Über 50% der Weltbevölkerung lebt mittlerweile in Asien, nur noch weniger als 5% in den USA. Gut 4 Milliarden Asiaten, davon ein Drittel Chinesen, fordern immer stärker ihre Beteiligung an der Weltgemeinschaft ein. Visionäre Pläne Chinas treffen hierbei auf einen weitgehend planlosen Westen. Favorisiert sind Unternehmen, die sich rechtzeitig auf diese globalen Umbrüche eingestellt und ausgerichtet haben.
China setzt visionäre Pläne um – Westen weitgehend planlos
Für die meisten Menschen hierzulande unbemerkt, startete China vor fast 40 Jahren seine massive und beeindruckende Aufholjagd. In den vergangenen drei Jahrzehnten entwickelte sich das Reich der Mitte zur am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft der Welt. Der mächtigste Mann des Landes ist Xi Jinping, Generalsekretär der Kommunistischen Partei und zugleich Staatspräsident Chinas. Er bekennt sich zur Reform- und Öffnungspolitik.
China hat nicht nur seine auf den Parteitagen vorgestellten Fünfjahrespläne, sondern auch einen visionären Plan für die kommenden 30 Jahre. Xi will das Land zur wohlhabenden, ökologischen Hightech-Nation machen. Hierbei setzt er auf einen Mix aus staatlicher Lenkung und Deregulierung sowie einer immer weiter geöffneten Volkswirtschaft. Ziel ist es, bis zum Jahre 2025 zu einem Innovationsführer in allen wichtigen Schlüsseltechnologien aufzusteigen, siehe Energieerzeugung, E-Mobilität, Flugzeug-, Eisenbahn- und Schiffbau sowie Robotertechnik, Mobilfunk-Technologie und Medizintechnik. Die Ausgaben für Forschung & Entwicklung liegen bereits heute höher als in der gesamten EU und steigen schneller als in den USA. Die Anzahl der internationalen Patentanmeldungen ist mittlerweile höher als in Europa, USA und Japan zusammen. Auf internationaler Ebene gilt es, im Rahmen der neuen Seidenstraße ein interkontinentales Infrastrukturnetz zwischen Asien, Europa und Afrika voranzutreiben. Bis zum Jahre 2049, sprich dem 100-jährigen Gründungsjubiläum der Volksrepublik China, soll das Land modern, stark und wohlhabend sein.
Wie sehen hingegen unsere Zukunftspläne, unsere Visionen in Deutschland, in Europa oder in den USA aus? Hier herrscht praktisch gähnende Leere. Stattdessen standen bzw. stehen Themen wie die Überschuldung, Brexit, Flüchtlings-, Immobilien-, Banken- und Finanzkrise auf der Agenda. Wir versäumen dringend benötigte Investitionen in unsere Infrastruktur, Kinder und Bildung sowie die massive Förderung der ohnehin wenigen Branchen bzw. Technologien, in welchen wir noch Weltmarktführer sind.
Gleichzeitig wachsen Hunderte Millionen junger und immer besser ausgebildeter Chinesen erstmals in den Konsum hinein und befeuern die Wirtschaft. Hierbei werden heutige Unternehmenslenker, die aufgrund der chinesischen Kulturevolution in den Jahren von 1966 bis fast 1980 keine adäquate Ausbildung genießen konnten, durch Akademiker mit besten Abschlüssen ersetzt. Parallel hierzu steht der starke politische Wille, international immer mehr Verantwortung und Führung zu übernehmen. Während der US-Präsident Donald Trump zahlreiche protektionistische Maßnahmen ergreift und sich gefühlt mit der halben Welt anlegt, bekennt sich Xi Jinping zum Welthandel. So wurde auf dem jüngsten Volkskongress dargelegt, dass der chinesische Markt für das verarbeitende Gewerbe komplett geöffnet werden soll und Markteintrittsbarrieren für zahlreiche Sektoren, wie Finanzwesen, Medizin und Telekommunikation weiter abgebaut werden.
Wachablösung der USA bereits weit vorangeschritten
Vor 25 Jahren war die deutsche Volkswirtschaft auf US-Dollar-Basis noch etwa viermal so groß wie die chinesische, heute ist deren Bruttoinlandsprodukt (BIP) circa viermal größer als das Deutsche. China ist mittlerweile mit einem 2018er BIP von fast 13.000 Milliarden US-Dollar zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, nach den USA aufgestiegen. Es wird die verbleibende Lücke zu den USA zügig schließen und dann rasch auch an den USA vorbeiziehen.
Chinas Beitrag zum weltweiten Wirtschaftswachstum beträgt die letzten Jahre rund ein Drittel. Mit Ausfuhren im Wert von 2.300 Milliarden USD ist China der größte Exporteur der Welt. Das Reich der Mitte steht für rund 25% des globalen Automobilabsatzes, knapp ein Viertel der weltweit 500 größten Unternehmen kommt gemäß des Wirtschaftsmagazins Fortune bereits aus China.
Der aktuelle Handelsstreit zwischen den USA und China wird hieran nichts Wesentliches ändern. Die gesamten Exporte von China in die USA machen gerade einmal rund 500 Mrd. USD bzw. 4% der chinesischen Volkswirtschaft aus – somit weniger, als das chinesische BIP allein dieses Jahr wachsen wird. Zudem bedeutet ein Strafzoll nicht, dass diese Umsätze komplett wegbrechen. Zum einen werden trotz Preissteigerungen einige Konsumenten weiterhin diese Güter erwerben wollen. Zum anderen kann China als Gegenreaktion seine Währung abwerten sowie betroffene Unternehmen fördern und hierdurch eine Preiserhöhung abmildern. Und nicht zuletzt sucht China verstärkt den Brückenschlag innerasiatisch sowie in Richtung Europa und insbesondere auch nach Afrika, um perspektivisch noch unabhängiger von den USA zu werden.
Von der Werkbank zum Forschungslabor
Mit jährlich über 6 Millionen Universitätsabsolventen, hiervon rund 2 Millionen Ingenieure, stammt mittlerweile über ein Viertel der weltweiten Hochschulabsolventen aus dem Reich der Mitte. Die Chinesen werden zukünftig auch die ihrerseits benötigten Maschinen selbst bauen, fortentwickeln und in die Welt exportieren. China modernisiert sich und seine Infrastruktur eindrucksvoll Schritt für Schritt.
Trotz dieser Entwicklungen ist vielen Privatanlegern aber auch Finanzexperten das Reich der Mitte praktisch völlig unbekannt. Die Wenigsten haben das Land persönlich bereist, geschweige denn außerhalb der klassischen touristischen Ziele Städte und Unternehmen besucht. Diesen Ausführungen liegen 15 Chinareisen inklusive Besichtigung von fast 40 chinesischen Millionenstädten quer durch das Land sowie der Aufbau und die Führung einer eigenen Chinarepräsentanz in Beijing seit dem Jahre 2005 zugrunde. Das sich hierbei ergebende Chinabild ist wesentlich vielschichtiger und positiver, als wir es hierzulande wahrnehmen. Natürlich gibt es (auch) in China viele Problemfelder, über welche hierzulande breit in den Medien gesprochen wird. Diese gilt es überhaupt nicht kleinzureden oder gar wegzudiskutieren. Aber es gibt eine große Vielfalt an normalen oder gar positiven, dieses Land vorantreibenden Faktoren, die jedoch im täglichen Strom der Schlagzeilen kaum realisiert werden.
Öffnung der Kapitalmärkte bietet Chancen für Anleger
Shanghai ist auf dem Weg zu einem globalen Finanzzentrum. Schritt für Schritt öffnen sich die chinesischen Aktien- und Bondmärkte. Sie ermöglichen (internationalen) Investoren damit ihr Produktspektrum zu erweitern und eine bessere Risikostreuung zu erzielen. Aktuell sind chinesische Standardwerte bei einem Indexstand beispielsweise des CSI 300 von gut 3.000 Punkten mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 10 vergleichsweise günstig bewertet. Das zuvor geschilderte Gesamtumfeld sollte die chinesischen Unternehmensgewinne und somit auch die zugehörigen Aktienmärkte beflügeln. Zur Risikoreduktion ist hierbei eine breite Titel- und Branchenstreuung sowie ein langfristiger Anlagehorizont sehr wichtig.
Favorisiert sind Unternehmen aus den Segmenten Infrastruktur, (höherwertige) Konsumgüter, Gesundheit, Internetdienstleister, Umwelt, Bildung und Freizeit. Für die meisten (Privat-)Anleger dürfte ein breit aufgestellter Chinafonds, welcher zu den gewünschten Branchenschwerpunkten und zum Chance-Risiko-Profil des Anlegers passt, die optimale Lösung sein.
12. Dezember 2018
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Andreas Grünewald
Andreas Grünewald, Jahrgang 1968, Gründer und Vorstand der Münchner Vermögensverwaltung FIVV AG, befasste sich schon während seines Studiums zum Diplom-Kaufmann schwerpunktmäßig mit den Themen Kapitalmarktforschung und Finanzierung. Bereits als Student initiierte er mit 21 Jahren den Münchner Investment Club (MIC) und entwickelte diesen zu einer der größten und erfolgreichsten Anlegergemeinschaften in Deutschland. Im Anschluss an seine Tätigkeit als Wertpapieranalyst bei einer namhaften Privatbank gründete er im Jahre 1999 die FIVV AG. Die unabhängige Vermögensverwaltung betreut Privat- und Unternehmerkunden, institutionelle Anleger und Stiftungen in ganz Deutschland. Darüber hinaus gehört Andreas Grünewald seit 2005 dem Vorstand des Verbandes unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e. V. (VuV) an, dessen Vorsitzender er seit April 2014 ist. Er ist regelmäßig zu Gast bei Diskussionsforen und Universitäten sowie ein gefragter Interviewpartner in den Medien.