Finanzplatz Luxemburg – Brücke zwischen China und Europa

Als größter Fondsstandort Europas hat sich Luxemburg mittlerweile zum führenden Finanzplatz für Renminbi-Investmentfonds entwickelt. Luxemburg hat frühzeitig eine Vorreiterrolle übernommen.

So war es das erste Land in Europa, das einem OGAW-Fonds im Rahmen des RQFII-Programms (RQFII – renminbi qualified foreign institutional investor) eine Zulassung erteilte und einem OGAW-Fonds Investitionen über das Shanghai Hong Kong Stock Connect-Programm genehmigte.

Um ausländischen Investoren die Möglichkeit zu geben, am chinesischen Kapitalmarkt zu partizipieren, hat die chinesische Regierung in den letzten Jahren einige Maßnahmen ergriffen und Investitionsprogramme aufgelegt, die sukzessive ausgebaut werden. So hat sie beispielsweise durch die länderbezogene Vergabe der Renminbi-Investitions-Quote (RQFII-Quote) die Möglichkeit für nicht chinesische Investoren geschaffen, offshore Renminbi zu nutzen, um in den chinesischen Kapital- und Interbanken-Bondmarkt onshore zu investieren.

Für Luxemburg, das für chinesische Banken seit Jahren als Europazentrale agiert, konnte durch die erfolgreiche Verhandlung und Zuteilung einer Quote von 50 Milliarden Renminbi auch für die Fondsindustrie ein bedeutender Schritt realisiert werden. Im Rahmen dieser Länderquote haben zum Beispiel Asset Manager mit Sitz in Luxemburg die Möglichkeit, am chinesischen Kapitalmarkt anzulegen.

Um die Quote nutzen zu können, ist eine Bewerbung als sogenannter „qualifizierter ausländischer Investor“ im Rahmen eines zweistufigen Zulassungsverfahrens unter Einbindung zweier Behörden bzw. Marktakteure notwendig. Dieses Verfahren sieht als ersten Schritt – unter Einschaltung der nationalen Verwahrstelle – die Beantragung einer Lizenz über den lokalen Verwahrer bei der chinesischen Wertpapier- und Börsenaufsicht, der China Securities Regulatory Commission (CSRC), vor.

Die RQFII Lizenz erlaubt den Zugang zu drei verschiedenen Märkten in China: den Börsen Shanghai und Shenzhen, dem OTC Markt sowie dem chinesischen Interbanken-Anleihemarkt (CIBM). Für Investitionen zulässige Produkte sind beispielsweise festverzinsliche Wertpapiere (nur Sekundärmarkt), Aktien, Renten und Optionsscheine (Börsenhandel), Stock Index Futures, Asset Backed Securities und weitere, von der CSRC zugelassene Finanzinstrumente. Unzulässige Produkte sind unter anderem andere Finanzderivate, Zertifikate, Repos, Reverse Repos, nicht öffentliche Instrumente (z. B. Private Equity, Venture Capital), Einlagen und strukturierte Einlagen. Bei Wertpapierdarlehen ist eine Einzelfallgenehmigung erforderlich. Im zweiten Schritt ist die Quote, im Rahmen welcher Asset Manager investieren möchten, bei der State Administration of Foreign Exchange (SAFE) zu beantragen. Die SAFE regelt den Devisenmarkt und verwaltet die Notenbankreserven.

Shanghai – Hong Kong Stock Connect-Programm (SHHKSC)

Mit einem weiteren Programm, dem Shanghai-Hong Kong Stock Connect, wurde für ausländische Investoren erstmals die Möglichkeit geschaffen, direkt an der Shanghaier Börse handeln zu können. Damit wurde für Aktienfonds der Zugang zu einem riesigen Aktienmarkt geschaffen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Handel über einen in Hongkong zugelassenen Broker erfolgt.

Am 10. April 2014 erteilten die Securities and Futures Commission (SFC) und die China Securities Regulatory Commission (CSRC) die Zustimmung für den Aufbau eines Pilotprogramms zur Schaffung eines gegenseitigen Börsenzugangs zwischen Festlandchina und Hongkong, dem sogenannten Shanghai-Hong Kong Stock Connect. Hierbei handelt es sich um ein Wertpapierhandel- und Clearingprogramm, welches seitens der Hong Kong Exchanges and Clearing Limited (HKEx), der Shanghai Stock Exchange (SSE) sowie der China Securities Depository and Clearing Corporation Limited (ChinaClear) entwickelt wurde. Durch die Verbindung der Shanghai Stock Exchange und der Hong Kong Stock Exchange wird es den Marktteilnehmern ermöglicht, chinesische A-Aktien am jeweils anderen Markt zu handeln, die in den SSE180 und SSE380 Indizes bzw. in den Hang Seng Large Cap und Mid Indizes enthalten sind.

Rentenpapiere, ETFs und B-Aktien werden derzeit noch nicht über dieses Programm abgebildet.

Investoren aus Hong Kong sowie dem Ausland nutzen in diesem Zusammenhang den sogenannten „Nordwärtshandel“ (Northbound-Trading), Investoren des chinesischen Festlands hingegen den „Südwärtshandel“ (Southbound-Trading).

Der Shanghai-Hong Kong Stock Connect ist für alle Markteilnehmer der Stock Exchange of Hong Kong Limited, der Shanghai Stock Exchange, der Hong Kong Securities Clearing Company Limited sowie der ChinaClear geöffnet. Obgleich kein Erfordernis besteht, eine individuelle Quote oder Lizenz zu beantragen, werden Investoren bisher jedoch über existierende Tages- und Gesamtquoten in ihren Investitionen beschränkt. Die Kontingentierung gilt nur für Kauforder; Verkaufsorder sind immer möglich.

Zum 17. November 2014 startete das Shanghai-Hongkong Stock Connect Programm offiziell und wurde stetig weiterentwickelt; beispielsweise ist eine Erweiterung für den Rentenhandel geplant. Aktuell wurde am 16. August 2016 von Seiten der Hong Kong Stock Exchanges and Clearing Limited die beabsichtigte Erweiterung des bisherigen Marktzugangs auf die Shenzhen Stock Exchange bekanntgegeben; die Umsetzung wurde für das vierte Quartal 2016 avisiert. Darüber hinaus wurden weitere für die Fondsindustrie sehr wichtige Entscheidungen bekanntgegeben: die sofortige Aufhebung der bislang bestehenden Gesamtquoten auf das Shanghai Hongkong Stock Connect Programm sowie die Ankündigung, dass im kommenden Jahr der Handel von ETFs über dieses Programm möglich sein wird.

Chinesischer Interbanken-Anleihemarkt (CIBM)

Am 24. Februar 2016 kündigte die People‘s Bank of China (PBOC) eine bedeutsame Erweiterung betreffend des chinesischen Interbanken-Anleihemarktes an. Dieser Schritt wird als eine der wichtigsten Entscheidungen in Bezug auf die Kapitalmarktliberalisierung in der Geschichte Chinas gesehen. Ausländische Investitionen im lokalen Anleihemarkt gewinnen hierdurch an Flexibilität und lösen wahrscheinlich eine signifikante Zunahme ausländischer Wertpapierinvestitionen aus.

Der Zugang wird im Rahmen des neuen CIBM-Direktzugangs, bei dem die PBOC sowohl als chinesische Zentralbank als auch als Regulator auftritt, wesentlich vereinfacht. Es werden jedoch auch einige Anforderungen an potenzielle Investoren gestellt. Beispielsweise dürfen für den Investor keine Verstöße im Anleihegeschäft aus den vergangenen drei Jahren vorliegen. Außerdem muss der Investor über eine angemessene Risikoüberwachung verfügen.

Zu den zugelassenen Investoren zählen beispielsweise neben ausländischen Zentralbanken, Staatsfonds und internationalen Finanzorganisationen auch Versicherungsgesellschaften und Asset Manager. Investoren müssen keine Investmentquote beantragen und werden demnach auch auf kein Investitionsvolumen begrenzt. Jedoch müssen sie in den Registrierungsunterlagen das beabsichtigte Volumen offenlegen. Dieses Volumen sollte sich annähernd mit den tatsächlichen Investitionen decken, da die PBOC diese überwacht und entsprechende Maßnahmen fordern kann.

Handelbare Wertpapiere sind alle Papiere des Interbanken-Anleihemarktes ergänzt durch Derivate. Einschränkungen bestehen beispielsweise in Bezug auf außerbörsliche Zinstermingeschäfte. Diese dürfen ausschließlich zu Absicherungszwecken eingesetzt werden. Als Markteintrittsvoraussetzung ist die Benennung eines sogenannten Settlement Agents notwendig. Dieser begleitet unter anderem den Beantragungsprozess sowie die Kontoeröffnungen.

Ausländische Zentralbanken, Staatsfonds und internationale Finanzorganisationen erhalten seitens der PBOC innerhalb von 10 Arbeitstagen eine Bestätigung hinsichtlich der Registrierung. Es wird keine ergänzende Genehmigung benötigt. Alle anderen zugelassenen Investoren erhalten die Bestätigung spätestens 20 Kalendertage nach Einreichung der geforderten Registrierungsunterlagen.

Zu den notwendigen Konto- und Depoteröffnungen sowie der Aufsetzung aller fondsspezifischen Besonderheiten zum Handel, wird laut Angaben der Lagerstellen ein Zeitfenster von circa einem Monat benötigt. Alle Konten und Depots sollten jedoch innerhalb von drei Monaten nach Erhalt der Registrierungsbestätigung eröffnet werden.

Die Nutzung der vorgenannten Programme von Seiten der Asset Manager für die einzelnen Sondervermögen setzt natürlich auf nationaler Ebene die Genehmigung entsprechender notwendiger Angaben in den Gründungs- und Verkaufsunterlagen voraus, die von der nationalen Aufsichtsbehörde zu genehmigen sind. Ein besonderes Augenmerk sollte hierbei unter anderem auf Angaben zu Marktrisiken, Währungsrisiken und spezifische Risiken wie Liquidität, Volatilität und Unterschiede in Handelstagen und Zeitzonen gelegt werden.

Darüber hinaus sind bei Investitionen weitere Punkte wie z. B. Besteuerung und Meldewesen zu beachten. Hinsichtlich der Besteuerung müssen Investoren aus Hong Kong und dem Ausland mit einem zehnprozentigen Abzug auf Bonus-Aktien und Bardividenden rechnen. Derzeit erfolgt keine Berechnung einer sogenannten „capital gain tax“ (Kapitalertragssteuer).

In Bezug auf das gesetzliche Meldewesen müssen diverse Grenzen und Meldeschwellen beachtet werden. So löst beispielsweise eine auf Ebene der Kapitalverwaltungsgesellschaft zu überwachende Investition von fünf Prozent und mehr eine entsprechende Meldepflicht aus.

Für den Finanzplatz Luxemburg und seine unterschiedlichen Akteure bieten diese Programme vielfältige Investitionsmöglichkeiten. Um den Besonderheiten der Produkt- bzw. Gesellschaftsstrukturen mit den einzelnen möglichen Auslagerungsstrukturen Rechnung zu tragen und an den einzelnen Investitionsprogrammen optimal partizipieren zu können, ist der Fondsverband ALFI in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden. Darüber hinaus hat ALFI FAQs über die Beantragung und den Gebrauch der RQFII-Lizenz und Quote für Finanzakteure mit Sitz in Luxemburg veröffentlicht.

 

03. Oktober 2016

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Autor

Maria Löwenbrück

Maria Löwenbrück ist seit vielen Jahren in der Finanzbranche in Luxemburg tätig. Seit 2005 ist sie geschäftsführendes Verwaltungsratsmitglied bei der Union Investment Luxembourg S.A.. Darüber hinaus ist sie im Verwaltungsrat verschiedener SICAVs und weiterer Investmentgesellschaften.

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