Krypto-Assets in Luxemburg: Vorsichtiger Optimismus

Der globale Krypto-Assets-Markt erlebte im Jahr 2022 kräftigen Gegenwind. Was zunächst mit dem Ausverkauf von Krypto-Vermögenswerten durch Investoren und parallel zu einer größeren Marktkorrektur bei risikobehafteten Assets begann, gipfelte schließlich im Zusammenbruch und Bankrott mehrerer Branchengrößen, allen voran FTX. Die Herausforderungen für die Kryptobranche setzten sich bis ins Folgejahr 2023 fort, als zwei amerikanische Banken, die beträchtliche Kreditbeträge an die Krypto-Asset-Branche vergeben hatten, ihre Pforten schließen mussten.

Wie ein kürzlich im Economist publizierter Artikel betont, bilden Krypto-Assets jedoch ungeachtet dieser Ereignisse nach wie vor einen integralen Bestandteil der globalen Asset-und Wealth-Management Branche. Unterstützt wird diese Einschätzung durch die jüngste Ausgabe der PwC Crypto-Assets Management StudiePersistence amidst headwinds”.

Die im Auftrag des Luxembourg House of Financial Technology (LHoFT) in Zusammenarbeit mit PwC sowie unter aktiver Beteiligung der Association of the Luxembourg Fund Industry (ALFI) entstandene, zweite Ausgabe dieses Berichts, stützt sich auf die Aussagen von 127 Akteuren der Branche, um die Entwicklungen im Hinblick auf die Einstellungen gegenüber dieser besonderen Anlageklasse zu bewerten. Die diesjährigen Ergebnisse weisen dabei nicht etwa auf eine Abkehr der Akteure im Großherzogtum von der Kryptowährungs-Industrie hin, sondern deuten im Gegenteil auf eine verhalten optimistische Grundhaltung inmitten eines sich wandelnden, makroökonomischen und regulatorischen Umfelds.

Der Blick auf Krypto-Assets in Luxemburg

Die Studie deckt mehrere Dimensionen ab, unter anderem die relative Positionierung Luxemburgs als zentraler Umschlagplatz für Aktivitäten rund um Krypto-Assets. Während die Befragten nach wie vor die USA als weltweit führende Jurisdiktion für die Verwaltung von Krypto-Assets betrachten – gefolgt von der Schweiz und Singapur – stuft die Mehrheit der Teilnehmer das Großherzogtum Luxemburg immerhin als bedeutsamer ein als etwa Frankreich oder das Vereinigte Königreich.

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis betrifft die schwindende Einschätzung der Befragten, dass Luxemburg im europäischen Vergleich zurückfällt (21 % gegenüber 33 % im Jahr 2021). 28 % der Befragten sehen Luxemburg auf Augenhöhe mit den führenden europäischen Finanzzentren (gegenüber 12 % im Jahr 2021). Insgesamt deuten diese Ergebnisse auf eine zunehmende Wahrnehmung des Finanzplatzes Luxemburg als attraktiven Standort für die Abwicklung von Krypto-Assets seitens der Marktteilnehmer hin.

Andererseits bleibt die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Assets in Luxemburg relativ begrenzt, was angesichts der Ereignisse des Jahres 2022 nicht überrascht: Ein Viertel der Befragten beobachtet keinerlei Nachfrage, wohingegen etwas mehr als die Hälfte (53 %) eine begrenzte Marktnachfrage verzeichnet.

Dennoch fallen die Aussichten für Krypto-Assets im Großherzogtum keineswegs düster aus.

Die allgemeine Reaktion zu den Auswirkungen der jüngsten Marktereignisse auf die Engagementpläne der Branchenakteure zeichnete sich durch Pragmatismus und verhaltenen Optimismus aus. Annähernd ein Viertel der Befragten wertete dies als Chance für einen (Wieder-)Aufbau der Branche auf einer gestärkten Basis und weitere 34 % erklärten, der „Krypto-Winter“ resultiere in erster Linie aus Versäumnissen im Bereich der Corporate Governance und der Sorgfaltspflicht (Due Diligence).

Abbildung 1: Haben die jüngsten Marktereignisse Ihre Pläne/Ambitionen für ein Engagement in der Krypto-Asset-Industrie beeinträchtigt?

Quelle: PwC Global AWM & ESG Market Research Centre

Hinsichtlich der Marktaussichten glauben 39 % der Befragten, der globale Krypto-Markt stecke zwar noch in den Kinderschuhen, verfüge jedoch über ein enormes Wachstumspotenzial – ein Ergebnis, das sich im Vergleich zum Jahr 2021 nur geringfügig veränderte.

Abbildung 2: Bewertung des derzeitigen globalen Marktes für Krypto-Assets

Quelle: PwC Global AWM & ESG Market Research Centre

Mehr als die Hälfte (58 %) der Befragten schätzen ihr Wissen im Umgang mit Krypto-Assets als „gut“ oder „sehr gut“ ein, was auf ein zunehmendes Verständnis dieser Thematik seitens der luxemburgischen Branchenakteure schließt.

Hinsichtlich des bestehenden, rechtlichen und regulatorischen Rahmenwerks für Kryptowährungen in Luxemburg betonen 46 % der Befragten, über ein präzises Kenntnisniveau zu verfügen und 33 % halten die Regulierung für eine wesentliche Voraussetzung für die zukünftige Entwicklung des Sektors. Allerdings deuten die Daten auch darauf hin, dass die unlängst verabschiedete und mit Spannung erwartete Richtlinie über Märkte für Krypto-Assets (MiCA) womöglich nicht den von vielen erhofften Meilenstein markiert. Wie auch im Falle anderer bedeutender und bahnbrechender EU-Rechtsvorschriften dürfte MiCA im Laufe der kommenden Jahre Gegenstand intensiver Reaktionen von Branchenakteuren sein, wenn der Markt die erforderlichen Investitionen und Anpassungen vornimmt.

Abbildung 3: Treiben Vorschriften wie MiCA Ihr Engagement in der Branche voran?

Quelle: PwC Global AWM & ESG Market Research Centre

Der Weg in die Zukunft

Auch wenn regulatorische Entwicklungen wie MiCA die Langzeitperspektiven der Krypto-Industrie in der EU positiv beeinflussen dürften indem sie dringlich erforderliche Transparenz schaffen – ein in der diesjährigen Ausgabe des Berichts enthaltener Vergleich der Gerichtsbarkeiten veranschaulicht die Unterschiede in den rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen für die Verwaltung von Krypto-Vermögenswerten innerhalb der wichtigsten, globalen Märkten – behindern mehrere Hindernisse eine breitere Akzeptanz von Krypto in Luxemburg. Den Ergebnissen der Umfrage zufolge sind die wichtigsten Hindernisse (1) begrenzte Fachkenntnisse bei den lokalen Dienstleistern, (2) die interne Risikobereitschaft und das wahrgenommene Reputationsrisiko und (3) ein Mangel an internen Fähigkeiten – dies wurde von 70 %, 62 % bzw. 61 % der Befragten hervorgehoben. Darüber hinaus nannten mehr als die Hälfte der Befragten (54 %) die (gegenwärtig) unzureichende Kundennachfrage als Hinderungsgrund.

Mit Blick auf die Zukunft erwarten 41 % der Umfrageteilnehmer eine allmähliche Zunahme der Akzeptanz von Krypto-Assets in den kommenden zwei Jahren. Auch die mittelfristige Perspektive (5 Jahre) deutet auf eine steigende, wenn auch allmähliche Akzeptanz hin. 33 % der Befragten prognostizieren eine breite Akzeptanz innerhalb der traditionellen Wertschöpfungskette des Asset-Managements und weitere 24 % rechnen mit einem verstärkten Engagement in Krypto-Assets in einzelnen Segmenten. Trotz der insgesamt verhalten optimistisch geprägten Haltung gegenüber Krypto-Assets bleibt unverkennbar, dass sich die Anlageklasse und ihr spezialisiertes Ökosystem zunehmend in der breiteren Asset-Management-Branche des Großherzogtums etabliert.

Um diese angeführten Beschränkungen zu überwinden und Luxemburg in die Lage zu versetzen, die mit dieser Anlageklasse nach wie vor einhergehenden Chancen zu nutzen, bedarf es eines offenen und kontinuierlichen Dialogs zwischen Marktteilnehmern, Regulierungsbehörden und politischen Entscheidungsträgern.

Der traditionell enge Dialog zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zählt seit jeher zu den Alleinstellungsmerkmalen Luxemburgs, insbesondere in schnelllebigen, technologiegetriebenen Bereichen wie dem Kryptowährungssektor. Die Wahrnehmung Luxemburgs als zentraler Anlaufpunkt für Krypto-Assets zeigt eine positive Entwicklung und das proaktive Engagement des öffentlichen Sektors mit den wichtigsten Akteuren des Finanzdienstleistungs-ökosystems dürfte zur Fortsetzung dieser Dynamik beitragen.

Um diesen Einfluss wirksam einzusetzen, besteht jedoch die Dringlichkeit, die Qualifizierungs- und Wissenslücken im Zusammenhang mit Kryptowährungen zu schließen, nicht zuletzt da mehr als die Hälfte (53 %) der Befragten die Verbesserung des Finanzwissens der Anleger als unabdingbar erachtet, um den bestmöglichen Schutz der Kunden zu gewährleisten.

Abbildung 4. Halten Sie es für notwendig, die finanzielle Bildung der Anleger in Bezug auf Krypto-Assets zu verbessern?

Quelle: PwC Global AWM & ESG Market Research Centre

Letztlich verfügt das Großherzogtum über zahlreiche Attribute, die es in eine starke Ausgangslage versetzen, um ein führendes Zentrum der globalen Krypto-Asset-Industrie zu werden. Dieser Report liefert sowohl durch die Befragung als auch mittels Interviews mit Branchenführern qualifizierte Informationen über die sich entwickelnde Dynamik in diesem Bereich. Eine pragmatische Herangehensweise an Krypto-Assets in Verbindung mit einem kontinuierlichen Dialog zwischen öffentlichen und privaten Akteuren deutet auf eine positive Entwicklung dieser aufstrebenden Nische des luxemburgischen Asset Management-Sektors hin.

 

12. Juli 2023

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Autor

Thomas Campione

Thomas Campione leitet den Bereich Blockchain & Krypto-Assets bei PwC Luxemburg. Er verfügt über 15 Jahre Erfahrung in der Finanz- und Nicht-Finanzdienstleistungsbranche, ist geprüfter Finanzanalytiker und hat verschiedene Projekte geleitet und Publikationen in diesem Bereich verfasst.

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