Der Klimawandel hat die Industrieländer erreicht. Um auch hier noch die Kehrtwende zu schaffen, sind gewaltige Anstrengungen notwendig. Angefangen beim Ausbau erneuerbarer Energien und Gebäudesanierungen über neue Mobilitätsmöglichkeiten und die Agrarwende bis hin zu ressourcenschonenderen Produkten in allen Branchen unserer Wirtschaft. Viel ist hier noch zu entwickeln und vor allem – zu finanzieren. Gerade für die Investitionen braucht es neue Mechanismen, um den Weg für diese neuen, CO2-armen Industriezweige zu ebnen.
Green Bonds können hier zu einer Lösung beitragen. Dabei handelt es sich um Anleihen, die an klimafreundliche Projekte gekoppelt sind. Sie funktionieren grundsätzlich wie herkömmliche Anleihen, aber das gesammelte Kapital soll ausschließlich in nachhaltige Projekte fließen, wie z. B. in innovative Mobilitätskonzepte und Maßnahmen zur Energieeffizienz. Die Stadt Paris beispielsweise investierte Gelder aus ihrem Green Bond in neue Ladestationen für Elektroautos, Fahrradwege und energiesparende Straßenbeleuchtung. Oder sie ermöglichen eine für Investoren und Anbieter gleichermaßen attraktive Refinanzierung von Windparks in Afrika.
Im Jahr 2007 emittierten die Weltbank und die Europäische Investitionsbank die ersten Green Bonds, doch der Anteil am gesamten Anleihenmarkt liegt weiterhin bei deutlich unter ein Prozent. Aber er wächst: Nach Angaben eines französischen Vermögensverwalters liegt der Gesamtmarkt bei mittlerweile 140 Mrd. Euro. Das Emissionsvolumen verdoppelte sich 2016 auf 70 Mrd. Euro.
Hinschauen ist Pflicht
Für Anleger gibt es nur einen Haken. Der Begriff „Green Bond“ ist nicht geschützt und kann ebenso frei verwendet werden wie die Klassifizierung „Nachhaltig“. Jeder Emittent kann seiner Anleihe diese Label geben. Erste Standards entwickeln sich, wie die Green Bond Principles, die Climate Bond Initiative oder Green Bond Assessment Frameworks großer Ratingagenturen. Sie empfehlen Methoden für den Auswahlprozess der Projekte, die Transparenz, das Steuern der Mittelverwendung und stellen Anforderungen an das Berichtswesen. Doch all das ist nicht verpflichtend. Die Einhaltung beruht einzig auf der Freiwilligkeit der Emittenten. Zudem werden die sozialen Auswirkungen eines Projektes oft nicht berücksichtigt und das originäre Geschäftsfeld des Emittenten kann in kontroversen Branchen liegen.
Intensive Prüfung – des Green Bonds und des Emittenten
Wollen Investoren sichergehen, dass ihr Geld eine wirklich grüne Verwendung findet, ist also eine genaue Prüfung geboten. Green Bonds sind auch Teil des Portfolios des neuen GLS Bank Klimafonds. Dieser sieht eine Verteilung zu 70 Prozent in Anleihen und 30 Prozent in Aktien vor. Langfristige Investitionen in besonders klimafreundliche Unternehmen und Staaten stehen im Fokus. Bevor ein Emittent in das Anlageuniversum aufgenommen werden kann, wird er auf Einhaltung der strengen GLS Anlage- und Finanzierungsgrundsätze geprüft. Ist diese Hürde erfolgreich genommen, wird der Green Bond selbst analysiert.
Vor und nach der Platzierung muss Transparenz über das Projekt und Klarheit über die getrennte Mittelverwendung der Gelder gegeben sein. Das GLS Nachhaltigkeitsresearch prüft die Gestaltung des übergeordneten Regelwerkes für Green Bonds des Emittenten sowie die Allokation auf Projektebene. Vorrausetzung ist zudem, dass eine sogenannte Zweitmeinung (SPO) einer auf Nachhaltigkeit spezialisierten Researchagentur vorliegt. Sie ist eine Bestätigung eines unabhängigen Dritten, der die öffentliche Strategie und die definierten (sozial-) ökologischen Kriterien des Green Bonds mit den zu finanzierenden Projekten abgleicht und auf Kongruenz überprüft. Rund 80 Prozent der untersuchten Green Bonds konnten der GLS Prüfung bisher nicht standhalten.
Häufig bleibt für diese umfangreichen Recherchen nur wenig Zeit. Die Entwicklung einheitlicher, verbindlicher Standards für Green Bonds könnte Investoren künftig helfen, Greenwashing von tatsächlich grünen Anleihen zu unterscheiden. Die internationale Organisation für Normung (ISO) möchte einen allgemeinen Rahmen für die Bewertung und Berichterstattung zu Investitionen und Finanzierungstätigkeiten im Zusammenhang mit dem Thema Klima festlegen. Die GLS Bank ist seit Mai 2017 im deutschen Arbeitskreis aktiv und bringt ihr 40-jähriges Know-how aus dem Bereich Nachhaltigkeit und Umwelt mit ein.
Green Bonds sind ein vielversprechendes Instrument, eine Rolle in der Finanzierung der Maßnahmen gegen den Klimawandel zu übernehmen. Dennoch sind einige Anstrengungen nötig, um einen größeren grünen und übersichtlichen Anleihenmarkt zu schaffen.
01. Dezember 2017
2 thoughts on “Green Bonds – Anleihe in Grün?”
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- Green Bonds sind ein vielversprechendes Instrument, eine Rolle in der Finanzierung der Maßnahmen gegen den Klimawandel zu übernehmen.
- Vorsicht ist geboten, denn der Begriff „Green Bond“ ist nicht geschützt.
Karsten Kührlings
Karsten Kührlings ist seit 2013 bei der GLS Bank und dort verantwortlich für das Investmentfondsgeschäft sowie das Nachhaltigkeitsresearch und das Portfoliomanagement. Seit Mitte 2014 ist der Bankkaufmann und Wirtschaftswissenschaftler Mitglied im Anlageausschuss des FairWorldFonds und seit 2015 Mitglied des Verwaltungsrates des GLS AI - Mikrofinanzfonds.
Guten Tag Herr Kührlings,
danke für den spannenden Einblick.
Können Sie Aussagen zur Liquidität der Green Bonds treffen, speziell, wenn es sich nicht um Supranationals handelt? Wie sind die Spreads im Vergleich zu vergleichbaren herkömmlichen Bonds? Welche Parteien handeln die Bonds?
Mit dem besten Dank und vielen Grüßen,
Michael Feiten
(Fondsmanager Nordlux Vermögensmanagement)
Lieber Herr Feiten,
vielen Dank für Ihre Fragen! Leider muss ich Sie enttäuschen: Es spielen zu viele Parameter eine Rolle (wie der Emittent, dessen Herkunft, Trackrecord, Volumen und Laufzeit des Bonds, …), um ohne eingehende Prüfung oder gar allgemeingültig antworten zu können.
Und auch aus Compliance-Gesichtspunkten dürfen wir zu diesen Fragen keine konkreten Einschätzungen geben.
Herzliche Grüße
Vanessa Bolmer
(Investmentfonds & Research, GLS Bank)