Biotech kann mehr als Impfstoffe entwickeln

Der unabhängige Healthcare-Investmentberater Medical Strategy ist auf Aktien aus dem Gesundheitswesen spezialisiert. Den Flaggschifffonds MEDICAL BioHealth hat das Unternehmen schon vor mehr als 20 Jahren lanciert. In den zurückliegenden zehn Jahren hat die Tranche für Privatkunden eine annualisierte Rendite von 18,6 Prozent erzielt. Seit der Auflage am 30. Oktober 2000 ist der Fonds (Tranche EUR) 267 Prozent besser als der Nasdaq Biotechnology Index gelaufen und hat den MSCI WORLD Healthcare um 232 Prozent outperformed. (Stand 30. September 2021) FONDSTRENDS.LU sprach mit Jürgen Harter, geschäftsführender Gesellschafter der Medical Strategy, über die Corona-Pandemie, medizinische Quantensprünge und das enorme Wachstumspotenzial des gesamten Healthcare-Sektors.

FONDSTRENDS.LU: Herr Harter, was hat Corona für den MEDICAL BioHealth bedeutet?

Die Pandemie hat den Menschen allgemein und den Investoren speziell noch einmal verdeutlicht, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitswesen für die einzelnen Menschen, für die Gesellschaft insgesamt und die Wirtschaft ist. Eine gute medizinische Versorgung ist unverzichtbar.

Am Fonds selbst hat sich nichts verändert. Wir haben uns von Anfang an dafür entschieden, keine sogenannten Corona-Wetten einzugehen, weil hier das Chance-Risiko-Profil nicht gepasst hat. Bei einigen Unternehmen standen die Marktkapitalisierung und die langfristigen Umsatzpotenziale durch einen Corona-Impfstoff oder durch ein Medikament zur Behandlung der Virus-Erkrankung nicht mehr in einem gesunden Verhältnis zueinander. Außerdem haben CureVac und zuletzt auch Novavax gezeigt, wie brutal die Börse Aktien abstraft, wenn es bei der Entwicklung eines Corona-Vakzins zu Problemen kommt. Das bedeutet nicht, dass wir Unternehmen komplett meiden, die an einem Impfstoff oder Medikament gegen Corona arbeiten. Das sind für uns aber keine Kerninvestments, sondern nur Beimischungen.

FONDSTRENDS.LU: Worauf setzt denn der MEDICAL BioHealth?

Spannend sind aus unserer Sicht vor allem die medizinischen Bereiche, in denen es Quantensprünge durch vielversprechende Innovationen gibt. Dazu gehören vor allem Krebs, sogenannte seltene Krankheiten und auch Autoimmunerkrankungen. Hier sorgen vor allem Biotech-Unternehmen für nachhaltige Durchbrüche. Vereinfacht ausgedrückt kann Biotech mehr als nur Impfstoffe entwickeln.

Es gibt zum Beispiel neue onkologische Therapien, die die Heilungschancen signifikant erhöhen und das Überleben der Krebspatienten spürbar verlängern. Diese innovativen Behandlungsmethoden gehören häufig in den Bereich der Präzisionsmedizin und sind zielgerichteter und sehr viel spezieller auf den Patienten zugeschnitten. Neuartige Krebsimmuntherapien können mittlerweile gezielt Verteidigungsmechanismen eines Tumors erkennen, hemmen und so das Immunsystem aktivieren. Chemotherapien arbeiten im Kontrast dazu sehr undifferenziert und lassen im Verlauf in der Wirksamkeit nach.

FONDSTRENDS.LU: Und wie sieht es in den anderen von Ihnen genannten Bereichen aus?

Da sind ähnlich spannende Quantensprünge wie in der Krebsmedizin möglich. Neue Gentherapien zielen zum Beispiel darauf ab, genetisch bedingte Krankheiten langfristig zu kontrollieren und gegebenenfalls sogar zu heilen. Es werden auch immer mehr seltene Krankheiten behandelbar. Hier gibt es noch enormes Potenzial. Insgesamt befanden sich weltweit Ende 2020 circa 5.000 neue Substanzen in einer späten Entwicklungsphase, also in der klinischen Prüfungsphase II oder noch später.

FONDSTRENDS.LU: Vor allem die großen Pharmakonzerne leiden regelmäßig an Patentabläufen, wodurch dann Wachstum verloren geht. Welche Unternehmen werden von Durchbrüchen am meisten profitieren und was machen die großen Pharmakonzerne damit?

Da geht es in den nächsten fünf Jahren um Patente mit einem jährlichen Umsatzvolumen von circa 166 Milliarden Dollar. Gleichzeitig stehen bei den großen BioPharma-Unternehmen hohe Summen bereit. Insgesamt schätzungsweise 500 Milliarden Dollar können investiert werden.

Profiteure sind immer mehr kleine und mittelgroße Firmen. Im Jahr 2015 stammten erst 20 Prozent der FDA-Zulassungen von Small und Mid Caps. Im vergangenen Jahr waren es schon mehr als 40 Prozent.

Große Pharmakonzerne erhöhen zum Teil ihre Ausgaben für Forschung. Teilweise lizensieren sie auch Produkte anderer Firmen ein. Und ein großer Teil fließt in Übernahmen von kleinen und mittelgroßen Innovationstreibern. Dabei werden regelmäßig hohe Übernahmeprämien gezahlt. Bei den Unternehmen aus dem Portfolio des MEDICAL BioHealth, die in den zurückliegenden knapp drei Jahren geschluckt wurden, lagen die Prämien zwischen 40 und deutlich mehr als 150 Prozent. Den Vogel schoss im August dieses Jahres das Biotech-Unternehmen Trillum Therapeutics ab, das Pfizer gekauft hat. Hier lag die Übernahmeprämie bei mehr als 200 Prozent.

FONDSTRENDS.LU: Und deshalb konzentriert sich der MEDICAL BioHealth vor allem auf die Small und Mid Caps?

Das ist nicht der Hauptgrund, sondern ein willkommener Nebeneffekt. Wir favorisieren kleinere und mittelgroße Unternehmen vor allem, weil sie für immer mehr Innovationen sorgen, mit denen sie später selbst Umsätze erzielen oder Lizenzen verkaufen. Ob sie einmal komplett übernommen werden, ist nur eine Möglichkeit. Entscheidend ist, wer Innovationen entwickelt und liefert. Und das sind eben immer mehr die Small und Mid Caps. Deswegen waren Ende September mehr als 70 Prozent des Vermögens in Unternehmen investiert, deren Marktkapitalisierung kleiner als fünf Milliarden Dollar war. Im Jahr 2015 existierten 384 Biotech-Unternehmen, die an der Börse jeweils mehr als 200 Millionen Dollar wert waren. Im vergangenen Jahr überstieg schon bei 372 Biotech-Werten die Marktkapitalisierung die Marke von einer Milliarde Dollar. Diese Steigerung innerhalb von fünf Jahren ist immens. Vor diesem Hintergrund investiert der MEDICAL BioHealth mehr als 60 Prozent seiner Mittel in den Biotech-Bereich.

Knapp 20 Prozent waren zuletzt in Unternehmen aus dem Bereich Emerging Pharma investiert, also in junge und aufstrebende Pharma-Unternehmen. Der Rest verteilt sich auf größere Pharma-Konzerne und Medtech-Unternehmen. Außerdem hielten wir zuletzt fast zehn Prozent Cash. Wir können also jederzeit attraktive Investmentchancen wahrnehmen, wenn sich diese anbieten.

FONDSTRENDS.LU: Wie geht das Fondsmanagement bei seinen Investitionen strategisch vor?

Am Anfang bewerten wir den Innovationsgrad neuer Therapieoptionen. Wir fragen uns also, wie stark eine neue Therapie die aktuelle Behandlung der entsprechenden Krankheit verbessert. Dann schauen wir uns den Entwicklungsstand an. Dabei gilt: Je später, desto valider. Denn dann ist das Risiko, bei der Entwicklung zu scheitern, geringer. Außerdem spielt das Management eine entscheidende Rolle. Wieviel Erfahrung und Expertise sind vorhanden? Darüber hinaus fragen wir uns, ob genug Cash bereitsteht, um eine Innovation auch tatsächlich am Markt einzuführen. Und schließlich spielt natürlich auch die Bewertung eines Unternehmens eine entscheidende Rolle. Hinsichtlich der Unternehmensbewertung setzen wir den potenziell zu erzielenden jährlichen Spitzenumsatz einer neuen Therapie in Relation zur Marktkapitalisierung. Wir arbeiten also mit Kurs-Umsatz-Verhältnissen. Günstige Bewertungen liegen vor, wenn diese Relation unter zwei liegt.

FONDSTRENDS.LU: Eine Frage zum Schluss: Für welche Anleger eignet Sich Ihrer Meinung nach der MEDICAL BioHealth?

Für alle, die breit gestreut am hohen Wachstumspotenzial partizipieren möchten, die der weltweite Gesundheitsmarkt im Bereich der Therapieentwickler bietet. Bei uns arbeiten Healthcare-Spezialisten aus den Bereichen Medizin und Molekularbiologie mit hoher Expertise.

FONDSTRENDS.LU: Herr Harter, wir danken Ihnen für das informative Interview und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg!

 

12. November 2021

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Jürgen Harter

Jürgen Harter ist Geschäftsführender Gesellschafter bei der in Gräfelfing bei München ansässigen Medical Strategy GmbH, einer der führenden, unabhängigen Healthcare-Investmentberater Europas. Das Unternehmen konzentriert sich ausschließlich auf das Management und die Beratung von Aktienportfolios aus dem Gesundheitsbereich und wurde vielfach ausgezeichnet. Jürgen Harter startete seine Karriere 1980 bei der Stadtsparkasse Augsburg und war anschließend als Vermögens- und Anlageberater bei der National Westminster AG und der Apotheker- und Ärztebank eG tätig. 1998 wechselte er ins Marketing der Lacuna Fondsverwaltung, im Jahr 2000 dann zu Medical Strategy, wo er seit 2007 als Geschäftsführer fungiert und für Finanzen, Aufsicht und Recht, Vertrieb sowie Marketing zuständig ist.

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