„Kurzfristige Prognosen der Finanzmärkte halte ich für Glückssache“

Mit dem 2018 ins Leben gerufenen The Digital Leaders Fund haben sich dessen Gründer, Baki Irmak und Stefan Waldhauser, kein geringeres Ziel gesetzt, als breit in die Gewinner des digitalen Wandels zu investieren. Angesichts des jüngsten Börsencrashs, der sich als Folge der Coronavirus-Pandemie ergab, und dessen gesellschaftlichen wie ökonomischen Konsequenzen sprach FondsTrends mit Stefan Waldhauser, Co-Founder von The Digital Leaders Fund, über die Rolle von Digitalisierung in einer Post-Corona-Wirtschaft, resiliente Anlagestrategien sowie die Wechselwirkung von Erholungs- und Korrekturphasen.

 

FondsTrends: Herr Waldhauser, durch den Corona-bedingten Shutdown rückt die Digitalisierung abermals in den Fokus. Ihr Fonds investiert in die „Gewinner des digitalen Wandels“ bzw. jene Unternehmen, die die Digitalisierung erst möglich machen. Wer zählt dazu bzw. wer kann sich in der derzeitigen Krise bewähren?

Stefan Waldhauser:  Durch die Corona–Krise wird ein regelrechter Digitalisierungssprung in vielen Bereichen unseres Lebens ausgelöst. Langfristig gestärkt aus der Krise hervorgehen werden Tech-Unternehmen, die durch ihre Hardware und Software-Services die Digitalisierung erst möglich machen, ebenso wie Plattform-Unternehmen sowie diejenigen etablierten Unternehmen der Old Economy, die bei ihrer eigenen digitalen Transformation der Konkurrenz voraus sind.

 

FondsTrends: Selten bis nie dagewesene Kursverluste, ein scharfes Abrutschen des DAX um über 40% – viele Anleger fragen sich, wann die Krise wohl ausgestanden sein wird. Wie bewerten Sie die derzeitige Aktienlandschaft?

Stefan Waldhauser: Kurzfristige Prognosen der Finanzmärkte halte ich für Glückssache und versuche ich erst gar nicht. Ich sehe jedoch gerade im Vergleich zu den realen Unternehmenswerten außerhalb der Börse aktuell vielerorts so attraktive Einstiegskurse wie schon lange nicht mehr. D.h. auf mittelfristige Sicht bin ich sehr optimistisch, dass sich mit einem sorgsam ausgewählten Portfolio von krisenfesten Qualitätsaktien in den kommenden Jahren überdurchschnittliche Renditen erwirtschaften lassen.

FondsTrends: Mit dem Aktienportfolio „High-Tech Stock Picking“ sind Sie seit 2016 auf der Anlageplattform wikifolio erfolgreich. Thematisch widmen Sie sich auch dort der digitalen Transformation und dem oftmals antizyklischen Kauf von Aktien aus der Technologiebranche. Was sind Ihrer Meinung nach die Grundlagen einer krisenstarken Strategie?

Stefan Waldhauser: Derzeit muss jedes Unternehmen im Portfolio einem Krisencheck unterzogen werden. Wie gut ist es aufgestellt, um eine nun wohl unvermeidliche weltweite Rezession zu überstehen? Wichtig ist gerade beim Stock Picking von schnell wachsenden Tech-Companies die Bilanzqualität und die Möglichkeit der Unternehmen, in der Krise schnell in einen Cashflow-positiven Modus umschalten zu können. Warnen möchte ich generell vor scheinbar billigen Aktien mit historisch niedrigem Kurs-Gewinn-Verhältnis und hoher Dividendenrendite. Ein vermeintliches Schnäppchen, das jetzt optisch billig aussieht, könnte sich bald als Fata Morgana erweisen.

 

FondsTrends: Ihr Portfolio setzt einen langen Anlagehorizont voraus. Ist ein solcher Ansatz die passende Antwort auf einen derart markanten Einbruch, wie wir ihn gerade erleben?

Stefan Waldhauser: Ich bin im Grunde meines Herzens immer noch Software-Unternehmer und verstehe den Aktienkauf grundsätzlich als Erwerb einer mittel- bis langfristigen Unternehmensbeteiligung. Vom kurzfristigen Trading halte ich nichts.  Ein langer Anlagehorizont von mindestens 5 besser 10 Jahren ist eine Grundvoraussetzung meiner Anlagestrategie. Hohe Volatilitäten muss man dabei aushalten können. Dann sind auch solche Einbrüche wie der Corona-Crash leicht zu verkraften; so beträgt die durchschnittliche Performance meines wikifolios seit 2016 auch jetzt noch ca. 18% p.a..

 

FondsTrends: Wird die Corona-Krise neue Trends der Digitalisierung schaffen oder „lediglich“ bereits bestehende verstärken?

Stefan Waldhauser: Ich sehe zunächst mal, dass bestehende Trends wie das bargeldlose Zahlen mit dem Smartphone, die Möglichkeiten zur Online-Collaboration und ganz allgemein die Nutzung von cloud-basierten Services durch Corona enorm beschleunigt werden. All diese Möglichkeiten sind ja nicht grundsätzlich neu, finden aber erst jetzt auch bei uns breite Akzeptanz quer über alle Branchen und Lebensbereiche hinweg.

 

FondsTrends: Normalerweise beenden wir unsere Reihe mit einer Frage zu den Freiräumen, die man sich angesichts eines sicherlich nicht selten hektischen Alltags in der Finanzbranche schaffen möchte. Im Moment fällt durch Heimarbeit die räumliche Trennung zwischen Beruf und Freizeit weg – wie erleben Sie diesen Alltag und wie schaffen Sie es dennoch, abzuschalten?

Stefan Waldhauser: Für meinen eigenen Arbeitsalltag hat sich in der Krise nicht viel geändert. Ich bin es aufgrund meiner früheren Tätigkeit in der internationalen Softwarebranche seit vielen Jahren gewohnt, vor allem aus dem Home-Office heraus mit virtuellen Teams zusammenzuarbeiten. Neu ist für mich, dass nun die ganze Familie zuhause arbeitet, da sogar die Schule zum Sprung in die Digitalisierung gezwungen wird. Aber wir machen das Beste aus der Situation und versuchen, die zusätzliche gemeinsame Zeit zu genießen. Beim Abschalten hilft regelmäßige Bewegung, das ist ja nach wie vor möglich und wichtig für mich.

FondsTrends: Herr Waldhauser, wir danken Ihnen für das interessante Interview und wünschen Ihnen weiterhin alles Gute!

 

08. April 2020

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Autor

Stefan Waldhauser

Stefan Waldhauser ist Co-Founder von The Digital Leaders Fund und Finanzblogger. Über 25 Jahre war der begeisterte und überzeugte Gründer in der High-Tech-Industrie tätig; er gründete ein Software-Unternehmen, internationalisierte es und verkaufte es später ins Silicon Valley. Mittlerweile ist der diplomierte Wirtschaftsmathematiker Vollzeitinvestor und investiert bereits seit über 30 Jahren erfolgreich in Aktien. Mit seinem fundamental geprägten Investment-Ansatz verfolgt er stets eine unternehmerische Perspektive. Seit 2016 verwaltet Stefan Waldhauser eines der erfolgreichsten investierbaren Musterportfolios auf der Anlage-Plattform wikifolio.

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