Veränderungen der im Index geführten Unternehmen sollen nur im DAX und MDAX erfolgen, somit erwarten wir diesbezüglich wenig bis keine performancerelevanten Auswirkungen auf den SDAX. Sehr wohl betreffen die zusätzlichen neuen Aufnahme-Regeln aber die gesamte DAX-Familie:
- Wesentliches Kriterium Marktkapitalisierung (Handelsvolumen werden bis auf Mindestgrößen nicht mehr berücksichtigt)
- Vor Aufnahme muss das Unternehmen mindestens zwei Jahre einen operativen Gewinn (Ebitda) ausgewiesen haben
- Unternehmen müssen spätestens 90 Tage nach Ende ihres Geschäftsjahres einen testierten Jahresbericht vorlegen
- Die Unternehmen benötigen einen unabhängigen Prüfungsausschuss im Aufsichtsrat, der die Bilanzen kontrolliert
Diese fundamentalen Anforderungen müssen auch von den kleineren Unternehmen gestemmt werden. Die neuen Regeln sind zum Teil eine Reaktion auf den Wirecard-Skandal und hätten unter anderem dazu geführt, dass Delivery Hero noch nicht im DAX vertreten wäre. Vermeintlich interessante Unternehmen, die bereits mit einer hohen Marktkapitalisierung an den Markt kommen, aber noch nicht profitabel sind, werden künftig nicht in der DAX-Familie vertreten sein. Da die erste Aufnahme von Unternehmen in der Regel im SDAX erfolgt, sollte hier die Erfüllung der Regeln besonders relevant sein. Im MDAX und DAX werden die neuen Kriterien eher bei „Ausschlüssen“ zu beachten sein.
Kommen wir zu der Frage, ob die Reduzierung der MDAX Mitglieder zugunsten der DAX Aufstockung Einfluss auf die relative Performance haben könnte. Zuerst muss man festhalten, dass der MDAX seit 2009 viel besser als der DAX performen konnte.
Das Ausmaß des Renditevorsprunges vom MDAX gegen DAX hat mich persönlich überrascht, da ich grundsätzlich davon ausgegangen bin, dass die Indizes ähnlich performen. Ein genauer Blick zeigt zum einen, dass die Schwankungsbreite des MDAX höher ist. In Boom-Phasen hat er besser, jedoch in Korrektur-Phasen auch vergleichsweise schlechter performt als die anderen Indizes. Die jeweils vertretenen Industrien unterscheiden sich in den Indizes markant.
Die in der Regel besonders robust und fundamental gut aufgestellten Werte der Gesundheits- und Industriegüterbranche haben im MDAX eine deutlich höhere Gewichtung. Unternehmen aus dem MDAX waren in der Vergangenheit häufig außerordentlich attraktive Übernahmekandidaten. Dieser Faktor spielte dagegen bei Unternehmen aus dem SDAX eine geringere Rolle. Dass Small/Mid-Cap Werte grundsätzlich besser als die großen Unternehmen performen (klein und wendig schlägt groß und träge) wird häufig behauptet, lässt sich aber zum Beispiel aus den Europäischen Indizes nicht ableiten. Hier ein relativer Vergleich Euro Stoxx Mid Index gegen Euro Stoxx Index (gleicher Zeitraum und gleiche Skalierung wie beim ersten Chart).
Damit ergibt sich, dass die strukturelle Zusammensetzung des MDAX von Wachstumsunternehmen, stabilen Branchen (Quality Growth) und flexibleren, moderneren Geschäftsmodellen einen großen Einfluss auf die Outperformance hatte. Der MDAX und seine Unternehmen sind in den letzten Jahren in ihrer Zusammensetzung grundsätzlich mit einem höheren KGV als die DAX Titel bewertet worden. Das liegt sicherlich auch daran, dass im DAX größere und nicht so innovative Geschäftsmodelle enthalten sind, die derzeit häufig auf dem Prüfstand stehen wie u. a. Automobile, Banken, Versorger oder Immobilien-Unternehmen, deren Entwicklung in den letzten Jahren insbesondere auch durch fallende Zinsen begünstigt wurden. Durch die Aufstockung des DAX auf 40 Werte wird dieser Index attraktiver und liquider – auch für ausländische Investoren. Positiv sehe ich, dass der Einfluss im DAX enthaltener Geschäftsmodelle, deren Ertragsmöglichkeiten bei gleichbleibenden oder steigenden Zinsen/Inflation leiden werden, wie zum Beispiel Immobilien-Unternehmen, durch die zusätzlichen Unternehmen positiv verwässert wird.
Im MDAX wird die Marktkapitalisierung von derzeit ca. 610 MRD auf ca. 290 MRD Euro um mehr als die Hälfte sinken, unter der Annahme, dass die derzeit größten zehn MDAX-Unternehmen (gemessen an der Marktkapitalisierung) in den DAX aufsteigen.
Über 40 % der derzeitigen Index-Berechnung (Gesamtgewicht der aktuell zehn marktkapitalstärksten Unternehmen) verschieben sich, damit erhöhen sich die einzelnen Gewichte der verbleibenden Unternehmen. Der derzeitige Branchen-Mix (Quelle Bloomberg) würde sich hierdurch wie folgt verändern:
Hervorzuheben sind der Wegfall von 10 Prozent Aerospace (Airbus) sowie je 4% Automobil und Medizinprodukte. Das Indexgewicht der Real-Estate-Entwickler wird auf über 10% steigen. Aber auch Retail Food und Spezialchemie werden an Einfluss gewinnen.
Der zu erwartende Einfluss auf die kalkulierte 100 Tage Volatilität des MDAX-Index ist aber zu vernachlässigen. Sie hätte sich auf Basis der historischen Daten (aus den letzten 48 Monaten) von durchschnittlich 16,4 % auf ca. 15,2 % nur unmerklich reduziert.
Die Deutsche Börse AG hat bei der letzten Änderung Wert darauf gelegt, die Indizes TECDAX und MDAX attraktiver für passive und derivative Instrumente zu gestalten. Die neue Zusammensetzung wird aufgrund relativ geringerer Liquidität der Unternehmen die Produktionspreise insbesondere für physisch replizierende MDAX-ETF erhöhen. Vielleicht zu vernachlässigen, aber auch im DAX wird sich durch die Verschiebung, dass auch Unternehmen mit wenig Handelsvolumen aber hoher Marktkapitalisierung relativ an Gewicht gewinnen, die relative Liquidität reduzieren. Damit erhöhen sich die Renditechancen für indexunabhängige, aktive Fondsmanager.
Daneben wird sich der derzeitige Rückgang an Unternehmensbewertungen durch Analysten, der bereits durch die MiFiD-Regelungen begonnen hat, wahrscheinlich verstärken. Dies erhöht die Informationsmöglichkeiten und damit die Renditechancen für Fondsanbieter und Vermögensverwalter mit eigenen Analysten, eigenen Bewertungsmodellen und einem direkten Kontakt zu den Unternehmen.
Fazit: die neue MDAX-Struktur wird teurer für Produktanbieter
Die Qualität der Unternehmen wird sich durch die oben genannten vier neuen Regelungen für die gesamte DAX-Familie verbessern. Durch die neue Branchenzusammensetzung wird der DAX attraktiver aber der MDAX nicht zwangsläufig unattraktiver. Die beiden Indizes werden sich vermutlich in ihrer Entwicklung (Chancen/Risiko) eher annähern als weiter auseinander zu laufen. Mit anderen Worten, ich erwarte, dass die seit 12 Jahren bestehende Dominanz des MDAX in diesem Maße nicht weiter Bestand haben wird. Da es wesentlich mehr passive Instrumente für DAX-Unternehmen als für die kleineren Indizes gibt, werden die Kursentwicklungen von zehn weiteren Unternehmen etwas mehr von ETF-Flows abhängen als bisher, dies wird man aber in den Bewertungsmodellen berücksichtigen. Durch die Aufstockung des DAX wird insbesondere das Interesse von institutionellen und ausländischen Investoren steigen, dies wird sich für den gesamten Markt positiv auswirken.
06 August 2021
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- Größere Attraktivität des DAX – besonders für Institutionelle und ausländische Investoren
- Halbierung der Marktkapitalisierung des MDAX
- Chance/Risiko Charakteristik der beiden Indizes wird sich annähern
- Weitere starke Outperformance des MDAX nicht zu erwarten
- Aber erhöhte Renditechancen für aktive Fondsmanager
FPM Frankfurt Performance Management AG
Wir, FPM Frankfurt Performance Management AG als aktive und fundamental ausgerichtete Stockpicker, haben unabhängig von Index-Zugehörigkeit zu allen Unternehmen der DAX-Familie einen direkten Kontakt und regelmäßige Gespräche. Zudem sprechen wir mit vielen börsennotierten Unternehmen, die gar nicht in den Indizes enthalten sind. Im Gegensatz zu den passiven Instrumenten haben wir damit den Vorteil, für unsere Investoren auch in aussichtsreiche Unternehmen investieren zu können, die die vier Eintrittskriterien noch nicht ganz erfüllen. Die unabhängige rein fundamentale Unternehmensbewertung mit direkten Kontakten zu Unternehmen und Management war und ist die Basis für 20-jähriges erfolgreiches Fondsmanagement.
Mit Unterstützung von
Thomas F. Seppi
Thomas F. Seppi ist als Vorstand der Frankfurt Performance Management AG zuständig für Organisation, Personalwesen und Controlling. Zusätzlich ist er Vorsitzender des Verwaltungsrates der FPM Funds SICAV, Luxemburg. In der Deutsche Bank Gruppe war er mehr als 27 Jahre tätig, davon sechs Jahre als Managing Director der DWS / Deutsche Asset Management.