statistisch gesehen häufig schwer, die eingeschlagene Richtung beizubehalten. Die Unsicherheit über die Einrichtung weiterer Zollschranken und sonstiger Handelsbeschränkungen wird zwangsläufig die Diskussion über nachhaltige Auswirkungen auf Konjunktur, zukünftige Kapitalinvestitionen und Beschäftigung entfachen. Technische Aktienmarktkorrekturen sind trotz steigender Unternehmensgewinne und einem bislang positiven ökonomischen Umfeld deshalb nicht auszuschließen. Das gilt vor allem für die durch ausländische Investoren bestimmten europäischen und insbesondere deutschen Börsen. In der Tat spielen die jetzt in Washington angelaufenen Verhandlungen zwischen den USA und der EU zur Beilegung des offenen Handelsstreits für die ökonomische Zukunft Deutschlands und der EU-Länder eine lebenswichtige Rolle. Ohne Zugeständnisse beider Seiten wird es nicht zu einer für alle Beteiligten befriedigenden Lösung kommen.
Nach ersten Informationen will man in Verhandlungen über einen ganzen Katalog von Handelsschranken eintreten, um am Ende ein neues tragfähiges Handelsabkommen zu vereinbaren. Dazu zählen neben der Erhöhung der Importquoten für Soja und Flüssiggas auch die Überarbeitung der bereits bestehenden Zölle auf Aluminium und Stahl. Automobilzölle werden ein zentrales Thema während der Verhandlungen sein. Das wird kein leichtes Unterfangen werden, weil darüber hinaus viele nationale Gesetze und Verordnungen, wie zum Beispiel Umwelt- und Verbraucherschutz bei den anstehenden Verhandlungen mit hineinspielen. Es bleibt nur zu hoffen, dass die deutsche Automobilindustrie als eine der wichtigen Treiber der deutschen Wirtschaft mit einem blauen Auge davonkommen wird.
Zudem wartet ein ganzer Sack voll ungelöster nationaler und europäischer Aufgaben im Umfeld der unaufhaltbar voranschreitenden Industrierevolution auf eine zerstrittene Union und eine in vielen Teilbereichen uneinige Regierungskoalition, deren vorzeitiges Ende deshalb bereits heute nicht mehr auszuschließen ist.
Insgesamt sind das keine rosigen kurz- und langfristigen Aussichten für den deutschen Aktienmarkt, dessen relative Attraktivität in Bezug auf Größe und Bedeutung in den letzten Jahren ständig abgenommen hat. Anleger sollten deshalb Sorge dafür tragen, ihre auf langfristige Erträge ausgerichteten Aktienportefeuilles breit zu streuen und international zu diversifizieren.
Kapitalmarktaussichten
In der EU ist auch weiterhin nicht mit einer Änderung der EZB-Politik zu rechnen, sodass das allgemeine Zinsumfeld unverändert Bestand haben wird. Das gilt nur bedingt für die US-amerikanischen Zinsen. Auch wenn diese im Verlauf des Sommers weiter ansteigen, sollte nicht damit gerechnet werden, dass die US-Aktienmärkte darauf negativ reagieren. Viele Kapitalmarktbeobachter verweisen seit längerem auf die Möglichkeit, dass bei weiteren Aktionen der Fed die kurzfristigen Zinsen nicht nur die optische Marke von 3% übersteigen können, sondern sich auch die Zinskurve zwischen kurzen und langen Laufzeiten weiter abflachen könnte. Bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg mit einem Spielraum von weiteren 40 Basispunkten, ohne dass es das positive Bild der Aktienmärkte in den USA eintrüben sollte. So bleibt der grundsätzliche positive Trend auch weiterhin intakt, was technische Kurskorrekturen über den Sommer hinweg nicht ausschließt. Es ist offensichtlich, dass sich die Bewertungsschere zwischen den traditionellen Aktien der sogenannten ‚Old Economy‘ und derjenigen durch die Digitalisierung, Cloud und das Internet getriebenen neuen Wachstumsgesellschaften auch in diesem Quartal zugunsten letzterer weiter ausgeweitet hat. Das gilt auch für vergleichbare Unternehmen in Deutschland und Europa. Viele Anleger werden fragen, wie lange dieser Trend anhält und wie riskant es ist, weiter dabei zu bleiben oder sogar jetzt noch neue Positionen aufzubauen. Wir weisen seit Jahren auf die Bedeutung dieser neuen Weltmarktführer trotz ihrer hohen Bewertungen als langfristige Investmentalternativen hin. Daran hat sich trotz der in den letzten Jahren immens gestiegenen Marktkapitalisierung vieler Gesellschaften grundsätzlich nichts geändert, auch wenn zum Beispiel Alphabet und Amazon mit zusammen 1.800 Mrd. Dollar mittlerweile die gesamte Aktienmarktbewertung des DAX übersteigen.
Solange die Unternehmen, die die Industrierevolution gestalten und vorantreiben – und davon gibt es viele in den Industrieländern – ihre Alleinstellungsmerkmale, ihre Marktstellung, ihre Finanzkraft und ihr langfristiges Wachstumspotential aufrechterhalten, sollten sie Bestandteil in jedem Wertpapierdepot sein. Technische und zum Teil heftige Kurskorrekturen, die bereits jetzt und in der Zukunft immer wieder auftreten werden, bieten dann Einstiegsmöglichkeiten für langfristig orientierte Anleger.
08. August 2018
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Frank Zinnecker
Frank Zinnecker hat von 1969 bis 1997 bei den Unternehmen Dresdner Bank, Frankfurt Trust, ADIG Investment, Metzler Invest und Credit Suisse in unterschiedlichen Funktionen als Analyst, Fondsmanager und Wertpapierstratege gearbeitet, bei Metzler Investment und der CS Asset Management als Geschäftsführer. Seit 1997 arbeitet er als selbstständiger Kapitalmarkt- und Fondsberater. Seit über 40 Jahren hat er kontinuierlich neun teils namhafte international ausgerichtete Investmentfonds verwaltet oder betreut.
Frank Zinnecker ist Gründer und Gesellschafter der HollyHedge Consult GmbH und über den Kooperationspartner Banque Thaler S.A., Genf in der Schweiz, Berater des Fonds Millennium Global Opportunities. Für die Beratung des Fonds erhielt er in den Jahren 2014 bis 2016 u.a. den Lipper Fund Award für die beste Performance in Europa über 5 Jahre in seiner Kategorie.
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Christoph Lampert
Christoph Lampert ist seit 2011 Gesellschafter der HollyHedge Consult GmbH in Frankfurt und London. Er hat über 30 Jahre Erfahrung in der Kapitalanlage. Berufsstationen waren Vereins- und Westbank, Smith Barney, Salomon Brothers und Citigroup Deutschland, wo er verantwortlich war für Sales Trading, Investment Banking und Asset Management. Zudem war er im Business Development beratend tätig für Berenberg und Baader Bank.