Der Arbeitsmarkt in der Fondsbranche in Zeiten des Brexit

Die Fondsbranche ist ohne Zweifel ein wichtiger ökonomischer wie gesellschaftlicher Faktor. Der Blick auf den deutschen und luxemburgischen Markt zeigt in den letzten Jahren einen deutlichen Anstieg der verwalteten Vermögen.

Luxemburg konnte so seit Anfang des Jahres 2015 ein Wachstum des Vermögens unter Verwaltung von 8,78% verzeichnen (Angaben nach Deloitte). Dies wird vor dem Hintergrund des Themas Altersvorsorge insbesondere in Deutschland auch in Zukunft zu beobachten sein.

Die Fondsbranche als Arbeitsmarkt

Aber auch als Arbeitsmarkt ist die Fondsbranche hochinteressant. Gemäß den Angaben des deutschen Branchenverbandes BVI arbeiten in Deutschland ca. 16.000 Menschen direkt in der Fondsbranche. Indirekt existieren über 300.000 Arbeitsplätze, die im Fondsvertrieb, in Kanzleien, Agenturen und Beratungsunternehmen zu finden sind. In Relation zum deutschen Arbeitsmarkt bedeutet dies folglich, dass knapp 1% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland in oder für die Fondsbranche arbeitet. Da viele der im BVI organisierten Gesellschaften auch Niederlassungen in Luxemburg unterhalten, ist davon auszugehen, dass ein kleinerer Teil der in der Statistik erfassten Arbeitsplätze auch im Großherzogtum allokiert ist.

„Der war for talents in der Finanzbranche wird sich durch das Brexit-Votum noch zuspitzen und neue Dimensionen annehmen.“

Hans-Christian Fröhlich

Das Großherzogtum Luxemburg als Fondsstandort

Im internationalen Vergleich belegt Luxemburg in der Fondsindustrie hinter den USA den zweiten Platz. Damit ist das Großherzogtum unverkennbar wichtigster Fondsstandort in Europa. Neben originär Luxemburger Instituten sind viele internationale Player „vor Ort“ und auch die meisten deutschen Asset Manager sind in Luxemburg ansässig. Dies drückt sich auch darin aus, dass deutsche Institute gemessen am Anteil des insgesamt verwalteten Nettovermögens mit 14,9% international auf dem dritten Platz bei der Auflage von Fonds in Luxemburg liegen (Angaben nach Alfi – Association Luxembourgeoise des Fonds d’Investissement). Der Fondstandort lebt von den professionellen Rahmenbedingungen, die unter anderem von der Alfi durch ihren „Ambition 2020“-Plan immer weiter vorangetrieben werden, um zu gewährleisten, dass Luxemburg weiterhin ein bevorzugter Fondsstandort für Asset Manager bleibt.

Hieraus ist auch konsequent abzuleiten, dass viele Menschen in der Luxemburger Fondsbranche arbeiten und auch in Zukunft ein großer Bedarf an Professionals mit Fachexpertise in diesem Bereich bestehen wird. Aktuell fokussiert sich der Bedarf auf Mitarbeiter, die die verschiedenen regulatorischen Themen „bearbeiten“. Dies sind konkret Juristen für das Fonds Setup, Professionals für das Reporting sowie Risikomanager. Aber auch im Bereich der Buchhaltung sowie der Kundenbetreuung gibt es mit Blick auf die relevanten Stellenportale immer wieder Bedarf. Diesen Bedarf zufriedenzustellen ist vor dem Hintergrund des demographischen Wandels nicht immer einfach.

Auch die Fondsbranche spürt die Konsequenzen der „Verknappung“ potentieller Mitarbeiter. In Luxemburg wurde dies in den letzten Jahren durch den Rückzug des einen oder anderen Finanzdienstleisters aufgefangen, da so in vielen Bereichen immer wieder interessante Profile in den Markt gelangten. Nach einer Konsolidierung wird es jedoch auch in Luxemburg immer schwerer werden, geeignete Fachkräfte zu gewinnen, insbesondere wenn dazu noch ein Firmenwachstum angestrebt wird. Der Blick auf Frankfurt zeigt schon, wie es eventuell in der Zukunft auch in Luxemburg aussehen könnte. Trotz Arbeitsplatzreduzierung durch Outsourcing, Neustrukturierung oder Digitalisierung sind in vielen Bereichen der Fondsbranche, wie beispielsweise im Risikomanagement oder im Regulatory Reporting, Experten oft Mangelware.

Zukünftige Auswirkungen des Brexit-Votums auf den Arbeitsmarkt

Für beide Standorte ist der Brexit, bzw. das Brexit-Votum, eine zusätzliche Belastung für den Arbeitsmarkt. Beide Finanzplätze, so die aktuelle Experteneinschätzung, werden perspektivisch in ihrer Bedeutung aufgewertet werden. Durch den EU-Austritt wird es Investmentgesellschaften mit Sitz in Großbritannien durch den Verlust des EU-Pass möglicherweise nicht mehr erlaubt sein, ihre Fonds in der gesamten EU zu vertreiben. Dies träfe beispielsweise auch auf amerikanische und asiatische Fondsgesellschaften zu, die ihren europäischen Sitz in Großbritannien gewählt haben. Um weiterhin Fonds in der gesamten EU vermarkten zu können, ist anzunehmen, dass es zur Verlagerung von Firmensitzen kommt. Besonders Luxemburg, welches bereits den europäischen Fondsmarkt mit einem Anteil von mehr als 30% dominiert (Angaben nach EFAMA – European Fund and Asset Management Association), wird hierbei nach Expertenmeinung eine besondere Rolle zukommen, um mit Luxemburger Zulassung weiterhin in der gesamten EU Fonds vermarkten zu können. Dadurch wird der Bedarf an Fachkräften in der Fondsindustrie am Standort Luxemburg, aber auch in Frankfurt steigen.

Die Fondsbranche wird hier auch mit anderen Sektoren der Finanzdienstleistungsbranche im verschärften Wettbewerb um Talente und Potentiale stehen. Der aktuell schon vorherrschende Kandidatenmarkt wird sich weiter etablieren. Erschwerend kommt hinzu, dass mit der Wirtschaftskrise auch das Image der Finanzbranche gelitten hat. Daraus resultierend geht aus europaweiten Absolventenbefragungen zu den attraktivsten Arbeitgebern des Trendence Institut hervor, dass der Finanzsektor nicht zu den beliebtesten Einstiegsbranchen zählt. Damit wird auch der „war for talents“ in der Fondsbranche eine neue Dimension erreichen.

Welche Unternehmen diesen Krieg um die Besten gewinnen werden? Die Antwort scheint auf der Hand zu liegen. Es werden diejenigen sein, die den permanenten Wandel erfolgreich gestalten. Diejenigen, die in der Lage sind sich als positiver Arbeitgeber zu positionieren, weil sie den Zeitgeist der potentiellen Mitarbeiter verstehen und in ihrem Handeln und Denken repräsentieren. Diejenigen, denen es nachhaltig gelingt, die besten Köpfe zu gewinnen, erfolgreiche Teams zusammenzustellen und auf dieser Grundlage erstklassige Produkte und Services für ihre Kunden zu produzieren.

31. Oktober 2016

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Zusammengefasst
  • Die Fondsindustrie ist in Luxemburg und Deutschland eine wachsende Branche und als Arbeitsmarkt hochinteressant
  • Momentan besteht in der Fondsbranche ein großer Bedarf an Professionals mit Fachexpertise
  • Juristen, Professionals für das Reporting sowie Risikomanager sind besonders hoch gefragt
  • Durch das Brexit-Votum wird sich der Wettbewerb um Talente voraussichtlich in Deutschland und Luxemburg noch verschärfen
Autor

Hans-Christian Fröhlich

Hans-Christian Fröhlich ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der in Deutschland und Luxemburg ansässigen Personalberatung panem. Herr Fröhlich verfügt über langjährige Erfahrung bei der Besetzung von Führungspositionen sowie der Suche nach Spezialisten. Seine Spezialthemen sind dabei vor allem das Asset Management, Securities Services sowie das Online Banking. Zusätzlich ist Herr Fröhlich als Lehrbeauftragter für den Themenbereich „Personal & Organisation“ an der Fachhochschule Mainz tätig.

Autor

Georg Fenske

Georg Fenske ist als Research Associate bei der panem S.à r.l. tätig. In seiner Funktion unterstützt er Unternehmen bei der Rekrutierung von Fach- und Führungskräften für vakante Positionen am Standort Luxemburg.

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