Aktienmarkt

„Es gibt durchaus gute Einstiegsgelegenheiten“

Die Investment-Philosophie der in Frankfurt ansässigen Shareholder Value Management AG folgt konsequent dem Gedanken des Value-Investing im Sinne von Benjamin Graham und Warren Buffett.

Das heißt: Die antizyklische Kapitalanlage in unterbewertete Unternehmen mit dem Ziel des Vermögenserhalts und -zuwachs unter Vermeidung des permanenten Kapitalverlustes. Nach den Kapriolen an den Finanzmärkten in den vergangenen Wochen könnte eine neue Value-Phase begonnen haben. FondsTrends sprach dazu mit Frank Fischer, Vorstandvorsitzender (CEO) und Chief Investment Officer (CIO) der Shareholder Value Management AG.

FondsTrends: Herr Fischer, am 10. Oktober 2018 schrieben Sie auf FondsTrends über „erste Anzeichen für eine Korrektur“. Das haben Sie offensichtlich absolut korrekt eingeschätzt, denn von Anfang Oktober bis Ende Dezember ging es dann auch an den US-Märkten massiv abwärts. Wie schätzen Sie aktuell die Lage ein? War das Ihrer Ansicht nach nur eine Korrektur oder droht nun gar eine längere Baisse?

Frank Fischer: Was den breiten Markt angeht bin ich skeptisch. Ich glaube, dass die hohe Volatilität bis auf Weiteres anhalten wird. Wir befinden uns im Konjunkturzyklus in einem Abwärtstrend. Dabei geht ein sorgenvoller Blick nach China, denn hier ist einer der Dreh und-Angelpunkte für die Weltwirtschaft. Der Handelskonflikt mit den USA macht sich negativ in der chinesischen Konjunktur bemerkbar. Hinzu kommen sicherlich auch noch ein paar hausgemachte Themen, denn die Chinesen sind gerade auch dabei, ihre Wirtschaft umzubauen. Aber all das hat eben auch globale Auswirkungen. Als die Apple-Aktie Anfang Januar eingebrochen ist, war das auch auf das schwächelnde China-Geschäft zurückzuführen.

Gleichzeitig trübt sich das Bild in Deutschland und Europa weiter ein. Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist das vierte Mal in Folge gesunken. Hier spielen natürlich auch die spezifisch europäischen Faktoren eine Rolle. Beim Brexit sehen wir nicht wirklich ein zufriedenstellendes Szenario, ebenso bei der Schuldensituation in Italien und Frankreich. Die Europa-Wahl im Mai dürfte für weitere politische Unruhe sorgen. Alles in allem ein eher unerfreuliches Bild.

Tweet Fischer

Sehr gutes Timing bewies Frank Fischer mit seinem Tweet – ab da ging es massiv abwärts an den Märkten

FondsTrends: Trotz Ihrer korrekten Prognose haben auch Ihre beiden Fonds, der „Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen“ und der „PRIMA – Globale Werte A“ im vergangenen Jahr verloren. Was waren die Gründe für diese Entwicklung und wie stellen Sie sich für das Jahr 2019 auf?

Frank Fischer: Wir sind im vergangenen Jahr von der Schwäche der europäischen Aktienmärkte überrascht worden. Die Aussichten zum Jahreswechsel 2017/2018 waren deutlich besser, aber dann haben im Jahresverlauf die politischen Themen die Stimmung belastet. Unser Investmentansatz ist stark auf Nebenwerte und Value-Titel ausgerichtet. Beide Segmente sind im vergangenen Jahr nicht gut gelaufen. Wir haben unsere Portfolios abgesichert, weil wir davon ausgegangen sind, dass die Hausse nicht ewig weitergehen würde. Das war zwar grundsätzlich richtig, aber in einigen Phasen waren wir vielleicht zu früh dran. Die meisten Unternehmen in unseren Fonds haben letztes Jahr an inneren Wert zugelegt, auch wenn die Börse aktuell niedrigere Preise aufruft. Die Sicherheitsmarge ist also größer geworden.

Im Moment sind wir vorsichtig. Es gibt durchaus gute Einstiegsgelegenheiten, etwa bei zyklischen Unternehmen. Aber wir befinden uns konjunkturell in einem deutlichen Abwärtstrend und die Impulse von Politik und Notenbanken sind zu schwach, um das zu stoppen. Vor einer Trendwende kann es unter Umständen noch deutlich weiter abwärts gehen. Deshalb bleiben wir defensiv. Aber es kann auch positive Überraschungen geben, wenn der Pessimismus und die Skepsis unter den Anlegern noch weiter zunehmen.

FondsTrends: FAANG & Co haben erheblich von ihren Hochs abgegeben. Bricht womöglich gerade generell eine neue Value-Phase an? Oder ist z.B. Apple inzwischen sogar ein Value-Titel – immerhin hält der „Value-Papst“ Warren Buffet über Berkshire Hathaway stolze 252,5 Millionen Apple-Aktien.

Frank Fischer: Die FAANG-Aktien haben deutlich Federn gelassen und seit ihren Höchstkursen zwischen Anfang Juli und Oktober knapp 1.400 Milliarden US-Dollar an Wert eingebüßt. Der niedrige Kurs allein macht aber für uns noch keinen Value-Wert aus, sondern es spielen auch Geschäftsmodell und Eigentümerstruktur eine Rolle. Apple ist hier ein interessantes Beispiel. Neben dem schwächeren China-Geschäft scheint es allgemein so zu sein, dass viele Kunden die hohen Preise von Apple-Produkten nicht mehr zahlen wollen. Sollte sich das bewahrheiten, könnte es sein, dass Apple dabei ist, seinen Wettbewerbsvorteil, wir nennen das wirtschaftlichen Burggraben, zu verlieren. Damit wäre die Aktie aus unserer Sicht kein Value-Case.

Ob wir in eine generelle Value-Phase eintreten, bleibt abzuwarten. Wir haben im Dezember und Januar bei den Growth-Werten sinkende Kurse gesehen, ich glaube die deutliche Outperformance ist hier vorbei. Und Value-Werte sind im Moment zu niedrigen Kursen zu haben, auch das ist richtig. Aber wenn wir neue Impulse durch die Notenbanken bekommen, und die Spekulationen über die Fed gehen ja wieder in diese Richtung, kann sich das auch wieder ändern. Insofern gucken wir nicht nur auf die Bewertungen, sondern auf das ganze Paket.

FondsTrends: Zum 1. Januar wurde Ihr „Frankfurter – Value Focus Fund“ zum öffentlichen Vertrieb in Deutschland zugelassen. Was erwarten Sie sich von diesem Schritt? Warum sollten Investoren aus Deutschland in den Fonds investieren?

Frank Fischer: Wir hatten immer wieder Anfragen von Kundenseite, den Frankfurter – Value Focus Fund, der ja ein Luxemburger AIF ist, in Deutschland zum Vertrieb zuzulassen. Wie schon kurz angesprochen suchen wir eigentümergeführte Unternehmen, die über einen dauerhaften strukturellen Wettbewerbsvorteil, den wirtschaftlichen Burggraben, verfügen. Das ist der Kern der Anlagephilosophie von Shareholder Value Management. Mit dem Frankfurter – Value Focus Fund konzentrieren wir uns dabei auf ein Segment mit einer hohen Informationsineffizienz. Je geringer die Marktkapitalisierung eines Unternehmens ist, desto weniger Analysten beschäftigen sich damit. Damit steigt aber auch die Chance, „Hidden Champions“ mit einfachen und verständlichen Geschäftsmodellen zu finden. Als AIF kann der Fonds deutlich flexibler agieren als ein UCITS-Fonds und zum Beispiel einzelne Positionen höher gewichten. Mit dem Fonds können wir also dezidiert unsere Marktmeinung umsetzen.

FondsTrends: Shareholder Value Management AG ist auf zahlreichen Kanälen in Social Media vertreten, was noch eher untypisch für die Branche ist – zumindest in Deutschland. Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen? Haben Sie selbst das forciert? Und sprechen Sie damit eher private Investoren an oder geht es Ihnen generell darum ein breiteres Publikum zu erreichen, also auch z.B. Journalisten oder Institutionelle Investoren?

Frank Fischer: Wir sind ein junges Team und meine Kollegen gehen mit Social Media viel selbstverständlicher um, als das vielleicht Leute meiner Generation tun. Mit unseren Fonds vertreten wir eine sehr klare Marktmeinung. Wir weichen bewusst vom breiten Markt ab. Deshalb ist es umso wichtiger zu erklären, was wir machen, wie wir denken. Über Social-Media-Kanäle können wir das schnell, unkompliziert und vor allem mit Bordmitteln tun.

FondsTrends: Vor einem Jahr wurden Sie CEO bei Shareholder Value Management AG. Hat sich dadurch irgendetwas grundlegend an Ihrem beruflichen Alltag verändert? Und generell: wenn Sie auf die 14 Jahre bei Shareholder Value Management AG zurückblicken – was war Ihr bewegendster Moment und wo sehen Sie das Unternehmen in 5 Jahren?

Frank Fischer: Natürlich ist die Belastung eine andere, wenn Sie zusätzliche administrative Aufgaben übernehmen. Aber meine Vorstandskollegen Ulf Becker und Philipp Prömm halten mir gut den Rücken frei, so dass ich mich auch weiterhin um interessante Unternehmen kümmern kann. Denn in den nächsten Jahren wollen mein Team und ich weiter Anleger für Aktieninvestitionen begeistern und unsere Stellung als eine der führenden Adressen für aktives Stock-Picking ausbauen. Und wenn ich jetzt mal zurückdenke, ist mein bewegendster Moment noch nicht so lange her. Den Preis des Fondsmanagers des Jahres hatte ich vor vielen Jahren mit ins Leben gerufen und 2018 selbst erhalten. Solch eine Auszeichnung bestätigt einen doch täglich in seinem Tun und Handeln.

FondsTrends: Noch eine letzte Frage: Derzeit gibt es geradezu einen Hype um Künstliche Intelligenz (KI) und deren mögliche Auswirkungen. Spielt das Thema auch für Sie eine Rolle – etwa beim Screening oder der Bewertung von möglichen Investments?

Frank Fischer: Ein wesentlicher Vorteil von den KI-Lösungen, die bisher im Asset Management eingesetzt werden, ist die Möglichkeit, große Datenmengen zu verarbeiten. Das ist sicherlich ein Pluspunkt, wenn es darum geht, viele Unternehmen in breiten Sektoren nach quantitativen Gesichtspunkten zu analysieren. Unser Ansatz ist stark qualitativ orientiert. Natürlich spielen Kennzahlen für uns eine Rolle, aber die Bewertung des Managements, die Schlüssigkeit des Geschäftsmodells wiegen ebenso schwer. Das können Sie mit Zahlenmengen aber nicht erfassen. Von daher spielt das Thema für uns heute noch keine große Rolle. Allerdings steht KI auch noch am Anfang. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir entsprechende Lösungen ergänzend nutzen, wenn sie einfacher zu handhaben sind.

FondsTrends: Herr Fischer, wir danken Ihnen vielmals für das interessante Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Frank Fischer - Fondsmanager des Jahres 2018

Frank Fischer erhielt die Auszeichnung "Fondsmanager des Jahres"

28. Januar 2019

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Autor

Frank Fischer

Frank Fischer, Jahrgang 1964, ist Vorstandsvorsitzender (CEO) der Shareholder Value Management AG und übt dort die Funktion des Chief Investment Officers (CIO) aus. Außerdem ist Frank Fischer im Vorstand des Zentrums für Value Investing und Vorstandsmitglied der Shareholder Value Beteiligungen AG. Als überzeugter Value-Investor hat Fischer langjährige Expertise in allen Fragen rund um Fonds, Börse, aber auch das Stiftungswesen. Bis Ende 2005 war er als Geschäftsführer von Standard & Poor´s Fund Services (vormals Micropal GmbH) zuständig für Investmentfonds-Informationen und -Ratings. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Hessischen Landesbank absolvierte er das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität in Frankfurt mit einem Abschluss als Diplom-Kaufmann. Frank Fischer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist Stifter und Vorstand der gemeinnützigen Stiftung „Starke Lunge“. Seine Freizeit verbringt er gern mit Skifahren, Musik und Theater.

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