Einige Banken stapeln regulatorische Sandsäcke, mit deren Hilfe sie den Kunden den Zugang zu Robo-Beratern erschweren. Der Trick geht so: Die derzeitigen Robo-Berater sind technisch gesehen nicht mehr als Dachfonds, die in weit gestreute Indexfonds investieren. Die weite Streuung dient dazu, das Gesamtrisiko zu reduzieren, und diese Produkte setzen damit genau das um, was die Finanztheorie schon seit Jahrzehnten empfiehlt. Da der Effekt der Risikoverminderung umso größer ist, je weiter man streut, sollten dabei in großem Umfang internationale Aktien berücksichtigt werden. Dies ist die einzige bekannte Methode, mit der es gelingen kann, Risiko zu vermindern ohne zugleich die erwartete Rendite verringern zu müssen. Mit einem Wort, es ist genau das, was Banken anbieten sollten.
Robo-Advisor auf dem Vormarsch
Nun versuchen Sie einmal, bei Ihrer ein solches Produkt zu kaufen. Wenn Sie ein normaler Anleger sind, der eine mittlere Risikobereitschaft angegeben hat, dann könnten Sie auf ein unerwartetes Problem stoßen. Ihre wird Sie vor sich selbst schützen und Sie darauf hinweisen, dass dieser Robo-Berater zu riskant für Sie ist. Richtig gelesen: Das risikoarme Produkt wird als zu riskant klassifiziert. Wieso doch gleich? Weil Sie auf diesem Weg in internationale Aktien anlegen würden, und die sind per Definition zu riskant, punktum. Nehmen Sie doch stattdessen lieber unseren hervorragenden hauseigenen Fonds mit niedrigerer Risikoklasse!
Banken sträuben sich gegen Wandel
Natürlich sträuben sich jedem Experten bei dem Gedanken die Haare, dass ein Fonds mit einer kleinen Anzahl von Aktien weniger Risiko enthalten soll als ein Weltportfolio. Noch mehr sträuben sich ihm die Haare, wenn die Verwaltungsgebühren ein Vielfaches betragen. Jedem Finance-Studenten des zweiten Semesters ist klar, dass der Robo-Berater nicht nur billiger, sondern zugleich risikoärmer ist und damit ganz klar das für die allermeisten Anleger bessere Produkt ist als der klassische Aktienfonds. Nur verdient die weniger daran und verschanzt sich deshalb nur zu gern hinter regulatorischen Vorgaben. Das wird in der nächsten Zeit gewiss viele Kunden davon abhalten, die für sie sinnvollen Produkte zu kaufen. Aber wie lange wird das funktionieren? Die Robo-Berater werden trotzdem kommen, einfach weil sie sinnvoll sind. Und dann werden eines Tages die Dämme brechen und das „Beratungs“-Geschäft gewissermaßen über Nacht wegbrechen.
Frühzeitiges Umdenken
Ich halte das für keine kluge Abwehrstrategie der Branche. Viel eher empfehle ich, frühzeitig in dieses neue Geschäft zu investieren und Produkte zu entwickeln, die für die Kunden optimal sind, nicht für die Bank. Auch wenn es schmerzt: Die Banken werden ein Geschäft entwickeln müssen, das die eigenen Margen schrumpfen lässt. Ich denke zusammen mit dem Zukunftsinstitut über derartige Dinge regelmäßig nach. Aber lassen Sie sich von dem Begriff „Zukunft“ nicht in die Irre führen: Der Zeitpunkt für den Strategiewechsel ist nicht irgendwann in der Zukunft, sondern heute.
26. Mai 2016
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- Banken verschließen sich vor Robo-Beratern
- Klare Vorteile von Robo-Beratern sind Kostensenkung und Risikominimierung
- Klassisches „Beratungs“-Geschäft verliert zunehmend an Bedeutung
- Banken sollten Wandel als Chance sehen
Prof. Dr. Christian Rieck
Christian Rieck ist Professor für Finance an der Frankfurt University of Applied Sciences und durch zahlreiche Veröffentlichungen zu Spieltheorie und Finanzen bekannt. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften war er an der Neuausrichtung des Centers for Financial Studies beteiligt und leitete danach bei IBM Global Services das internationale Competence-Center für Lösungen in der Finanzbranche. Er forscht zur digitalen Transformation von Wertschöpfungsketten und untersucht, wie sich soziale Medien und künstliche Intelligenz auf die Zukunft der Finanzbranche auswirken. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf das strategische Zusammen-Spiel zwischen Menschen und künstlicher Intelligenz.